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Der ganz persönliche Strukturwandel bei Hauffe Bänder

Der ganz persönliche Strukturwandel bei Hauffe Bänder

Jens Schneidereit macht hier im Prinzip dasselbe wie vor der Umschulung – doch jetzt hat er den „Schein“, der ihm ganz neue Perspektiven eröffnet. Foto: Uwe Menschner

Jens Schneidereit hat durch berufliche Weiterbildung seine Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt erheblich verbessert. Ein Weg, den die Arbeitsagentur Bautzen als beispielhaft ansieht.

Pulsnitz. In einer Fabrikhalle am Rande von Pulsnitz: Dutzende Webmaschinen rattern in einem gleichförmigen, mäßig lauten Sound. Von großen Rollen kommt das Garn in den verschiedensten Farben, wird zur Kette zusammengefügt und bekommt durch den „Schuß“ seine bandförmige Struktur. Das alles läuft fast automatisch, nur ein Mann geht durch die Reihen und nimmt gelegentlich einige kurze, geübte Handgriffe vor.

Jens Schneidereit, so der Name des Mannes, hat erst unlängst erfolgreich eine Ausbildung zum Maschinen- und Anlagenführer mit der Spezialrichtung Textiltechnik absolviert. „Früher hätte man ganz einfach Weber gesagt“, meint er lächelnd. An sich ist das nichts besonderes, wäre Jens Schneidereit nicht bereits 29 Jahre alt – recht viel für einen frisch gebackenen Facharbeiter. „Unser Mitarbeiter hat bei uns auch keine klassische Lehre absolviert, sondern eine ’betriebliche Einzelumschulung’, erklärt Jens Schneidereits Chef Patrick Thomschke, der Geschäftsführer der in Pulsnitz und Oberlichtenau ansässigen Hauffe Bänder GmbH.

Es ist nicht seine erste berufliche Ausbildung. „Ich habe, wie fast jeder Jugendliche, mit 16 eine Lehre angefangen, nämlich zum Bäcker“, blickt Jens Schneidereit zurück. Er bestand auch ganz normal seine Abschlussprüfung und arbeitete mehrere Jahre in diesem Beruf. „Ich hab das gern gemacht, doch irgendwann ging mir die Liebe zum Bäckerberuf verloren“, berichtet Jens Schneidereit freimütig. Fortan arbeitete er in verschiedenen Berufen, zuletzt auf Montage. Der Wunsch nach einer eigenen Familie führte dazu, dass der Pulsnitzer das Leben „ständig auf Achse“ aufgeben und sesshaft werden wollte. Seinen neuen Job fand er bei Hauffe Bänder quasi vor der Haustür.

So hätte es weiter gehen können; doch ohne einschlägige Ausbildung stößt man bei der Suche nach beruflichen Perspektiven schnell an Grenzen. Patrick Thomschke und Jens Schneidereit fanden den Weg zur Agentur für Arbeit Bautzen, um sich über Möglichkeiten einer berufsbegleitenden Ausbildung zu informieren. „So kamen sie zu unserem neu gebildeten Team ’Berufsberatung im Erwerbsleben’“, berichtet Agentur-Geschäftsführerin Ilona Winge-Paul. Dieses Team hat die Aufgabe, Erwerbstätigen Wege zur beruflichen Weiterentwicklung aufzuzeigen, ohne dass diese dafür ihren Job aufgeben müssen. „Eine solche Situation wird in den kommenden Jahren auf viele Beschäftigte zukommen, insbesondere in der Energiewirtschaft und den damit verbundenen Branchen“, betont Ilona Winge-Paul. Ganze Unternehmen werden gezwungen sein, sich neu auszurichten und neue Geschäftsfelder zu erschließen – wofür sie natürlich entsprechend qualifizierte Mitarbeiter brauchen. „Die betriebliche Einzelumschulung ist nur eines von mehreren dafür in Frage kommenden Instrumenten, über die wir verfügen“, versichert die Geschäftsführerin. Die Arbeitsagenturen Bautzen und Cottbus haben zudem ein gemeinsames „Zukunftsteam Lausitz“ gebildet, das den Unternehmen helfen soll, den Strukturwandel zu meistern. „Digitalisierung und Automatisierung sind dabei die Schwerpunktthemen“, so Ilona Winge-Paul.

Doch um helfen zu können, müssen die Unternehmen auch bereit sein, sich helfen und beraten zu lassen. Patrick Thomschke war es und bereut dies nicht: „Dank der Unterstützung durch die Arbeitsagentur haben wir einen wertvollen Mitarbeiter qualifizieren und fester an unser Unternehmen binden können“, freut er sich. Auf die Frage, ob sich dies für Jens Schneidereit auch monetär auswirkt, antwortet er zurückhaltend bejahend. Den Hauptnutzen für seinen Mitarbeiter sieht der Geschäftsführer darin, dass er „seinen Marktwert steigern konnte und jetzt ganz andere Perspektiven hat.“ Schließlich suche die gesamte Textilbranche Hände ringend nach qualifiziertem Personal. „Doch natürlich will ich ihn in der Firma halten“, fügt er schnell hinzu.

Und auch wenn das Beispiel von Jens Schneidereit vielleicht nicht unmittelbar mit dem Braunkohle-Strukturwandel zu tun hat, nutzt es die Arbeitsagentur als Beispiel, wie die Zukunft auch für die Kumpel und ihre Zulieferer aussehen könnte: „Dank individuell angepasster Weiterbildung soll es auch nach der Kohle weiter gehen“, so Ilona Winge-Paul.

Uwe Menschner / 31.07.2022

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