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Bönischs Vermächtnis lebt in der Lessingstadt weiter

Bönischs Vermächtnis lebt in der Lessingstadt weiter

OB Roland Dantz (l.) und Hentschke-Prokurist Volker Böhme freuen sich auf die neue Ära in der Geschichte des Bönischstiftes.

Der damalige Stadtphysikus gründete 1826 ein Krankenhaus. Nach jahrzehntelangem Leerstand beginnt für das nach ihm benannte Stift nun eine neue Ära – ganz im Sinne des „Erfinders“.

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Das Innere des Bönischstiftes wirkt auf den Laien desolater, als es tatsächlich ist.

Kamenz. „Seyd Barmherzig“ steht in altertümlich anmutender Schrift auf dem Giebel eines repräsentativ wirkenden Gebäudes am Rande der Kamenzer Innenstadt. „Eine Botschaft, die uns auch heute noch etwas zu sagen hat“, wie der Kamenzer Oberbürgermeister Roland Dantz findet. Barmherzigkeit motivierte auch den damaligen Stadtphysikus Johann Gottfried Bönisch, im Jahre 1823 Spenden für ein städtisches Krankenhaus zu sammeln. Ein außergewöhnliches Vorhaben, das viel Aufsehen erregte – sogar der russische Zar soll sich der Überlieferung nach an der Finanzierung beteiligt haben. Nur drei Jahre später erfüllte sich Bönischs Vision, und die damals als „Lessingstift“ bezeichnete Heilanstalt ging in Betrieb.

Nur der historische Kern blieb übrig

Doch die Zeit bleibt nicht stehen, und was im frühen 19. Jahrhundert als revolutionär galt, war Ende des 20. Jahrhunderts hoffnungslos veraltet. „Und so entschlossen sich der damalige Landkreis Kamenz und die Malteser-Hilfsorganisation, an der Nebelschützer Straße ein neues Krankenhaus zu bauen“, blickt der Kamenzer OB auf die jüngere Vergangenheit zurück. Im Jahre 2000 erfolgte der Umzug, und seitdem steht das nunmehr als „Bönischstift“ bezeichnete frühere Krankenhaus leer. Die Stadt Kamenz übernahm es damals im Tausch gegen ein Schulgrundstück an der Neschwitzer Straße vom Landkreis und stellte sich der Aufgabe es wieder zu beleben. Die zahlreichen, für den Betrieb von Krankenhaus und (ab den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts) Poliklinik nachträglich errichteten Anbauten und Nebengebäude wurden abgerissen, sodass am Ende nur noch der historische „Kern“ aus der Zeit Bönischs übrig blieb.

Kühne Vision blieb unverwirklicht

In den Blickpunkt der Öffentlichkeit gelangte das Bönischstift 2005 durch die Kunstaktion „Metamorphose“, die dem aus Kamenz stammenden Künstler Baselitz gewidmet war. „Es gab damals die kühne Idee, in enger Anlehnung an Baselitz ein Museum für moderne Kunst zu schaffen“, erinnert sich Roland Dantz. „Wir hatten die Finanzierung für die Investition zusammen, es gab auch die erforderlichen Absprachen mit dem Landesamt für Denkmalpflege. Woran das Vorhaben scheiterte war die fehlende Bereitschaft der Staatlichen Kunstsammlungen und somit des Freistaates Sachsen, sich am Betrieb eines solchen Museums zu beteiligen.“ Für die Stadt Kamenz allein wäre das mehr als nur eine Nummer zu groß gewesen.

Aus dem Dornröschenschlaf erwacht

Und so versank das alte Krankenhaus erneut im Dornröschenschlaf, bis die Stadt Kamenz 2017 eine Ausschreibung initiierte. An dieser beteiligte sich auch die im benachbarten Bautzen ansässige Hentschke Bau GmbH, welche die Stadt mit ihrem Konzept einer betreuten Wohnanlage für Senioren überzeugte und per Stadtratsbeschluss vom September 2018 den Zuschlag erhielt. „Allerdings erwies es sich als gar nicht so einfach, einen Betreiber für die Wohnanlage zu finden“, wie Hentschke Bau-Prokurist Volker Böhme rückblickend erklärt. Schließlich einigte man sich mit der Westlausitzer Pflegeheim und Kurzzeitpflege gGmbH, einer Tochtergesellschaft der Oberlausitz-Kliniken, und reichte Ende 2020 den Bauantrag ein. „Wir gehen davon aus, dass wir spätestens Anfang Juli mit dem Bau beginnen können“, so Volker Böhme. Geplant sind die Sanierung des Stiftsgebäudes sowie die Errichtung eines Neubaus in unmittelbarer Nachbarschaft mit insgesamt 52 Wohnungen. Das Bönischstift bleibt in seiner Kubatur weitgehend erhalten, wobei die Seitenflügel nach hinten heraus verlängert werden. Die Investitionssumme beziffert Volker Böhme auf sechs Millionen Euro, die Übergabe an den Betreiber ist für Februar 2023 vereinbart. Der Gebäudezustand ist nicht so schlecht, wie man nach dem jahrzehntelangen Leerstand hätte befürchten können: „Die Stadt Kamenz hat das Dach saniert und erfolgreich den Hausschwamm bekämpft, sodass keine größeren Schäden entstanden sind“, lobt Volker Böhme. Und so kann das Vermächtnis Johann Gottfried Bönischs, wenn auch in anderer Form, weiter bestehen.

Uwe Menschner / 05.04.2021

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Kommentare zum Artikel "Bönischs Vermächtnis lebt in der Lessingstadt weiter "

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Heiligenhafen schrieb am

    Die Idee, das historischen Krankenhaus wieder zu beleben, begrüße ich sehr. Ich habe dort jahrelang gearbeitet, bin in das neue Krankenhaus mit umgezogen und fand es immer sehr traurig, dass ein neuer Verwendungszweck nicht gefunden wurde und dass das Areal zu verwildern drohte.
    Ich wünsche den künftigen Bauherren und Nutzern alles Gute und ein gutes Händchen.

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