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Bert im Glück – Hans nicht!

Bert im Glück – Hans nicht!

Hans und Bert erlebten unterschiedliche Schicksale. Foto: V. Michel

Görlitz / Biosphärenreservat / Sudan. Auf der Storchenwiese im Tierpark Görlitz finden Störche ein Zuhause, die nach Unfällen nicht mehr fliegen können. Diese Störche kamen einst über die Wildtierauffangstation des Tierparks nach Görlitz. In der flugunfähigen Storchengruppe fanden sich Paare zusammen, die jedes Jahr im Tierpark brüten und ihre Jungen aufziehen. Die Jungstörche werden im Sommer, sobald sie ihre Flügel ausgiebig trainiert haben, im Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft ausgewildert. Dort finden die jungen Störche gute Startbedingungen in ein neues Leben vor. Zudem behalten sie die Mitarbeiter vom Biosphärenreservat so lange im Auge, bis sie weiterziehen und verteilen den ein oder anderen Fisch als Starthilfe.

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Nach dem Eintreffen im Sudan begab sich Bert im Winterquartier (grüne Linie) auf Erkundung des Jebel-Marra-Gebirges. Grafik: Zoo

Da der Görlitzer Tierpark gerne wissen wollte, wie die hier aufgewachsenen Störche nach der Auswilderung zurechtkommen, wurden zwei der Störche, „Hans“ und „Bert“, mit einem GPS-Sender ausgestattet. Diese Sender tragen die Störche wie einen kleinen Rucksack. Über ein Mini-Solarmodul wird der Sender mit Strom versorgt und eine Sim-Karte im Gerät ermöglicht die Übertragung der Aufenthaltsorte via Koordinaten.

„So konnten wir verfolgen, dass sich die beiden Störche nach ihrer Auswilderung Ende Juli zunächst mehrere Tage in der nahen Umgebung des Biosphärenreservates aufhielten und nach und nach mutiger ihren Lebensraum erkundeten. Zwei Wochen später fingen sie an größere Strecken in Richtung Südosten zu fliegen“, sagt Artenschutzbeauftragte und Zootierärztin in Görlitz Dr. Viktoria Michel.

Während ’Bert’ zielstrebig seine Reise Richtung Süden antrat, verweilte Hans“ in Polen nahe der deutschen Grenze und erkundete dort die Region. Innerhalb weiterer vier Wochen flog „Bert“ über Schlesien, Kleinpolen, Galizien und Rumänien am Schwarzen Meer entlang, über Istanbul, nach Syrien, Libanon und Israel, durch Ägypten bis in den Sudan. Dabei legte er eine Strecke von 6.940 km zurück! Mit der Wahl der Zugstrecke am schwarzen Meer entlang und die Überquerung des Meeres am Bosporus gehört „Bert“ zu den „Ostziehern“. So genannte „Westzieher“ würden über Frankreich, Spanien und Marokko ins südwestliche Afrika fliegen.

„Hans“ hatte leider nicht so viel Glück. Bei seinem Aufenthalt in Polen wurde er vermutlich abgeschossen. Sein Senderrucksack wurde dort mit abgeschnittenen Bändern gefunden.

„2021 wurden von uns insgesamt 11 Störche ausgewildert. Vier davon wuchsen im Tierpark auf, die anderen hatten wir in der Wildtierauffangstation zur Pflege. Sechs weitere Störche, die dieses Jahr über die Wildtierauffangstation zu uns kamen, werden den Winter im Tierpark verbringen, da ihre Gefiederschäden und Wunden nicht rechtzeitig nachgewachsen bzw. verheilt waren, um Richtung Süden zu fliegen“, zeigt sich Viktoria Michel zufrieden. Sie freue sich, dass „Bert“ die beschwerliche Reise bisher so erfolgreich gemeistert habe. Langjährigen Studien zufolge gelinge es einem Großteil der Störche nicht, ihr Winterquartier lebend aufzusuchen bzw. wieder nach Deutschland zurückzukehren.

Auf ihrer Reise sind sie einer Vielzahl von Gefahren ausgesetzt. Sie müssen große Wüstengebiete überqueren, können durch ungünstige Winde in Gebiete gedrängt werden, in denen Wasser und Nahrung knapp sind. Stromleitungen und giftige Düngemittel können ihnen zum Verhängnis werden. In vielen Ländern wird zudem auf Störche geschossen – zum Teil aus Spaß oder um die Vögel zu verspeisen. Dennoch bestärke „Berts“ Erfolg den Tierpark mit der Artenschutzarbeit weiterzumachen. Dieser erhalten regelmäßig die Koordinaten zu „Berts“ aktuellem Aufenthaltsort. Er hat den Winter bisher im Sudan in der Nähe des Jebel-Marra-Gebirges verbracht. Nun darf man gespannt sein, wann er seine Rückreise antreten wird und ob und wie er die neuerliche Reise übersteht.

Till Scholtz-Knobloch / 22.02.2022

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