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Bautzen hat ’nen Thälmann im Keller

Bautzen hat ’nen Thälmann im Keller

Nach der Wende hatten Vandalen der Thälmann-Skulptur ordentlich zugesetzt, sodass man sich zu ihrem Abbau entschloss.

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Generationen von Viertklässlern wurden hier zu Thälmann-Pionieren. Foto: Bundesarchiv/Schmidt/CC-BY-SA 3.0

Jahrzehntelang war die überlebensgroße Statue auf dem Theaterplatz Teil des Stadtbildes. Jetzt soll sie wieder ins Bewusstsein gerückt werden – freilich unter ganz anderen Vorzeichen.

Bautzen. Für die heute etwas älteren Bautzener gehörte es zum Stadtbild, so selbstverständlich wie die Alte Wasserkunst oder der Reichenturm: Das Denkmal für den Kommunisten und Arbeiterführer Ernst Thälmann, vor dem Generationen von Viertklässlern in die Reihen der Thälmann-Pioniere aufgenommen wurden. 

Die rechte Hand in etwa 2,50 Metern Höhe zur Faust geballt, die Linke in gut erreichbarer Höhe herab hängend – manchmal steckte ein Strauß Blumen in der durch die Finger gebildeten Höhlung. 
Am 11. September 1960 war die Skulptur aus Anlass des alljährlichen Gedenktages für die Opfer des Faschismus eingeweiht worden. Geschaffen hatte sie der Künstler Wieland Förster.

1991 dann verschwand Thälmann vom Theaterplatz und machte einem spitz zulaufenden Obelisken Platz. In der Zwischenzeit seit der Wende hatten ihm Vandalen ordentlich zugesetzt, ihm unter anderem eine goldene Faust und einen roten Streifen längs über den gesamten Bronzekörper verpasst. Vandalismus war auch die offizielle Begründung für sein Verschwinden, das einer Odyssee glich: 2007 befand sich die Skulptur in einer Halle an der Wallstraße, wie die „Sächsische Zeitung“ damals schrieb, später verlor sich ihre Spur. „Nachdem sie jahrelang in einer Garage auf der Hummel lagerte, war sie zeitweilig in einem Außendepot des Museums Bautzen untergebracht“, erklärt die Pressesprecherin der Stadtverwaltung Bautzen, Josephine Brinkel, auf eine entsprechende Anfrage. Dem Museum – oder genauer gesagt, dessen langjährigem Leiter Dr. Jürgen Vollbrecht – ist es auch zu verdanken, dass der Bautzener Thälmann überhaupt noch existiert: „Nach Aussage des Künstlers hätte sie (die Skulptur, Anm. d. Red.) nach der Wende eingeschmolzen werden können. Als Teil der Stadtgeschichte wurde die Plastik jedoch, auf Initiative des ehemaligen Museumsleiters Dr. Jürgen Vollbrecht, durch das Museum Bautzen bewahrt“, so die Stadt-Sprecherin. 

„Einschmelzen oder präsentieren?“, so lautet auch das Motto, unter dem die Thälmann-Plastik in absehbarer Zeit wieder öffentlich zugänglich werden soll. Mittlerweile befindet sie sich nämlich auf dem Gelände der Gedenkstätte Bautzen (der früheren Stasi-Haftanstalt Bautzen II) und soll Gegenstand eines Projektes sein, das den Umgang mit umstrittenen Denkmälern früherer Zeitepochen zum Inhalt hat. „Wir wollen sie in einer Art Schaudepot zeigen“, erklärt Leiterin Silke Klewin, „und dadurch zur Auseinandersetzung mit ihr anregen.“ Im Mai dieses Jahres wurde ein Leihvertrag zwischen dem Museum Bautzen und der Gedenkstätte Bautzen geschlossen, wie Josephine Brinkel mitteilt. In diesem Rahmen sollen auch die Bautzenerinnen und Bautzener befragt werden, welches Schicksal sie sich für „ihren“ Thälmann wünschen: Einschmelzen oder präsentieren? „Aus zahlreichen Gesprächen weiß ich, dass dies tatsächlich das Meinungsspektrum darstellt“, so Silke Klewin. Keineswegs jedoch soll das Schaudepot zum Pilgerort für Thälmann- oder DDR-Fans werden. Angaben zur zeitlichen Umsetzung des Projektes gibt es noch nicht.

Uwe Menschner / 25.10.2025

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