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Er bringt Hausbesitzer langsam zur Weißglut

Er bringt Hausbesitzer langsam zur Weißglut

So possierlich der Waschbär – hier vor mehreren Jahren aufgenommen im Tierpark Bischofswerda – auch aussieht – in der freien Natur kann er schwere Schäden verursachen. Foto: Archiv

Region. Spaziergängern, die öfter an Gewässern unterwegs sind, ist es vielleicht schon aufgefallen: Es gibt hier und da weniger Enten als in früheren Jahren. Und wenn man mal eine zu Gesicht bekommt, dann handelt es sich oft um einen Erpel, also ein männliches Tier. „Das liegt zu einem großen Teil am Waschbären“, meint Werner Winde. „Der schnappt sich die ’Weiber’ – so heißen die weiblichen Enten in der Jägersprache tatsächlich – während der Mauser am Nest.“ Der Bautzener Stadtjäger kennt sich wie kaum ein anderer mit den tierischen Bewohnern in seinem Revier aus und weiß daher um die starke Vermehrung des eigentlich in Nordamerika beheimateten Raubtiers mit der schwarzen Gesichtsmaske und den niedlichen Knopfaugen.

„Deutschlandweit vermutet man zwischen 1,6 und 2 Millionen Waschbären, von denen 2024 etwa 200.000 entnommen wurden“, erklärte sein Kollege Steffen Reitzig unlängst auf einer von dem CDU-Landtagsabgeordneten für Bautzen Marko Schiemann organisierten Informationsveranstaltung. „Entnommen“ bedeutet dabei im auch von den Behörden gebrauchten Sprachduktus nichts anderes als getötet. Bricht man das Verhältnis zwischen der Gesamtanzahl und den „entnommenen“ Tieren nur auf den Görlitzer Nachbarlandkreis Bautzen herunter, dann sollten hier etwa 30.000 Waschbären leben.
Der bereits sichtbare Druck auf die Entenpopulation etwa an der Bautzener Spree ist nur ein Effekt, der sich daraus ergibt. Ein anderer betrifft viele Besitzer von Häusern sehr viel unmittelbarer – nämlich der Schaden, den Waschbären an ihrem Eigentum anrichten. Dieser kann schnell in den fünfstelligen Bereich gehen, wenn sich die Kleinbären an Dämmung und Dachhaut zu schaffen machen, wovon auch einige Betroffene auf der erwähnten Veranstaltung berichteten. Doch die möglichen Folgen einer solchen Begegnung gehen noch weiter: Der Waschbär überträgt auch zahlreiche Krankheitserreger, die weniger für den Menschen, sehr wohl aber für Haustiere gefährlich sein können: neben den Überträgern von Tollwut und Staupe gehören dazu auch Trichinellen und Spulwürmer. 

Was also tun? „Der Waschbar ist jagdbar, hat allerdings eine Schonzeit während der Aufzucht seiner Jungen“, erklärt Werner Winde. Wer ihn „loswerden“ will, könne sich entsprechende Fallen ausleihen, und wenn darin ein Tier gefangen wurde, ihn – den Stadtjäger – oder einen seiner Kollegen rufen, um dieses zu „erlösen.“

„Das Erschießen eines Waschbären ist eine harte Angelegenheit“, macht der erfahrene Waidmann aber deutlich. „Wenn der Sie mit seinen Knopfaugen anschaut, das fällt nicht leicht.“ Und doch erfüllen Werner Winde und seine Jägerkollegen ihre Berufspflicht und raten dringendst davon ab, auf eigene Faust zu handeln: „Die Berechtigung zum Töten – auch mit Giftködern – hat nur, wer die erforderliche Sachkunde besitzt.“ Entsprechende Versuche können auch sehr böse enden. Werner Winde erinnert sich an einen Fall, wo der Waschbär ersäuft werden sollte. Das vermeintlich tote Tier biss seinen Peiniger in die Hand, „das war eine Wunde, wie ich sie noch nie gesehen hatte.“ 

Was allerdings jeder tun kann ist, Vorsorge zu treffen. So raten Werner Winde und Steffen Reitzig dazu, alles zu entfernen, was dem Waschbären als Kletterhilfe dienen könnte und Komposthaufen sowie Mülltonnen sicher abzudecken: „Planen genügen nicht, die räumt er weg.“ Auch Öffnungen an der Fassade sollten verschlossen und Fallobst, insbesondere Pflaumen, rasch beseitigt werden. Das alles verschafft Linderung, aber keine Abhilfe: „Der Waschbär ist gekommen, um zu bleiben. Den werden wir hier nicht mehr los“, so Steffen Reitzig. Zu klug und anpassungsfähig seien die Tiere. Ein Teilnehmer der Veranstaltung forderte die Jägerschaft auf, mehr Einfluss auf die Politik auszuüben, um den Jagddruck auf den Waschbären erhöhen zu können: „Falle, Kugel und Entsorgung müssen bezuschusst werden“, forderte er. Außerdem müsse es Abschussprämien geben. Schließlich stelle der Waschbär eine Bedrohung für das ökologische Gleichgewicht, insbesondere für Bodenbrüter, dar. Die Enten zeigen, wie sich das bereits ganz konkret auswirkt.

Uwe Menschner / 07.12.2025

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