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Keine Ruhe am Tagebaurand

Keine Ruhe am Tagebaurand

Von Kleinbautzen aus dürfen auf der schmalen Straße nach Pließkowitz keine schweren Lkw den nahegelegenen Steinbruch ansteuern. Gleiches fordert eine Bürgerinitiative für die Gegenrichtung. Foto: RK

Malschwitz. Im Fall des umstrittenen Steinbruchs Pließkowitz bahnt sich kurz vor Weihnachten neuer Ärger an. Nachdem das Sächsische Oberbergamt (OBA) eigenen Angaben zufolge per Bescheid dem Tagebaubetreiber mitteilte, dass die Genehmigung für den Nachtbetrieb mit Ablauf des 30. September 2018 erloschen ist und damit alle Nachtarbeiten unzulässig sind, klagen Menschen in der Gemeinde dennoch über Lärm, der zu nächtlicher Stunde aus der zwischen Kleinbautzen und Pließkowitz gelegenen Betriebsstätte in die Umgebung zu dringen scheint. Und das nicht nur einmal. Die Bürgerinitiative „Steinbruch Pließkowitz“ wollte daraufhin in Erfahrung bringen, wie das sein kann.

Doch bei der Aufsichtsbehörde in Freiberg gibt man sich ahnungslos. „Infolge Ihrer Beschwerde vom 10. Dezember 2018 ist das Oberbergamt dem Beschwerdegrund nachgegangen“, teilte OBA-Referent Markus Kamratzki in einem Antwortschreiben der Protestbewegung mit. „Sie berichten, dass nachts weiterhin im Steinbruch Pließkowitz gearbeitet wird. Ein solcher Sachverhalt konnte jedoch nicht bestätigt werden. Der Bergbauunternehmer versichert in seiner vom Oberbergamt angeforderten Stellungnahme, dass seit mehr als zwei Monaten während der Nachtzeit keine Produktion mehr im Steinbruch Pließkowitz stattgefunden habe. Auch die Gemeindeverwaltung ist dieser Beschwerde nachgegangen und konnte ihrerseits die darin dargestellten Sachverhalte nach Befragungen von einzelnen Bürgern nicht bestätigen.“

Die Bürgerinitiative hingegen erklärt sich inzwischen das Ganze folgendermaßen: „Wir haben darauf aufmerksam gemacht, dass die Bevölkerung auf Tätigkeiten im Steinbruch hinwies, die offensichtlich immer gegen 2.00 Uhr begannen“, heißt es wiederum in einer Nachricht an das Oberbergamt. „Das war auch in der Nacht vom 7. zum 8. Dezember 2018 der Fall. Der Bürgermeister hatte aber offensichtlich die Bürger befragt, ob sie vom 8. zum 9.12.2018 Lärm gehört hätten. Wenn das die Bürger verneint haben, scheint das korrekt, hat aber mit dem vorgetragenen Datum nichts zu tun. Des Weiteren behaupten Sie, dass das Nachtarbeitsverbot nicht für Reparatur- und Wartungsarbeiten und gegebenenfalls für einen erforderlichen Testbetrieb von Anlagenteilen gilt. Uns liegen jedoch Informationen des OBA vom Oktober vor, wonach momentan alle Nachtarbeiten unzulässig sind, allenfalls mit Ausnahme der Beleuchtung und Bewachung der Anlagen. Dies habe das Oberbergamt dem Unternehmer anlässlich nächtlicher Instandsetzungsarbeiten am 8. Oktober 2018 nochmals verdeutlicht, wie aus einer E-Mail der Behörde hervorgeht.“ Vor diesem Hintergrund appellierte die Bürgerinitiative an das Oberbergamt: „Den Bürgern würden Sie sehr entgegenkommen, wenn Sie sich auf eine Aussage einigen könnten. Für die Bürger gilt bis auf Widerruf Ihrerseits das generelle Nachtverbot und nicht die Aussage eines Referenten. Doch berichtigen Sie uns gern. Die Bürger werden auch weiterhin sehr wohl die Arbeit am Steinbruch im Auge behalten.“

Gerade vor dem Hintergrund der zahlreichen Verstöße, die im Laufe der vergangenen Monate von der Protestbewegung aufgedeckt werden konnten, halten deren Mitstreiter dies für dringend geboten.

