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Ein Dorf am Stadtrand funkt SOS

Ein Dorf am Stadtrand funkt SOS

Durch dieses historische Bauensemble im Baruther Ortskern sollen nach dem Willen des Landratsamtes demnächst schwere Lkw donnern. Fotos: RK

Malschwitz. Ein Aufschrei geht durchs Dorf: Wenn es nach dem Willen des Bautzener Landratsamtes geht, soll der historische Ortskern von Baruth voraussichtlich ab dem kommenden Jahr als Baustellenzufahrt dienen und damit eine schmale Pflasterstraße, die vom noch erhalten gebliebenen Schlosstor bis zu dem Ort reicht, wo bis 1950 das frühere Gutshaus stand und nach dessen Abriss eine Bildungseinrichtung aus dem Boden gestampft wurde. Deren Bestandsgebäude soll den ursprünglichen Überlegungen zufolge bis zum Jahr 2024 erweitert und somit von einer Grund- zur zweizügigen Oberschule ertüchtigt werden. Außerdem ist der Bau einer Ein-Feld-Sporthalle vorgesehen. Eine frühere Kostenschätzung für das Gesamtvorhaben lag bei bis zu 17 Millionen Euro.
Das mit der Zufahrt geht gar nicht, meint indes nicht nur Ortsvorsteherin Sylvia Michel.
 

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So soll die neue Oberschule samt Sporthalle einmal aussehen.

„Schon vom Beginn der Planungsphase an kämpfen wir für eine Baustraße, die außerhalb des Ortes geführt werden soll“, schrieb sie dem Oberlausitzer Kurier, nachdem sie jüngst von dem angedachten Unterfangen erfuhr. Auch Bürgermeister Matthias Seidel sieht noch Klärungs- und Redebedarf: „Es hat keinerlei Absprachen oder Vereinbarungen gegeben“, versicherte er auf Anfrage. Die Gemeinde habe sich deshalb am 8. Oktober noch einmal schriftlich an das Landratsamt gewandt. Von dort hieß es zuvor, dass es bereits mehrere Abstimmungsgespräche mit der Kommune gegeben habe. „Aufgrund der gemeinsamen Entscheidung von Gemeinde und Landkreis, die Schule am bisherigen Standort zu sanieren und anzubauen, bedarf es Kompromissen während der Bauphase“, sagte eine Sprecherin der Kreisverwaltung in dem Zusammenhang. „Es wurden in einer Studie verschiedene Zufahrtsvarianten untersucht. Die Zufahrt über die Wiesen würde zwar einerseits die geringsten Beeinträchtigungen für den Ort bedeuten, jedoch infolge der Unwägbarkeiten – keine Nutzung bei Hochwasser, eventuell zeitliche Begrenzungen durch Beachtung von Brut- und Vegetationszeiten und so weiter – keine Sicherheit für eine kontinuierliche Bauabwicklung darstellen. Weiterhin wären nicht unerhebliche Kosten für die Herstellung, die Unterhaltung sowie den Rückbau wie auch Ausgleichszahlungen für die vorübergehende Nutzung der Grundstücke vorzusehen. Zusätzlich müsste die Zustimmung der Eigentümer der Flächen eingeholt werden, was ebenfalls als kritisch betrachtet wird.“

Die Entscheider in den Bautzener Amtsstuben gehen davon aus, dass sich der finanzielle Aufwand für eine alternative Baustellenzufahrt im mittleren sechsstelligen Bereich bewegt. Sie sagen auch: „Es ist nicht unüblich, dass unter beengten Verhältnissen gebaut wird.“ Als Beispiel führten sie das Sorbische Schulzentrum in der Kreisstadt an. In dem Fall habe die Baustellenzufahrt durch enge Gassen geführt. „Sollte es zu Schäden kommen, werden diese durch den Verursacher wieder instandgesetzt“, versicherte die Behördensprecherin gegenüber unserer Zeitung.

Vielleicht aber kommt am Ende doch alles anders als gedacht. Laut Bürgermeister Matthias Seidel wird es im November ein Gespräch im Landratsamt geben. Einen Termin dafür konnte er zunächst nicht nennen. Ihm sei jedoch mitgeteilt worden, dass der Standpunkt der Gemeinde Malschwitz bezüglich der beabsichtigten Baustellenzufahrt nicht an alle relevanten Ämter innerhalb der Kreisverwaltung durchgestellt worden war.

Für Kreis- und Gemeinderat Steffen Lehmann kommt indes für die Bauzeit nur eine Behelfszufahrt vor dem Ortseingang Baruth in Frage. „Die Zufahrt über den Marktplatz, wie sie das Landratsamt plant, ist für mich keine Lösung, da sich die Grundschüler den schmalen Schulweg mit den Baufahrzeugen über mehrere Jahre teilen müssen und der historische, gepflasterte Marktplatz mit dem weißen Tor sicherlich sehr beschädigt wird. Auch scheidet für mich die Lindenallee als saniertes Naturdenkmal aus. Hier sollten sich vor Baubeginn die Kreisverwaltung und die Gemeinde dringend zusammensetzen um einen gemeinsamen Lösungsvorschlag zu erarbeiten, der allen Beteiligten gerecht wird.“

Roland Kaiser / 25.10.2020

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