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Über das Leben des „Engels von Sibirien“

Über das Leben des „Engels von Sibirien“

Auch in Wurzen wird, ebenso wie in Schmeckwitz, Elsa Brandströms gedacht. Foto: Wikipedia/Tnemtsoni

Kamenz/Schmeckwitz. Die Schwedin Elsa Brändström hatte ein außerordentlich bewegtes Leben. Sie stammte aus einem begüterten bürgerlichen Elternhaus. Der Vater war Militärattaché Schwedens in Russland. Die Diplomatentochter absolvierte eine Ausbildung zur Schwesternhelferin und reiste gegen den schwachen Widerstand der Familie 1915 nach Sibirien in ein Lager für deutsche Kriegsgefangene. Die dort vorgefundenen hygienischen Zustände, das Ausmaß von schweren Erkrankungen sowie die hohe Sterblichkeitsquote veranlassten sie zu energischen, humanistischen Aktionen. Mit Unterstützung durch das Deutsche, Österreichische und Schwedische Rote Kreuz konnte sie bei den russischen Behörden Verbesserungen im Alltag der Kriegsgefangenen durchsetzen. Mehrfach erkrankte sie bei ihrer Arbeit selbst.

Nach Ende des Krieges, ihrer Rückkehr nach Schweden und dem Tod des Vaters 1921 hielt sie die Erlebnisse der fünf Jahre in dem Buch „Unter Kriegsgefangenen in Russland und Sibirien 1914-1920“ fest. Das 1922 veröffentlichte Buch wurde ein so großer finanzieller Erfolg, dass sie daraus in Bad Marienborn (unweit von Bautzen bzw. Kamenz) ein Sanatorium für ehemalige kriegsgefangene Deutsche errichten ließ.
Mit Vorträgen auf vielen Reisen durch Schweden und die USA sammelte sie Geld für weitere Hilfsprojekte, vor allem für Kinder. Die Universität Tübingen verlieh ihr 1927 die Ehrendok-torwürde. 1929 heiratete sie in Schmeckwitz Robert Ulich, Honorarprofessor für Philosophie an der Technischen Hochschule Dresden. Bald wurden die Nazis auf die weithin bekannte, von vielen Menschen hoch geachtete Frau, aufmerksam. Hitler bat sie um einen Besuch, Elsa Brändström sagte „Nein!“ Das Ehepaar Brändström-Ulich lehnte „Theorie“ und Praxis der rassistischen Politik der Nazis und den Terror gegen Andersdenkende ab. Mit ihrem Mann floh sie 1932 vor den Nazis in die USA und sorgte sich dort um Hilfe für deutsche und öster-reichische Flüchtlinge. Ulich erhielt eine Gastprofessur an der Harvard University. Viele Emi-granten fanden eine erste Arbeitsmöglichkeit, in einem von Elsa Brändström betriebenen Cafe in Cambridge/Massachusetts, in dem sie auch selbst als Kellnerin arbeitete. Am Ende des Zweiten Weltkriegs organisierte sie eine Hilfsaktion für notleidende Kinder in Deutschland. Daraus entstand später die CARE-Organisation. Elsa Brändström starb 1948 an Krebs.

Über diese bemerkenswerte Frau hat Dr. Dieter Rostowski eine interessante, detailreiche Broschüre veröffentlicht. Sie ist vor allem lesenswert, weil der Autor es gut versteht, den Lebenslauf von Elsa Brändström in die deutsch-sorbische Regionalgeschichte einzuordnen. Mit zahlreichen Abbildungen veranschaulicht er Brändströms Aktivitäten in Schmeckwitz, beschreibt anschaulich ihre Entwicklung in der Familie, zitiert aus ihren Büchern und informiert über aktuelle lokale Ehrungen für die schwedische Humanistin. Zwei kleine Anlagen zur Historie von Schmeckwitz sowie ein Auszug aus einem Brändström gewidmeten Buch ergänzen die informative und populäre Darstellung des Lebens einer Persönlichkeit, die wir gerade jetzt, wo wieder Krieg in Europa ist, öfter loben, achten und ehren sollten. Auch dafür ist diese Broschüre hilfreich und anregend. Dieses kleine Werk ist dem 100-jährigen Beginn ab 1922 der jahrelangen Tätigkeit von Elsa Brändström im damaligen Kurbetrieb für deutsche Kriegsgefangene in Schmeckwitz gewidmet.

Die Broschüre kann bei Dr. Rostowski für eine Schutzgebühr erworben werden. Bestellung an: Dr. Dieter Rostowski, Körnerstr. 2, 01917 Kamenz; Mail di-ros@web.de oder Tel.: 03578 312260.

Dr. Peter Kroh / 19.07.2022

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Kommentare zum Artikel "Über das Leben des „Engels von Sibirien“ "

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. metzenpeter schrieb am

    WENN DOCH NUR ALLE MENSCHEN SO HILFSBEREIT < WÄREN > !!!

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