Inzwischen macht ebenso die Fraktion der Linkspartei im Sächsischen Landtag Druck. Sie hat sich mit einer Kleinen Anfrage an die Staatsregierung gewandt. Darin geht es neben der Wirksamkeit des Nachtarbeitverbotes auch um die Zufahrtsstraße zum Steinbruch. Die Bürgerinitiative bezweifelt, dass es für die in den vergangenen Jahren arg in Mitleidenschaft gezogene Fahrbahn eine Sondererlaubnis für 40-Tonner gibt, also für die schweren Laster, die tagaus tagein den Tagebau Pließkowitz ansteuern. Der Landtagsabgeordnete Heiko Kosel will es genau wissen. Eine seiner Fragen dreht sich darum, ob für das Bergbauunternehmen eine Sondergenehmigung zur Nutzung der Ortsverbindungsstraße Pließkowitz – Kleinbautzen über die Tonnagebegrenzung von 7,5 Tonnen hinaus existiert und in welcher Behörde diese zur Einsichtnahme vorliegt beziehungsweise von welcher Behörde diese erlassen wurde.

Das Oberbergamt verwies in diesem Punkt auf die Kommune. Bürgermeister Matthias Seidel wiederum erklärte, um einen Einblick in das entsprechende Dokument zu erhalten, müsse das OBA kontaktiert werden. Das antwortete jüngst auf eine diesbezügliche Anfrage des Oberlausitzer Kuriers wie folgt: „Im Planfeststellungsbeschluss von 1998 wird lediglich die Sondernutzungserlaubnis gemäß Sächsischem Straßengesetz für die Anbindung des Steinbruches an den öffentlichen Straßenverkehr als eingeschlossene Entscheidung geregelt.“ Die Gemeindeverwaltung Malschwitz bestätigte, dass die verkehrsrechtliche Erlaubnis bereits im Zuge der Genehmigung des Steinbruchs Pließkowitz Ende der 90er Jahre erteilt worden sei. Den Beweis dafür blieben beide jedoch zunächst schuldig. Matthias Seidel: „Dass die Straße einen Sanierungsbedarf hat, steht außer Frage. Allerdings kann ich leider noch keinen Zeitraum für einen grundhaften Ausbau benennen.“

Die Bürgerinitiative will indes erfahren haben, dass der Petitionsausschuss des Landtages im Auftrag der Kommune prüfen soll, inwieweit eine hundertprozentige Förderung möglich wäre, um die Fahrbahn für den Lkw-Verkehr in Hinblick auf den klammen Haushalt ohne Eigenmittel zu ertüchtigen. Außerdem werde darüber nachgedacht, die öffentlich gewidmete Holperpiste zu einer Privatstraße umzufunktionieren. Das jedoch dürfe nicht auf Kosten der Steuerzahler passieren, mahnte die Protestbewegung an.

Vor 100 Jahren wurde die Ortsverbindung speziell für Pferdefuhrwerke errichtet. Sie verfügt über eine Breite von gerade einmal 3,80 Meter. Die Deckschicht besteht aus Pflastersteinen, die seit jeher das Straßenbild prägen. Laut den Beobachtungen der Bürgerinitiative kommt es bei Begegnungen zweier Lkw oftmals zur großzügigen Überfahrung des Fahrbahnrandes, „sodass sich auch dieser in einem desolaten Zustand befindet und obendrein die Piste ständig verschmutzt ist“.

Heiko Kosel zufolge soll in ungefähr sechs Wochen zu den von ihm angesprochenen Aspekten eine Antwort der Landesregierung vorliegen. Dass diese Licht ins Dunkel bringt, wird von Seiten der Bürgerinitiative allerdings bezweifelt. Nach ihrer Ansicht bekamen die Menschen schon zu oft zu verstehen, dass sich das Ringen um eine bessere Lebensqualität hinter den Interessen des Tagebaubetreibers und des Freistaates einzuordnen hat. Mittlerweile geht daher niemand mehr in den Reihen der Protestbewegung ernsthaft davon aus, dass sich daran jemals etwas ändern wird.

Auch nicht unter einer möglichen Regierung mit AfD-Beteiligung. „Das ist die einzige Partei, die vor Ort war und sich sofort für die Vorgehensweise des Bergbauunternehmens entschieden hat und gegen die Belange der Bürger“, teilte die Bürgerinitiative mit. „Das ist nicht hilfreich für die Menschen hier, aber es war zumindest ehrlich.“ In der Gemeinde Malschwitz kann scheinbar nur noch ein (Weihnachts-)Wunder helfen.

Roland Kaiser / 21.12.2018

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