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Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen

Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen

Mithilfe der mobilen Einheit werden die Kennzeichen erfasst und mit einer Datenbank abgeglichen. Im Falle eines Treffers nimmt die Polizei die Verfolgung auf. Foto: um

Die Erfassung der Kennzeichen von Fahrzeugen im fließenden Verkehr war bereits vor ihrer Einführung eine politisch brisante Angelegenheit. So hatte die Grünen-Landtagsfraktion die entsprechenden Geräte 2012 als „nutzloses Spielzeug“ bezeichnet und erklärt, dass der „Nutzen in keinem Verhältnis zu dem Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung“ stehe.

Landkreis Bautzen/Landkreis Görlitz. Die sächsische Polizei bemüht sich nun, das Gegenteil zu beweisen, und lud daher gemeinsam mit der tschechischen Polizei zu einem Ortstermin bei Weißenberg ein.

„Auf der Bundesautobahn 4 wird in Höhe des Rastplatzes Am Eichelberg geblitzt.“ Wenn Thomas Knaup diese Meldung im Radio hört, muss er schmunzeln. Weiß der Pressesprecher der Polizeidirektion Görlitz doch, dass es sich mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit um eine Fehlinformation handelt und der vermeintliche Blitzer in Wirklichkeit ein Kennzeichenscanner ist.

Wie jede Polizeidirektion in Sachsen verfügt die Görlitzer Behörde über genau ein „automatisches Kennzeichenerkennungssystem.“  Zu Beginn des Jahres 2013 in Dienst gestellt, hat das Gerät zwischenzeitlich in fast 700 Einsätzen 380 Mal Alarm ausgelöst. Davon handelte es sich allerdings nur 40 Mal um ein gestohlenes Fahrzeug – deren mögliche Wiederauffindung bildete das Hauptargument in der politischen Diskussion „pro“ Anschaffung der Kennzeichenscanner.

„Darüber hinaus hilft uns die automatische Erkennung aber auch bei der Aufdeckung und Aufklärung zahlreicher anderer Straftaten“, wie Thomas Knaup betont. Beispielsweise kamen dadurch 200 Verstöße gegen das Pflichtversicherungsgesetz ans Tageslicht – die Halter hatten die entsprechenden Fahrzeuge ohne gültige Haftpflichtversicherung im Straßenverkehr bewegt. Kein Kavaliersdelikt, sondern eine handfeste Straftat. In 20 Fällen war nicht das Fahrzeug, sondern das Kennzeichen selbst als gestohlen gemeldet.

Wie steht es jetzt aber um die befürchtete Flächen deckenden Überwachung des Fahrzeugverkehrs bis hin zur Erstellung von Bewegungsprofilen? „Technisch wäre dies ohne weiteres möglich“, räumt Thomas Knaup ein. „Doch wir dürfen es nicht.“ Denn das sächsische Polizeigesetz mache ganz klare Vorgaben, wie weit die Möglichkeiten des Systems genutzt werden dürfen – und wo die Grenzen liegen. So gibt es keinerlei Speicherung von erfassten Kennzeichen. „Uns steht eine europaweite Datenbank mit circa acht Millionen Kennzeichen, zu denen ein polizeilicher Sachverhalt vorliegt, zur Verfügung“, erklärt Thomas Meier (Name geändert). Der Polizeihauptmeister ist einer von nur zwei in der Bedienung unterwiesenen Kollegen und soll daher besonders geschützt werden. Diese Datenbank wird stündlich aktualisiert und befindet sich sonst im Offline-Modus. „Stimmt nun eines der erfassten Kennzeichen mit einem der hinterlegten Datensätze überein, löst das System einen Alarm aus, und die entsprechenden Maßnahmen können eingeleitet werden.“ In der Regel bedeutet dies: Verfolgung aufnehmen, Fahrzeug stoppen, Papiere prüfen. „Kennzeichen, die nicht in der Datenbank erfasst sind, werden sofort und ungesehen gelöscht“, versichert Thomas Knaup. Von einem Eingriff in Grundrechte könne also keine Rede sein.

Die Polizisten aus der Tschechischen Republik, die sich das sächsische System zur Kennzeichenerfassung vorführen lassen, lächeln still in sich hinein. Verfügen sie doch über ein System, in dem alle tschechischen Kennzeichen hinterlegt sind und die erfassten Daten auf unbestimmte Zeit gespeichert werden können. 20 ganz normale Streifenwagen der Polizeidirektion Liberec sind damit ausgerüstet, fast jeder Polizist kann das System bedienen. „Ja, die tschechischen Kollegen haben da andere Möglichkeiten“, seufzt Thomas Knaup. Wohl wissend, dass es für die Beschränkungen allerdings auch durchaus gute Gründe gibt.

Uwe Menschner / 21.06.2016

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