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Wildschweinbraten trotz afrikanischer Schweinepest?

Wildschweinbraten trotz afrikanischer Schweinepest?

Wildschweine bei ihrer Lieblingsbeschäftigung: auf Nahrungssuche in den Feldern der Region. Wegen der auf dem Vormarsch befindlichen afrikanischen Schweinepest sind manche Gastronomen jedoch skeptisch, den Jägern erlegte Schwarzkittel abzunehmen. Foto: pr

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Ein vertrautes Duo: Jägerin Silke Schoepe und ihr Weimaraner Baron vom Hirschfels. Der Rüde war bei der Nachsuche erfolgreich und hat den erschossenen Keiler gefunden. Foto: privat

In Tschechien ist sie schon angekommen, in Sachsen offenbar noch nicht – die afrikanische Schweinepest. Während man in Schweinemastbetrieben fieberhaft die Hygienevorschriften verschärft, um den Virus nicht eindringen zu lassen, sind auch die Jäger verunsichert. Der Grund: Manche Gaststätten nehmen das geschossene Schwarzwild nicht mehr ab.

Zittau. Silke Schoepe ist eine begeisterte Jägerin. Regelmäßig begibt sie sich auf Pirsch. Immer mit dabei: ihr Weimaraner Baron vom Hirschfels, der für die Nachsuche des geschossenen Wildes zuständig ist. Im Olbersdorfer Revier verfügt die junge Frau über einen so genannten Begehschein, kennt sich in Wald und Flur aus wie in ihrer Westentasche. Besonders gern zieht sie mit ihrem Gewehr und dem vierbeinigen Helfer hinaus in die Natur, wenn der Mond kräftig auf die Erde scheint. Dann sind die Sichtverhältnisse am besten, Fehlschüsse lassen sich minimieren.

So war es auch in jener Nacht, als ein stattlicher Keiler im Mondlicht zum Vorschein kam und in ein Getreidefeld zog, um nach Futter zu suchen. Gerade noch rechtzeitig konnte ihn Silke Schoepe anvisieren – sie drückte ab, und der wehrhafte Geselle verschwand, schwer getroffen, in der Dunkelheit im Dickicht. Erst am darauffolgenden Morgen, nach der Suche mit Baron vom Hirschfels, zeigte sich, welch kapitaler Bursche ihr da vor die Flinte gelaufen war: „Er musste wohl um die 170 Kilo sein. Wir hatten extreme Schwierigkeiten, ihn zu bergen.“
Doch was sich auf den ersten Blick als enormes Jagdglück erwies, sollte sich im Nachgang noch als Problem entpuppen. Denn: Die Vermarktung gestaltete sich schwierig. Eine Möglichkeit war, das Tier zu einem befreundeten Fleischer zu bringen, Würste daraus machen zu lassen und diese dann zu veräußern. Silke Schoepe entschied sich dieses Mal jedoch für einen anderen Weg: Sie wollte den Schwarzkittel an eine Gaststätte verkaufen. Hier aber hatte sie die Rechnung offenbar ohne den Wirt gemacht, denn besagter Restaurantbesitzer lehnte die Übernahme des Keilers dankend ab. Wegen der in Mitteleuropa vordringenden afrikanischen Schweinepest seien die Zeiten schwierig. Man könne ja nicht wissen, ob das Tier den Virus in sich trage. Dieser Gefahr wolle er seine Gäste nicht aussetzen.

Detlef Eckert, dem Vorsitzenden des Kreisjagdverbandes, sind solche Aussagen inzwischen längst bekannt. „Ich habe in unserer Jägerschaft von mehreren Fällen gehört, in denen Schwarzwild von Gaststätten abgelehnt wurde.“ Der Chef der Jäger in der südlichen Oberlausitz führt dies in erster Linie auf Unwissenheit zurück. Und auf unzureichende Informationen in den Medien. „Die Bevölkerung ist ganz einfach verunsichert, da wollen die Gastwirte nichts falsch machen.“ Eckert stellt jedoch klar, dass Wildfleisch, also auch von den Schweinen, ökologisch sei und völlig unbedenklich verzehrt werden könne. Überdies sei die afrikanische Schweinepest noch nicht auf dem Gebiet des Landkreises Görlitz angekommen. „Und auch wenn – die Krankheit ist auf den Menschen nicht übertragbar.“ Zudem seien Jäger ausgebildet und geschult und könnten erkennen, wenn sich Tiere unnatürlich benehmen. „Trägt ein Tier tatsächlich den Virus in sich, verendet es nach kurzer Zeit“, stellt Eckert klar. Für die Vermarktung sei indes jeder Jäger selbst zuständig, müsse den Gastwirten das Krankheitsbild und die Ungefährlichkeit für den Menschen eindringlich erklären. Amtstierarzt Dr. Schönfelder teilt indes auf Anfrage mit, dass dem Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt des Landkreises Görlitz keine weiteren Fälle von gejagten Wildschweinen bekannt geworden sind, deren Ankauf von Gaststätten abgelehnt wurde.

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Nicht ganz stilecht in grüner Jägerkluft sondern in Blau, dafür aber umso glücklicher: Bei der Nachsuche am Folgetag der Jagd konnte der rund 170 Kilo schwere Keiler gefunden und abtransportiert werden. Foto: privat

Ganz so ungefährlich ist die Schweinepest – wenn auch nicht schädlich für den Menschen – indes nicht. Vor allem die Übertragungswege und damit das Einschleppen in die Haus- und Wildschweinbestände stellen die eigentliche Gefahr dar. Wie das Friedrich-Löffler-Institut mitteilt, wird die Seuche in Mitteleuropa durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren, die Aufnahme von Speiseabfällen oder Schweinefleischerzeugnissen bzw. -zubereitungen – natürlich auch von Schwarzkitteln – übertragen. Sie kann sich aber auch durch andere indirekte Übertragungswege wie kontaminierte Teile der Jagdausrüstung, landwirtschaftlich genutzte Geräte, Maschinen, Fahrzeuge und Kleidung ausbreiten. Wichtig bei allem also: ein Höchstmaß an Hygiene. Nach einer Infektion, so das Institut weiter, entwickeln die Tiere sehr schwere, aber unspezifische Allgemeinsymptome und verenden schnell.

Silke Schoepe lässt sich in ihrer Lust für die Natur dadurch allerdings nicht beirren. „Es gab Zeiten, da hatte ich drei Wochen lang kein Jagdglück. Enttäuscht war ich deshalb aber nicht. Allein die herrliche Landschaft sorgt doch für Entspannung.“ Bei der Vermarktung setzt sie künftig noch mehr auf Wissensvermittlung. „Wenn die Gastronomen Bescheid wissen und auch in der Bevölkerung keine Verunsicherung mehr herrscht, dann sollte es künftig keine Schwierigkeiten mehr geben.“ Zumal die Bejagung des Schwarzwildes äußerst wichtig sei. Im Winter hätten die Schweine ihr Rückzugsgebiet in den Wäldern, in der warmen Jahreszeit sei der Tisch auf den Feldern der Region reich gedeckt. So reich, dass die Tiere für reichlich Schaden sorgen und deshalb unbedingt dezimiert werden müssen.

Frank-Uwe Michel / 28.09.2017

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