Kein „Winterschlaf“ am Stausee Quitzdorf

Aurelia Kalz ist die Chefin im Segelzentrum Kollm. „Kumm wedder“ – komm wieder – steht auf dem Boot. Auch in der kalten Jahreszeit kommt bei den Seglern am Stausee Quizdorf keine Langeweile auf. Foto: fum

Lange Zeit war der Stausee Quitzdorf von Eis bedeckt. Das Wasser konnte man nur erahnen. Im Segelzentrum Kollm herrscht trotzdem kein „Winterschlaf“. Hier bereitet man sich bereits auf die neue Saison vor. Von Langeweile also keine Spur.

Kollm. Dr. Peter Popp schwärmt, als ob er neu wäre an dem Gewässer: „Bessere Bedingungen kann man als Segler gar nicht haben.“ Dabei ist der aus Sachsen-Anhalt stammende und viele Jahre an der Zittauer Hochschule tätige Chef der Wassersportschule schon seit 1999 am Stausee Quitzdorf aktiv. Bärwalder und Berzdorfer See seien in ihrer Entwicklung noch sehr jung, der Olbersdorfer See zwar schön, aber zu klein. „Hier in Quitzdorf haben wir eine gigantische Wasserfläche – ideal zum Lernen, aber auch für sportliche Segelwettbewerbe.“

Ein herrliches Bild, wenn sich im Sommer jede Menge Segel im Wind auf dem Stausee Quitzdorf blähen. Im Moment werden die Boote dafür gewartet und startklar gemacht. Foto: Wassersportschule

Popp stammt aus Köthen und hat das Segeln bereits in seiner Kindheit kennen gelernt. „Bei der Gesellschaft für Sport und Technik, der GST, gab es eine Abteilung Segelsport. Da habe ich eine seemännische und seetechnische Ausbildung bekommen, der Reiz dieser Freiluftsportart ließ mich nicht mehr los.“

Zum Studium verschlug es ihn nach Zittau, von dort ging es beruflich nach Greifswald, wo er sich 1979 seine erste Jolle kaufte und Stammgast auf dem gleichnamigen Bodden wurde. Fern der Ostsee setzte er ab 1983 als Hochschullehrer und Firmengründer erneut in Zittau berufliche Akzente.
War es dort eher schlecht mit Segelgewässern bestellt, ließ ihn diese Leidenschaft jedoch nie mehr los. 1994 gründete er den Yachtingclub Zittau, trainierte fortan Kinder und Jugendliche und widmete sich ab 2008 dem Regattasport. Dies war das Jahr, in dem er Aurelia Kalz kennenlernte, die jetzige Leiterin des Segelzentrums in Kollm, das zu seiner Wassersportschule gehört.

Von Winterruhe kann hier keine Rede sein. „Wir veranstalten auch in der kalten Jahreszeit Trainingslager – individuell und in kleinen Gruppen. Die haben dann erst einmal nichts mit Wasser zu tun. Aber man kann zum Beispiel etwas in Sachen Technik machen oder die seemännischen Knoten erlernen. Außerdem läuft jetzt die theoretische Ausbildung für die höheren Bootsführerscheine. Für solche Leute, die aufs ’große Wasser’ wollen“, erläutert Popp.

Überdies werde der Bootsbestand auf Vordermann gebracht – im Bedarfsfall in der eigenen Bootswerkstatt. Die befindet sich seit 25 Jahren auf der Neustadt in Zittau. „Auch wenn da kein Wasser weit und breit ist – ich habe dort optimale Bedingungen, kann Boote aufrüsten oder reparieren, ihnen neue Farbanstriche geben“, erklärt der Experte, der über einen riesigen Erfahrungsschatz verfügt und sämtliche Arbeiten selbst ausführt.

Die Faszination Segeln scheint ungebrochen. Schulklassen aus ganz Sachsen kommen an den Quitzdorfer See, um hier die Faszination Wassersport kennenzulernen. „Die segeln nach drei Tagen schon im Jugendboot, bekommen ein Zertifikat von uns und können sich später kostenlos hier auf dem Wasser tummeln“, sagt Aurelia Kalz. Auch Erwachsenenbootsführerscheine für den Binnen- und Küstenbereich seien sehr beliebt. Die Theorie lernen die Interessenten jeweils im Segelzentrum, die Praxis dann auf der Talsperre Quitzdorf oder auf hoher See.

Auf dem Boot sitzen und sich den Wind um die Nase pfeifen lassen ist für Aurelia Kalz und Peter Popp „ein Gefühl von Freiheit, wie Entschleunigung in der Hektik des Alltags.“ Dass am Berzdorfer See in diesem Jahr Millionen investiert werden sollen und am Bärwalder See die touristische Infrastruktur ebenfalls vervollkommnet wird, stört die Beiden nicht. „Wir haben hier Natur pur. Das wissen die Menschen, die zu uns kommen, sehr zu schätzen.“ In zunehmendem Maße sind auch Angler darunter, die im Segelzentrum ihre Boote liegen haben und sie je nach Lust und Zeit fertig machen zu einem Angeltörn. „Es reisen ganze Vereine an – aus der Leipziger Gegend, aus dem Altenburger Land, auch aus Polen.“ Der Quitzdorfer See sei bei diesem Klientel ein beliebtes Revier. „Hier haben schon Manche einen Riesenfisch aus dem Wassergezogen“, erzählt Popp stolz. Und er zeigt auf Beweisfotos an einer Wand.

Vom Wassersportzentrum organisierte Veranstaltungen wird es in diesem Jahr aller Voraussicht nach keine geben. „Wir müssen in den nächsten Monaten das Gebäude des Segelzentrums auf Vordermann bringen“, erläutert der Chef. Dach und Heizung werden gerade erneuert, zusätzliche Übernachtungsmöglichkeiten für Jugendgruppen geschaffen. „Deshalb planen wir erst für 2018 wieder einen Jollenmehrkampf. Drei Disziplinen müssen dabei absolviert werden: Segeln, Seil knoten nach Zeit und möglichst weit eine Wurfleine werfen.“

Trotzdem herrscht 2017 auch in den Sommermonaten keine Flaute im Segelzentrum. Jede Woche geben sich Jugendgruppen die Klinke in die Hand, Bootsführerscheinkurse laufen, Liegeplatzinhaber wollen betreut werden. Schließlich sind ab und zu auch Aurelia Kalz und Peter Popp auf dem See unterwegs – und genießen: „Es ist ein herrliches Bild, wenn der Wind jede Menge weiße Segel vor sich her treibt.“