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Tagebaubetreiber muss nachbessern

Tagebaubetreiber muss nachbessern

ProStein-Geschäftsführer Jens Gerisch informierte zum Genehmigungsverfahren. Foto: RK

Bautzen/Malschwitz. Weiterer Etappenerfolg für die Bürgerinitiative „Steinbruch Pließkowitz“: Nach Abschluss des noch laufenden Rahmenbetriebsverfahrens für die zu erweiternde Abraumhalde zwischen den Ortsteilen Pließkowitz und Kleinbautzen soll diese zeitnah und schrittweise begrünt werden. Das sagte die 2. Beigeordnete des Landrates, Birgit Weber, jüngst während einer Informationsveranstaltung im Bautzener Landratsamt. Mit der Aufforstung weit vor dem Jahr 2042, in dem voraussichtlich der Steinbruch seinen Betrieb einstellen wird, will der Landkreis die Staub- und Lärmbelastung eindämmen. Darüber hinaus fällt die Halde im Vergleich zu den ursprünglichen Vorstellungen des Betreibers flächenmäßig weitaus kleiner aus. Hinzu kommt, dass das sagenumwobene Sonnenheiligtum „Teufelsstein“ seine Wirkungsweise, wie schon in den Jahrhunderten zuvor, behält. Es soll fortan zu einem touristischen Anlaufpunkt ausgebaut werden. Ferner ist vorgesehen, die Kreisstraße zwischen Kleinbautzen und Preititz in den kommenden zwei Jahren grundhaft für den Lkw-Verkehr auszubauen. Allein auf diesem Streckenabschnitt der K 7219 sind im Ergebnis einer aktuellen Verkehrszählung täglich bis zu 230 Laster unterwegs.

Seit Monaten bemüht sich eine Protestbewegung um eine bessere Lebensqualität im Umfeld des Tagebaus. Aufmerksam begleitet sie die Ergänzungen zum Rahmenbetriebsplan. Ausgangspunkt dabei ist der Planungsstand von 1998. Dieser gilt inzwischen als überaltert und muss sukzessive geändert werden. Daher sind Ergänzungen zum Rahmenbetriebsplan notwendig, erklärte der Geschäftsführer des Unternehmens ProStein Jens Gerisch. Im gleichen Atemzug beteuerte er, dass für eine Rekultivierung der Halde entsprechende Mittel als Sicherheitsleistung hinterlegt sind. Eine konkrete Summe nannte er nicht. Ziel sei es, das heutige Tagebauloch nach 2042 in einen See umzufunktionieren – umgeben von einem dann bis zu 30 Meter hohen, künstlich aufgeschütteten Erdwall.

Indes stieß bei einigen Anwohnern, die sich zu der Informationsrunde einfanden, die Genehmigungspolitik von Sachsens Oberbergamt (OBA) auf Kritik. Die Behörde hatte, wie ein Mitarbeiter selbst noch einmal einräumte, gestattet, eine Brecheranlage auch zu nachtschlafender Zeit zu betreiben. Die Genehmigung sei rechtmäßig und könne daher auch nicht zurückgezogen werden. Aus Sicht des OBA gibt es zwar Lärm, der Pegel befände sich jedoch unterhalb des zulässigen Richtwertes. Zu erwartende Gesundheitsschäden würden damit ausbleiben. Ungeachtet dessen warb der Behördenvertreter an Ort und Stelle abermals für ein gutes Miteinander. Zudem sollten die Dorfbewohner für die Belange des Tagebaubetreibers Verständnis aufbringen. Bürgermeister Matthias Seidel entgegnete bereits etwas genervt von der Argumentation des Oberbergamtes: „Solange im Fall der Brecheranlage und bei den Sprengungen keine Lösungen gefunden werden, wird sich die Bevölkerung weiterhin daran kratzen.“

Zuletzt hatte am 2. Mai 2018 eine Detonation die Menschen in der Gemeinde zum Hörer greifen und die Telefone in der Verwaltung nicht stillstehen lassen. Viele sind besorgt. Sie vermuten, dass der Tagebau eine Mitschuld daran trägt, dass zahlreiche Häuser rund um den Steinbruch Risse aufweisen. Der Sichtweise von Jens Gerisch können sie keinen Glauben schenken. Er teilte kurz nach dem Ereignis auf eine Anfrage der BI schriftlich mit: „Wir hatten heute eine Sprengung mit weniger als 30 Prozent der erlaubten Grenzen. Das haben wir so regelmäßig und anderswo. In Deutschland und der Welt kommt das täglich auch vor. [...] Die Schäden an Ihren Gebäuden, die wer auch immer kennt, kenne ich nicht und auch unsere Versicherung nicht.“ Vielmehr, so mutmaßt der Unternehmer, würden sowohl Temperaturschwankungen in den einzelnen Jahreszeiten sowie im Tagesverlauf als auch Frost-, Tau-, Wind- und Schneelasten die Gebäude in den hiesigen Breiten so stark belasten, dass übliche bautechnische Auslegungen genau darauf begründet sind. „Und wenn das richtig gemacht ist und auch so gebaut wurde, dann bietet unsere Arbeit für kein Haus irgendein Schadenspotenzial.“ Nachvollziehen können die betroffenen Hausbesitzer diese Argumentation nur bedingt, denn selbst die Dorfkirche in Kleinbautzen weist nach einer vor nicht allzu langer Zeit erfolgten Sanierung bereits wieder an verschiedenen Stellen Risse auf.

Dennoch: Der Tagebaubetreiber muss beim Rahmenbetriebsplan nachbessern, sofern er die Halde erweitern möchte. So lautet das Fazit der Informationsveranstaltung. Hingegen ist das Oberbergamt gut beraten, wenn es die Sorgen der Menschen vor Ort endlich ernst nimmt und dauerhafte Messreihen an den Punkten durchführen lässt, die wirklich Relevanz haben. Natürlich sollte das mit der nötigen Ernsthaftigkeit erfolgen. Eine Begebenheit kurz nach der Zusammenkunft im Landratsamt lässt jedoch daran zweifeln. Am Montagabend nach 22.00 Uhr rückte ein Messtrupp nach Malschwitz in die Kleinbautzener Straße aus, um dort, wie von Dorfbewohnern gefordert, den von der im Steinbruch aktiven Brecheranlage ausgehenden Lärmpegel zu begutachten. Beobachtungen von Anwohnern zufolge stand die Tagebautechnik zu diesem Zeitpunkt still, obwohl sie zuvor noch deutlich zu hören gewesen sein soll. Das bestärkt den Vorwurf der Betroffenen, wonach bereits in der Vergangenheit Messungen nicht korrekt vorgenommen wurden. Niemand kann jedoch ernsthaft wollen, dass die Situation weiter eskaliert. Mit der Lage vor Ort will sich demnächst der Petitionsausschuss des Landtages näher befassen.

Roland Kaiser / 14.05.2018

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Kommentare zum Artikel "Tagebaubetreiber muss nachbessern"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Civvie schrieb am

    Typisch Unternehmen: macht nur das Nötigste. Typisch Behörde: hat immer Recht. typisch Bürgerinitiative: übertreibt maßlos, um Wirkung zu erzielen. So geht es nicht vorwärts.

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