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Dem Auto mal richtig Gas geben

Dem Auto mal richtig Gas geben

Unter der Motorhaube wird es etwa bei einem Antrieb mit Flüssiggas etwas enger, aber René Hoffmann hat alles im Griff. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Autofahrer sind verunsichert. Erst galt der Diesel als ökologische Alternative zum Benziner – derzeit wird uns von allen Seite eine elektrische Zukunft des Automobils schmackhaft gemacht. Aus dem Blick ist dabei der Betrieb mit Flüssiggas (LPG) geraten.

Niesky. Es vergeht kaum eine Woche, in der in der Redaktion nicht Pressemitteilungen eingehen, in denen Behörden oder Firmen stolz Vollzug vermelden: Mit der zumindest teilweisen Umstellung auf Elektrobetrieb gehe man als gutes Beispiel voran und tue etwas für die Umweltbilanz.

Um es vorweg zu nehmen – möglicherweise ist das Elektroauto ein wertvoller Beitrag für die Einsparung von Ressourcen. Aktuell entstehen bei dessen Produktion jedoch so viele Schadstoffe, dass nur ein langjähriger Betrieb zur ökologischen Amortisierung führt.
2008 hatte die Situation noch ganz anders ausgesehen. „Damals haben wir drei Autos die Woche auf Flüssiggasantrieb umgebaut und im Juni Termine für November vergeben“, sagt René Hoffmann, der in Niesky entsprechende Umbauten von Pkw vornimmt und auf dem Gelände seiner zweiten Firma Nashornhaut an der Stannewischer Straße auch eine Gastankstelle betreibt.

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Der Flüssiggastank verbirgt sich hier unter der Bodenplatte des Kofferraums. Ein Sicherheitsrisiko ist das heute nicht mehr. Foto: Till Scholtz-Knobloch

„Wir wissen alle nicht so recht, welche politischen Spielchen da getrieben werden. Ich stelle jedoch fest, dass man den Gasantrieb als eine gute Alternative leider etwas aus dem Auge verloren hat. Dabei kann man sich derzeit nicht günstiger motorisiert fortbewegen“, stellt René Hoffmann fest. Etwa 65 Cent kostet derzeit der Liter Flüssiggas, der 2018 mit 9 Cent pro Liter besteuert ist, während ein Dieselfahrer 47 Cent und ein Benzinfahrer pro Liter 66 Cent berappen muss.

„Der Literverbrauch beim Gas liegt je nach Qualität maximal 10 Prozent höher als beim Benziner. Hingegen ist man mit der Besteuerung in derselben Stufe wie beim Benziner, da der Gasantrieb nach dem Umbau ja eine zusätzliche Option des Wagens ist und die Besteuerung auf die umweltunverträglichere Variante hin ausgerichtet ist“, stellt er fest.

Damit benötigt auch ein Gasantrieb eine gewisse Betriebsdauer, bis sich dies für den Kunden angesichts eines Umrüstungspreises von etwa 1.800 bis 2.000 Euro bei einem 4-Zylinder-Motor rechnet. Angesichts der immensen Ersparnisse beim Treibstoff seien aber nicht allein Vielfahrer nach einem Umbau auf der finanziell sicheren Seite – vom Dienst an der Umwelt ganz abgesehen.
Das Flüssiggas ist übrigens ein Nebenprodukt aus Raffinerien, so dass der Vorrat nicht wirklich von der weltpolitischen Lage abhängt. Wieso jedoch Flüssiggas bis heute nicht das gleiche Image transportieren könne wie der Elektroantrieb, lässt Spekulationen offen. Vielleicht spielt dabei zumindest im Osten hinein, dass die DDR in den 50er und 60er Jahren angesichts der Engpässe in Sachen fossiler Energien auch auf Gasantrieb setzte. Gleichwohl: „Hätte man das Auto so weiterentwickelt wie das Telefon, dann könnten wir heute fliegen“, meint René Hoffmann vor allem mit Blick auf technische Fortschritte beim Gasantrieb.
„Seit der Wende war ich durch mein Motorrad und unsere US-Cars betroffen, dass die schweren V-8-Motoren nicht besonders sparsam sind“. Er habe daher ab 2004 die ersten eigenen Autos umgebaut und sehr schnell aufgrund der steigenden Nachfrage Erfahrungen gesammelt. Hoffmann schmunzelt: „Benziner machen viel mehr Spaß, betreibt man sie mit Autogas!“

