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Bautzen wird zu einer essbaren Stadt

Bautzen wird zu einer essbaren Stadt

Thomas Noack macht die Teilnehmer der Pflanzaktion mit den Prinzipien der Permakultur bekannt.

Anstelle von eintönigen Grashalmen wachsen vor der Michaeliskirche jetzt Sträucher und Kräuter. Ein Beispiel, das Schule machen soll.

Bautzen. Das hat die altehrwürdige Michaeliskirche, eines der bedeutendsten Wahrzeichen von Bautzen, noch nicht erlebt. Etwa 15 fleißige Männer und Frauen waren am vergangenen Sonnabend mit Hacke, Spaten und Gießkanne auf der Wiese an ihrem Fuße zugange. Nachdem sie zunächst die Grasnarbe abgetragen hatten, zogen sie Furchen durch das Erdreich, schütteten Kies und Hackschnitzel auf und trugen schließlich Sträucher und Stauden herbei, um sie auf der urbar gemachten Fläche einzupflanzen. Binnen weniger Stunden verwandelte sich so die bis dahin eher schmucklose Grünfläche in ein Beet.

In wenigen Monaten, wenn die Johannes-, Aronia- und Stachelbeeren ausgereift sind, sollen sich die Bautzener und ihre Gäste daran laben. Auf einer weiteren, unmittelbar daneben liegenden Teilfläche stehen dann Kräuter wie Rosmarin, Lavendel, Thymian und Salbei zum Selberpflücken bereit. Auf diese Weise wird Bautzen zu einer essbaren Stadt.

„Essbare Stadt“ – so lautet auch die Bezeichnung des Projektes, das die Bürgerinitiative „Die Stadtbegrüner“ mit Unterstützung der Beteiligungs- und Betriebsgesellschaft Bautzen (BBB) sowie der Stadtverwaltung auf den Weg gebracht hat. „Wir sind ein loser Zusammenschluss von etwa einem Dutzend Bürgern der Stadt Bautzen, die dem zunehmenden Verlust von Stadtgrün entgegenwirken wollen“, erklärt Mitbegründer Olaf Haase. Zahlreiche Bäume seien in Bautzen vor allem bei Straßenbaumaßnahmen verloren gegangen, Nachpflanzungen erfolgten unzureichend und in schlechter Qualität. Die Bepflanzungen seien oftmals eintönig und wenig insektenfreundlich. In einer ersten Aktion haben Mitstreiter der Initiative gemeinsam mit Anwohnern des Villenviertels Baumscheiben bepflanzt. Das sieht nicht nur schön aus, sondern hilft durch die Verbesserung der Bodenqualität auch den Bäumen und bietet Insekten eine Futterquelle.

Und jetzt also die Essbare Stadt. Die Fläche an der Michaeliskirche bildet nur einen ersten Schritt auf dem Weg zu diesem Ziel. „Beispielsweise könnte man einige städtische Schmuckbeete, anstelle von Stiefmütterchen und Primeln, auch mal mit Gemüsepflanzen bestücken“, meint Dr. Matthias Berger, der sich federführend um dieses Projekt kümmert. Und für Bepflanzungen geeignete Flächen wie an der Michaeliskirche gibt es sicher viele in Bautzen. Matthias Berger freut sich, dass die Stadtverwaltung und die städtische Betriebsgesellschaft das Anliegen unterstützen. „Die Förderung des Projektes ’Essbare Stadt’ erfolgt im Rahmen des Bürgerhaushaltes, 2000 Euro stehen dafür zur Verfügung“, bestätigt Pressesprecher André Wucht. Darüber hinaus stellt die BBB Material zur Verfügung.

Die Bepflanzung erfolgt nicht einfach aufs Geratewohl, sondern folgt bestimmten Prinzipien. Dafür konnte der in Nebelschütz tätige Permakultur-Experte Thomas Noack zur Mitwirkung gewonnen werden. „Das Wesen der Permakultur besteht darin, dass man versucht, natürliche Prozesse nachzuahmen und sich den natürlichen Gegebenheiten anpasst“, erklärt er. So eigne sich die östlich gelegene Fläche mit wenig Humus, dafür aber viel Bauschutt besonders gut für das Anpflanzen von Kräutern. Das Mulchen der Flächen mit Kies und Hackschnitzeln stellt einen typischen Bestandteil der Permakultur dar und dient dazu, die Feuchtigkeit möglichst lange zu halten. Steine auf dem Beet sind durchaus erwünscht, denn sie „heizen sich tagsüber auf und spenden Tau.“
Das Ziel der Permakultur bestehe nicht in einem maximalen Ertrag: „Wir wollen kräftige und pflegeleichte Pflanzen, die sich – so wie in der Natur – selbst ans Licht kämpfen“, betont Thomas Noack. Die gemeinsame Pflege der angelegten Kulturen hat nach seinen Worten auch positive soziologische Wirkungen – „sie stärkt das Gemeinschaftsgefühl und mindert die Kriminalität.“
 

Uwe Menschner / 02.05.2018

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