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Wider der „Zeitfressschnecke“ – Wadenstrapazen auf dem Balkan

Wider der „Zeitfressschnecke“ – Wadenstrapazen auf dem Balkan

Einsamkeit, die atemberaubend ist. In den wilden Bergen Montenegros wird Freiheit nicht nur gespürt, sondern verschlingt jeden Gedanken ans Aufgeben. Foto: privat

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Martin Berndt aus Niedercunnersdorf gehört zu denen, die kämpfen und gewinnen. Gerade erst nahm er erfolgreich beim brutalen Trans Balkan Race, einem der härtesten Mountainbike-Radrennen Europas teil. Nur die Zähsten schaffen es bis ins Ziel. Foto: privat

Region. Genussvolles Fahrradfahren oder gemütliches Bikepacking? Ganz sicher nicht für Martin Berndt aus Niedercunnersdorf. Bei ihm müssen Höhenmeter in schwindelerregendem Ausmaß zusammenkommen, das Terrain möglichst unwegsam sein, und der Gedanke an Erholung wird konsequent ignoriert. Denn es geht ihm darum, die eigene Komfortzone weit im Rückspiegel hinter sich zu lassen und mit jeder Tour die Grenzen neu auszuloten. 

Martins Leidenschaft sind Ultralangstrecken-Radrennen. Sie sind wie ein Rückgriff auf die goldenen Zeiten des Radsports.„Das muss man sich wie die Tour de France um 1920 vorstellen. Damals gab es keine Verpflegungsstände und für das Nachtlager war jeder selbst verantwortlich“, erklärt er seine Passion. Mit dem Langstrecken-Biken begann er während der Corona-Pandemie. Mittlerweile absolviert er rund 15.000 Kilometer pro Jahr und erklimmt etwa 180.000 Höhenmeter. Erst kürzlich kehrte er vom Trans Balkan Race (www.transbalkanrace.com) zurück – erfolgreich. Ein Rennen, das durch Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro führt. Mit 1.400 Kilometern Strecke, 27.000 Höhenmetern und 82 Prozent Offroad-Anteil zählt es zu den härtesten Mountainbike-Radrennen Europas. Von knapp 200 Startern erreichten nur 100 Sportler das Ziel mit der begehrten Finisher-Urkunde. Kein Wunder, es ist keine Ausfahrt, sondern ein Rennen mit gnadenlosen Regeln. Martins größter Widersacher ist die imaginäre „Zeitfressschnecke“, wie er das Zeitlimit nennt, innerhalb dessen bestimmte Checkpoints passiert werden müssen. Beim Trans Balkan Race waren es zwei an der Zahl. Schafft man sie nicht der Vorgaben entsprechend, droht unweigerlich das Cut-Off, das vorzeitige Ausscheiden aus dem Rennen.

Einsamkeit, Minenfelder und atemberaubende Landschaften

Auch wenn die Tour durch ganze 14 Nationalparks führte, war der Trans Balkan Race alles andere als Erholung, jeglicher Wunsch nach Komfort ist im freiwilligen Vermeidungsmodus festgefroren. Martin brauchte acht Tage für die Strecke, fünf Nächte verbrachte er im Biwak. Ohne Begleitfahrzeuge, ganz auf sich allein gestellt. In Ermangelung einer sogenannten Bärenklingel hat er manchmal nachts laut vor sich her gesungen. 

„Vorher haben wir im Rennhandbuch eine Liste mit Versorgungsstellen erhalten. Besondere Warnungen gab es zu alten Minenfeldern – da durften wir nicht vom Weg abweichen, nicht einmal zum Schlafen. Die größte Herausforderung war die Trinkwasserversorgung. Um Gewicht zu sparen, hatte ich nur begrenzte Vorräte dabei. Manchmal lagen 140 Kilometer zwischen zwei Quellen. Für Notfälle, wenn ich zum Beispiel auf Regenwasser zurückgreifen musste, hatte ich Wasseraufbereitungstabletten mit“, erinnert sich Martin Berndt an die Zeit auf dem Balkan. Martin hat bereits zahlreiche Länder abseits der Touristenpfade bereist – immer mit demselben Antrieb: das Gefühl absoluter Freiheit. Letztes Jahr durchquerte er das nordafrikanische Atlasgebirge, doch im Vergleich zum Balkan fällt seine Wahl klar aus: „Ich liebe diese Atmosphäre auf dem Balkan. Die Landschaften, die Einsamkeit in den Nationalparks, die unglaublich herzlichen Menschen, die dir trotz eigener Armut alles geben. Montenegro war der absolute Höhepunkt – ich bin die letzten drei Tage bewusst nur tagsüber gefahren und hinter jeder Kurve erwartete mich ein neues Naturwunder. Da vergisst du alle Strapazen. Dieses Land ist ein Muss für alle, die anspruchsvolle Touren lieben! Das Ankommen im Ziel unter dem vorgegebenen Limit war mein persönlicher Triumph!“, lautet sein zufriedenes Fazit.

Wer mehr über Martins Abenteuer erfahren will, kann seinen Podcast „Der Wirre und der Irre – Ein hike with bike Podcast“ (auf Spotify oder podcast.de) verfolgen oder seinem Instagram-Account @fiktiver_martl folgen. Spannung, Herausforderungen und eine große Portion Humor sind garantiert!

Bettina Hennig / 30.07.2025

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