Hoffmann, der sich in Polen, Tschechien und Italien umschaute, wo die Entwicklung frühzeitiger einsetzte, lag also früh im Trend, denn 2006 wurde der Gasantrieb in Deutschland dann ein medial vieldiskutiertes Thema, 2008 konnte Hoffmann sogar Volkswagen beim seinerzeit geplanten Einstieg in den Markt mit Gasantrieb beraten. Die eigentliche Euphoriebremse kam jedoch 2009 mit der sogenannten „Abwrackprämie“. Die staatliche Subventionierung von Neu- und Jahreswagen machte vieles Zunichte. Statt 2.000 Euro in einen Umbau zu stecken, kassierten Käufer konventioneller Benziner oder Dieselautos 2.500 Euro, wenn sie ihren alten Wagen aus dem Verkehr zogen – unabhängig davon, dass mit geringerem finanziellem Aufwand die Umwelt hätte geschont werden können.
René Hoffmann erinnert zudem daran, dass der Umbau viel Sachverstand erfordere und manche osteuropäische Billiganbieter unbefriedigende Umbauten abgeliefert hätten. Auch bei vielen Vertragshändlern und -werkstätten hätten sich Monteure widerwillig an die Arbeit gemacht. Der höhere Aufwand sei in den Pauschalen für die Arbeit an einem Fahrzeug meist nicht enthalten gewesen, so dass die Arbeit an der Umrüstung oft faktisch schlechtere Stundenlöhne zur Folge hatte.

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Unter der Motorhaube wird es etwa bei einem Antrieb mit Flüssiggas etwas enger, aber René Hoffmann hat alles im Griff.

Dennoch haben Fahrer mit Flüssiggasantrieb heute keine wirklichen Nachteile mehr. Die Infrastruktur an Tankstellen ist so dicht, dass man keine Angst haben muss unterwegs liegen zu bleiben. Allenfalls sollte man vor einer längeren Reise unter www.gas-tankstellen.de schauen, welche Tankstellen man ansteuern kann. Und der Stauraum ist durch den zusätzlichen Gastank etwas geringer. Nach vielen Jahren der technischen Entwicklung sitzt heute auch niemand auf einem Pulverfass – eine erhöhte Gefahr geht von dem Gasantrieb nicht aus, bestätigen Experten.
Zu beachten ist jedoch, dass der Umbau nur mit Benzinern möglich ist. Diesel-Fahrern ist es aufgrund gesetzlicher Grundlagen nicht gestattet, ihr Auto umrüsten zu lassen. „Das Auto bleibt an und für sich ein Benziner, es wird aber im Wechsel von Benzin und Flüssiggas angetrieben.
Beides gleichzeitig ist nicht möglich“, so René Hoffmann. Zumindest gesetzlich nicht, denn dieses Verbot mache im Grunde keinen technischen Sinn.

Dass der Gasantrieb bis heute nicht so recht im Bewusstsein als Alternative angekommen ist, macht er auch an den Fachzeitschriften fest. „In Test treten dort immer Elektro-Benziner, Diesel und reine Benziner gegeneinander an – nie aber Flüssiggas“, stellt er ernüchtert fest. Da aber niemand so recht weiß, welches wirtschaftspolitische Spielchen hinter den Kulissen stattfindet, könnte der nächste Trend durchaus wieder der Antrieb mit LPG sein.

 

Till Scholtz-Knobloch / 20.09.2018

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