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Neue Grundsteuer oder Angst vor ‚diebischer Elster‘

Neue Grundsteuer oder Angst vor ‚diebischer Elster‘

Der Einheitswert historischer Bausubstanz geht im Osten auf Daten von 1935 zurück. Hier ein Blick in die Steinstraße in Görlitz. Foto: Matthias Wehnert

Region. Wer ein Grundstück sein Eigen nennt, muss jährlich die Grundsteuer entrichten. Deren Höhe bemisst sich nach dem vom Finanzamt mitgeteilten Wert des Grundstücks. Bislang wurde dafür ein Einheitswert zugrunde gelegt. Immense regionale Unterschiede führten dazu, dass das Bundesverfassungsgericht 2018 die bisherige Erhebungspraxis kippte. Denn Grundlage für die Berechnung sind bislang im Westen Deutschlands Vergleichswerte von 1964, in der ehemaligen DDR sogar solche von 1935.

Unserer Leserin Steffi Lange schrieb der Redaktion: „Ich habe gehört, dass im Zuge der Reform Grundstückseigentümer unaufgefordert, also ohne ein Anschreiben zu erhalten, zur Mitarbeit und Beibringung von Daten über Ihr Grundstück verpflichtet sind“ und bat um Recherche, was nun auf Immobilieneigentümer zukommt.

Grundsätzlich muss vorausgeschickt werden, dass die neue Grundsteuer ab dem 1. Januar 2025 erhoben wird. Bis dahin müssen jedoch die Besteuerungsgrundlagen festgestellt und die notwendigen Besteuerungsverfahren eingeführt werden. Maßgeblich für die Wertermittlung sind die Verhältnisse zum 1. Januar 2022.

Abgabe bis zum Oktober

In diesem Jahr müssen daher bereits alle Grundstücks- und Immobilieneigentümer eine Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts beim Finanzamt abgeben. Als Abgabefrist für die Erklärung ist der 31. Oktober 2022 vorgesehen.

Der dreijährige Vorlauf stellt einen immensen Verwaltungsaufwand dar. Dies räumt auch das Sächsische Landesamt für Steuern und Finanzen auf Anfrage der Redaktion ein und teilt mit, dass in Bautzen und Löbau jeweils acht und in Görlitz sieben Mitarbeiter eigens für diese Aufgaben ab 1. Juli neu angestellt werden! Zum Ablauf des Verfahrens bekennt das Landesamt: „Zur Abgabe einer Feststellungserklärung fordert das Bundesministerium der Finanzen durch öffentliche Bekanntmachung auf, voraussichtlich Ende März 2022. Eine zusätzliche Einzelaufforderung durch das Finanzamt bedarf es daher nicht. Dennoch wird für jedes Grundstück in Sachsen im zweiten Quartal 2022 ein Informationsschreiben zur Grundsteuerreform versandt. Das Schreiben wird wichtige Hinweise zur Abgabe der Feststellungserklärung enthalten.“

Die Redaktion hakte hierzu nach, welche Zuständigkeiten sich bei Mehrfamilienhäusern ergeben, denn Immobilienverwaltungen sind letztlich für Wohneigentümer die einzigen Ansprechpartner zur Ermittlungen der eigenen notwendigen Angaben für ihre Immobilie, während das Wohneigentumsgesetz Immobilienverwaltungen nicht als verlängerten Arm einer amtlichen Maßnahme gegenüber dem Steuerpflichtigen sieht.

Machen Immobilienverwaltungen da mit?

Doch genau das scheinen die Ämter nun einzufordern. Das Landesamt schreibt uns: „Steuer- und damit auch erklärungspflichtig ist derjenige, dem der Steuergegenstand (z. B. das Grundstück, die Eigentumswohnung, der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft) zugerechnet wird. Dies ist in der Regel der zivilrechtliche Eigentümer. Grundstücks- und Hausverwaltungen sind befugt, bei den Feststellungserklärungen für die von ihnen verwalteten Objekte Hilfe in Steuersachen zu leisten.“ Man darf also gespannt sein, wenn Immobilienverwaltungen sich diesen Aufwand nicht aufdrücken lassen wollen.

Könnten zeitliche Horizonte also in Gefahr geraten? Das Landesamt teilt hierzu mit: „Um den Zeitplan einzuhalten, sind wir dabei zwingend auf die gesetzlich vorgegebene elektronische Abgabe der Feststellungserklärungen im vorgesehenen Zeitfenster angewiesen.“ Damit ist allerdings auch die Behauptung des Landesamtes im schönsten PR-Sprech falsch: „Über ’Mein Elster’ steht ab 1. Juli 2022 eine kostenfreie Möglichkeit zur elektronischen Abgabe der Feststellungserklärung zur Verfügung. Dafür wird ein Elster-Benutzerkonto benötigt. Wer schon ein solches Konto besitzt, beispielsweise für die Einkommen-steuererklärung, kann es auch für die Grundsteuer verwenden. Wer noch kein Elster-Benutzerkonto besitzt, kann dieses bereits jetzt unter www.elster.de anlegen.“ Nein, er kann nicht, er MUSS also, lässt sich dies in Klartext übersetzen.

Das immens aufwendige Verfahren nährt also Ängste von Immobilieneigentümern in einer Zeit, in der unter anderem auch noch die Zeche für die Coronaverschuldung präsentiert werden wird und es ernstzunehmende Planspiele in der Politik für Zwangshypotheken im Rahmen eines neuen Lastenausgleiches gibt. Gut, wenn der Staat zuvor dann bereits hohe Immobilienwerte ermittelt hat...

Till Scholtz-Knobloch / 22.02.2022

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