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Bodycams eingeführt: Auf diesen Videos wird nur recht selten gelächelt

Bodycams eingeführt: Auf diesen Videos wird nur recht selten gelächelt

Klein, aber wirkungsvoll: Der Kamenzer Revierleiter Michael Kummer präsentiert hier die Bodycam.

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Mit bedrohlich wirkender Geste bewegt sich der Verdächtige auf den Polizeibeamten zu. Mit einem Griff kann dieser seine Bodycam aktivieren.

Bei der Polizeidirektion Görlitz kommen ab sofort sogenannte Bodycams zum Einsatz. Der Kamenzer Polizeichef hat daran maßgeblichen Anteil.

Region. Ein Mann sitzt auf einer Parkbank und kaut auf einem Apfel herum. Drei Polizeibeamte nähern sich und sprechen ihn an: „Es liegt eine Anzeige wegen Ruhestörung vor. Die Beschreibung des Täters passt zu Ihnen. Bitte zeigen uns den Ausweis, damit wir ihre Identität feststellen können.“ Der Mann schaut nur kurz auf und beißt ein weiteres Stück von seinem Apfel ab. Plötzlich hebt er den Arm und wirft das Stück Obst in Richtung der Polizisten. Gleichzeitig beginnt er zu schreien: „Gar nichts zeige ich euch! Lasst mich in Ruhe.“ Zwei Beamte fixieren den Krawallmacher, ihre Kollegin sichert sie und beobachtet die Szene. Und nicht nur sie: auch die kleine, an ihrer Schutzweste fixierte Kamera zeichnet ab sofort jeden Schritt und jedes Wort der Beteiligten auf. Zuvor hat die Polizistin laut gerufen: „Achtung, ich filme jetzt!“ Das „Bitte lächeln“ hat sie sich verkniffen. 

In diesem Fall handelte es sich um eine durch Beamte auf dem Hof der Polizeidirektion Görlitz nachgestellte Szene. „Doch unsere Kollegen werden immer häufiger mit solchen Vorkommnissen konfrontiert“, erklärt der Präsident der Polizeidirektion, Manfred Weißbach. Die polizeiliche Kriminalstatistik weist von 2020 auf 2021 einen Anstieg der Fälle von Widerstand und tätlichen Angriffen gegen Vollstreckungsbeamte um knapp 12 Prozent – das entspricht absolut 177 Fällen – auf. „Die Kamera dient einerseits dazu, entsprechende Beweise zu sichern. Doch sie soll auch abschreckend auf mögliche Täter wirken sowie die Rechtmäßigkeit polizeilichen Handelns überprüfbar machen“, sagt Michael Kummer. Er ist Leiter des Polizeireviers Kamenz und gleichzeitig Projektleiter für die Einführung der „Bodycam“ im Bereich der Polizeidirektion Görlitz.

Im Normalfall ist die Kamera ausgeschaltet. Mit einem einfachen Griff kann sie ihr Träger aktivieren, „wenn sich eine heikle oder gefährliche Situation abzeichnet.“ Dann läuft das Gerät zunächst im „Pre-Recording-Modus“: Sie nimmt die Bilder zwar auf, speichert sie aber noch nicht dauerhaft. Dies beginnt erst mit einem Doppelklick. In diesem Fall bleiben auch die im Zeitraum von einer Minute zuvor aufgenommenen Bilder auf dem Speicher und können verwertet werden. Wichtig: Das Gegenüber muss zuvor laut und deutlich darauf hingewiesen werden, dass es gefilmt wird. „Die von uns eingesetzte Axon Body 2 ist sehr robust, sie kann Stürze aus bis zu fast zwei Metern Höhe überstehen. Auch Wasser und Staub beeinträchtigen ihre Funktion nicht“, versichert Michael Kummer. 

Erstmals setzte die sächsische Polizei Bodycams im Rahmen eines Pilotprojektes von 2017 bis 2019 in den Direktionen Dresden und Leipzig ein. „Die Resonanz vonseiten der Beamten war sehr positiv, sodass der flächendeckende Einsatz beschlossen wurde“, blickt der Kamenzer Revierleiter auf die Vorgeschichte zurück. Die Polizeidirektion Görlitz hat 163 Kameras erhalten, die außer an die Reviere auch bei der Inspektion Zentrale Dienste, bei der Verkehrs- und bei der Kriminalpolizeiinspektion zum Einsatz kommen. „Die Kameras sind nicht Personen gebunden, sie stehen als Pool zur Verfügung“, erläutert Michael Kummer. Das bedeutet, dass jeder Beamte – wenn er die entsprechende Schulung absolviert hat – mit Bodycam in den Einsatz geschickt werden kann. Bislang trifft dies auf etwa 75 Prozent zu. „Das Ziel besteht darin, dass jeder Streifenwagen über eine Bodycam verfügt“, so Michael Kummer. Auch die Hochschule der Sächsischen Polizei in Rothenburg und Bautzen wird damit ausgerüstet. 

Wer im Zuge eines Einsatzes gefilmt wurde, hat das Recht, sich die Aufnahmen anzusehen. Die Speicherdauer beträgt in der Regel 30 Tage, dann werden die Bilder gelöscht. „Wenn sie allerdings zur Beweissicherung und zur Aufklärung von Straftaten benötigt werden, stehen sie auch länger zur Verfügung“, versichert der Projektleiter. 

Uwe Menschner / 15.04.2022

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