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Brückenabriss erhitzt die Gemüter

Brückenabriss erhitzt die Gemüter

Als ob da nie was gewesen wäre: An dieser Stelle führte einst bei Niedergurig ein Brückensteg über die Kleine Spree.

Die LTV wollte mit der Maßnahme den überregionalen Radweg „retten.“ Die Bürger haben jedoch wenig Verständnis für dieses Vorgehen.

Niedergurig. Im Niederguriger Teichgebiet schlagen die Wellen hoch. Den Grund dafür bilden jedoch keine plötzlich auftretenden Wirbelstürme, sondern eine Fußgängerbrücke, die jahrzehntelang zwischen Ziegelteich und Mühlteich über die kleine Spree führte. Eines Tages war sie verschwunden – abgerissen im Auftrag der Landestalsperrenverwaltung, in deren Besitz sich das Bauwerk befand.
Für die Bürger des Malschwitzer Ortsteils Niedergurig und ihren Ortschaftsrat ein Unding. „Seit mehr als 100 Jahren gab es den Steg an dieser Stelle. Erst vor 14 Jahren ist er erneuert worden, und erst wenige Wochen vor dem Abriss wurde der Belag ausgebessert“, erklärte Ortsvorsteher Siegfried Spank auf einer Einwohnerversammlung. Besonders pikant: Die kleine Brücke ermöglichte es den Niedergurigern, auf kurzem und ungefährlichem Weg zu ihrem Wahrzeichen – der Rieseneiche – zu gelangen. Sie gilt als ältester Baum im gesamten Landkreis Bautzen und stellt seit jeher ein beliebtes Ausflugsziel dar. Jetzt müssen die Bürger dazu erst ein Stück an der viel befahrenen Bundesstraße 156 entlanggehen.
Im Zentrum des Unmuts steht die Landestalsperrenverwaltung (LTV). Deren Bautzener Betriebsleiter Sebastian Fritze verteidigt die Entscheidung, den Abriss des Steges in Auftrag gegeben zu haben: „Die Brücke musste weichen, damit der überregionale Radweg bestehen bleiben kann.“ Durch die Niederguriger Teiche verlaufen gleich zwei bedeutsame touristische Fahrradtrassen: der Spreeradweg und der Radweg „Sorbische Impressionen.“ Der Eigentümer der Teiche und der umliegenden Flächen wolle „den touristischen Verkehr konzentrieren“ – ein, so Fritze, „nachvollziehbares und berechtigtes Anliegen.“ Darum habe er den Abriss des im Besitz des Freistaates Sachsen befindlichen Brückensteges zur Bedingung gemacht, um den Radverkehr auf der freigegebenen Trasse auf der Basis des bestehenden Gestattungsvertrages weiterhin zu dulden.
Dem Malschwitzer Bürgermeister Matthias Seidel (CDU) ist das Dilemma bekannt – und das nicht erst seit den jüngsten Geschehnissen. „Das Problem besteht darin, dass wir die Wege nicht öffentlich gewidmet haben. Das kann man durchaus als Versäumnis unsererseits betrachten, und es fällt uns jetzt auf die Füße.“ Allerdings sei es jahrzehntelang aufgrund des guten Einvernehmens mit den Flächeneigentümern bzw. -pächtern nicht notwendig gewesen, diesen formaljuristischen Akt vorzunehmen. Für den Bürgermeister besteht die einzige Möglichkeit darin, zu verhandeln, um zu einer gütlichen Einigung zu kommen – so wie es ja hinsichtlich der Radwegführung über die so genannte Schlossinsel auch gelungen sei. Denn auch dort gab es eine monatelange Sperrung, welche die Radfahrer über mehrere hundert Meter auf die B 156 zwang.
Siegfried Spank, seine Ortschaftsratskollegen und die Mehrzahl der Niederguriger Bürger hingegen sehen keine Notwendigkeit, sich den Interessen des Eigentümers zu beugen. „Laut sächsischem Straßengesetz bleiben alle Wege, die zu einem bestimmten Zeitpunkt öffentlich waren, öffentlich, mit oder ohne Widmung“, erklärt der Ortsvorsteher. Der Eigentümer habe also gar keine Möglichkeit, den Radweg zu sperren oder „auf erpresserische Weise damit zu drohen.“ Die Vertreter der Ämter sehen dies anders. „Freilich können wir uns auf einen Rechtsstreit einlassen, doch wie der ausgeht, ist ungewiss“, betont Bürgermeister Matthias Seidel. „Wenn es eine Einigung gibt, dann kann es auch eine neue Brücke geben, nicht aber gegen den Willen des Eigentümers“, ergänzt Georg Richter, Leiter des Umweltamtes im Landkreis Bautzen. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass nach dem Hochwasser 2013 „der Totalschaden der Brücke angezeigt wurde“ und diese sich daher in einem schlechten Zustand befunden habe. Die „Verkehrssicherungspflicht“ ist auch ein weiteres Argument, das LTV-Betriebsleiter Sebastian Fritze für den Abriss anführt.
Kann eventuell die Politik helfen? Der Landtagsabgeordnete Marko Schiemann (CDU) jedenfalls ist stinksauer über das Vorgehen der LTV: „Bevor man so eine Maßnahme anordnet, muss man doch mit den Bürgern sprechen! Jetzt geht es nur noch darum, zu retten, was vielleicht noch zu retten ist.“ Gleichzeitig verwahrt sich Schiemann dagegen, für alles „vors Loch geschoben“ zu werden, was vor Ort veranlasst wird und eventuell „schief geht.“
Unlängst war die Niederguriger Brücke Thema im Malschwitzer Gemeinderat. Im Vorfeld hatte Bürgermeister Matthias Seidel auf Anfrage allerdings erklärt, dass es nichts grundlegend Neues gebe: „Es gab mehrere Gespräche, die Institutionen prüfen derzeit den Sachverhalt.“

Uwe Menschner / 28.01.2019

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