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Wenn Luna und Sol sich manchmal im Wege sind

Wenn Luna und Sol sich manchmal im Wege sind

Trotz Wolken konnte man dank des Engagements der Mitglieder des Freundeskreises der Sternwarte am Dienstag die partielle Sonnenfinsternis gut beobachten. Foto: B.Vogt

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Rund 150 Besucher waren zur Sternwarte gekommen und konnten das Ereignis auf vielfältige Art und Weise beobachten.Foto: B. Vogt

Zahlreiche Schaulustige hatten sich am Dienstag bei der Sternwarte in Bautzen eingefunden. Zu beobachten gab es eine partielle Sonnenfinsternis. Dank den Ehrenamtlichen konnte man das Ereignis trotz Wolken beobachten. Ein anderes Problem ist aber noch nicht behoben.

Bautzen. „Ich bin begeistert, dass so viele gekommen sind“ zeigt sich Helmar Brauer von der Schulsternwarte „Johannes Franz“ erfreut. Und tatsächlich sind wohl reichlich 100 Besucher gekommen, um sich die teilweise Sonnenfinsternis an einem professionellen Ort zu betrachten. Viele Kinder springen herum, die gemeinsam mit ihren Eltern, Großeltern und anderen Begleitern heute nicht nur das astronomische Ereignis, sondern auch die Schulsternwarte sehen und verstehen wollen.

Damit ist an diesem Tag schonmal ein wichtiges Ziel der Ehrenamtlichen vom Förderverein der Schulsternwarte ’Johannes Franz’ in Bautzen e.V. erfüllt. Dieses wird von dessen Vorsitzenden Andreas Thronicker wie folgt formuliert: „Wir wollen astronomische Bildung in alle Schichten bringen“. Aus diesem Anlass haben die Vereinsmitglieder auch an diesem Dienstag ihr Pforten geöffnet. Und nicht nur das. So gibt es die Möglichkeit, das Himmelsschauspiel durch zwei Teleskope genau zu betrachten. Parallel wird mithilfe eines dritten das Ereignis fotografiert und in das Sternwartengebäude übertragen, so dass man auch dort live dabei zusehen konnte, wie sich der Mond ein Stück zwischen Erde und Sonne schob. 

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Zu circa 35 Prozent verdeckte am Dienstag bei der partiellen Sonnenfinsternis der Mond die Sonne. Foto: John Böhm

Diese Übertragung ging auch live auf die Videoplattform Youtube, damit auch diejenigen zuschauen konnten, die nicht tagsüber zur Sternwarte kommen konnten. Aber auch für den Fall, dass Wolken die Sicht versperren, war man vorbereitet. So gab es im Vorführraum eine Simulation zu beobachten, die das, was am Himmel geschah, genau so noch mal nachsimulierte. 

Was sich im Nachgang als weise herausstellen sollte, war der Himmel während der hauptsächlichen Verfinsterung doch tatsächlich wolkenverhangen und öffnete sich nur ab und zu, um einen Blick freizugeben. Das Schauspiel selber begann um 11.11 Uhr, hatte seinen Höhepunkt um 12.16 Uhr und war um 13.21 Uhr beendet, man hatte also als Besucher genug Zeit, alle Beobachtungsangebote wahrzunehmen und die anwesenden Vereinsmitglieder mit Fragen zu löchern, was diese bereitwillig zuließen. 

Also trotz der Wolken am Himmel alles eitel Sonnenschein? Nicht ganz. Denn die ganze Anlage samt ihren engagierten Mitarbeitern geht derzeit einer ungewissen Zukunft entgegen. Dabei kann sich die Sternwarte wirklich nicht über zu wenig Besuch beklagen: „Wir haben hier durchschnittlich jeden dritten Tag eine Veranstaltung und sind alles Ehrenamtliche“ gibt Andreas Thronicker zu bedenken. Rund 3000 Interessierte besuchen die Einrichtung pro Jahr. Allein bis zum 30. November sind 105 Veranstaltungen durchgeführt oder geplant. Dass das überhaupt möglich ist, ist den Vereinsmitgliedern des Freundeskreises zu verdanken, die dafür sichtlich viel Freizeit opfern. Aber das alles scheint im Moment bald nicht mehr zu reichen. Warum? Dafür muss man etwas länger zurückblicken. Seit ihrer Gründung im Jahre 1872 bis zum Jahre 2007 galt die Schulsternwarte als Bildungseinrichtung und erfreute sich auch der damit einhergehenden Unterstützung vonseiten staatlicher Stellen. Dann wurde das Schulfach Astronomie aus dem Lehrplan gestrichen und somit verlor auch die damit verbundene Einrichtung am Rand von Bautzen ihren Status. In Folge dessen wurde das Ensemble 2020 an die BBB übertragen, die es wohl auch nicht so richtig haben wollte, denn Gewinne lassen sich mit einer Sternwarte nicht erzielen. Im selben Jahr erhielt der Verein auch einen Publikumspreis, der für ein Steinkreisensemble genutzt werden soll, eine Art „Bautzener Stonehenge“. Aber bis jetzt wird daraus erstmal nichts.

Denn der Verein muss aktuell jeden Monat 2.000 Euro an die BBB überweisen, damit die Anlage überhaupt weiterbetrieben werden kann. Und jeder kann sich vorstellen, dass ein Verein, der aus 30 Mitgliedern besteht, dieses Geld nicht rumliegen hat. Deshalb war und ist man auf großzügige Unterstützung durch Spender und Sponsoren angewiesen. Da sich unter anderem eine bekannte Bautzener Baufirma für drei Jahre verpflichtet hat, regelmäßig Geld beizusteuern, gibt es die Sternwarte aktuell überhaupt noch. Doch die drei Jahre sind im nächsten Sommer vorbei und wie es dann weitergeht, weiß noch keiner. Die Astronomiebegeisterten hoffen, dass langfristig die Anlage wieder als Bildungseinrichtung anerkannt wird und somit eine verlässliche finanzielle Grundlage erhält. Man verstehe nicht, warum andere Einrichtungen mit verhältnismäßig geringer Breitenwirkung deutlich besser ausgestattet werden als die gutfrequentierte Sternwarte. Dabei gäbe es auch viele Ideen, die noch im Schubkasten liegen, sei es der schon erwähnte Steinkreis oder auch eine ansprechendere Gestaltung des in die Jahre gekommenen Hauptgebäudes.

„Astronomie ist vielleicht nicht lebenswichtig, aber deswegen nicht unwichtig“ gibt Thronicker zu bedenken. Gerade in Zeiten, in denen ein Privatmensch wie Elon Musk 20.000 Satelliten ins All schießen will und der ganze Alltag nur funktioniert, weil der Weltraum unter anderem zur Datenübertragung genutzt wird, hält er eine astronomische Grundbildung für sehr erstrebenswert. Auch um der „bösen Schwester“ der Astronomie, der Astrologie, entgegenwirken zu können. Ein Abdriften in diesen Aberglauben könne man am besten mit Bildung verhindern. 

Zur partiellen Sonnenfinsternis hat der Verein der Sternwarte auf jeden Fall bewiesen, mit wie viel Engagement dieser Bildungsanspruch konkretisiert wird. Vielleicht begreift man den Sinn so einer bedeutsamen Einrichtung auch in den entscheidenden Stellen.

Benjamin Vogt / 29.10.2022

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