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Der letzte Flug führt nach Rothenburg

Der letzte Flug führt nach Rothenburg

Geschäftsführer Andreas Sperl (li.) und Projektleiter Kay Uwe Hörl erläuterten am Dienstag unter anderem Bürgermeisterin Heike Böhm das geplante Vorhaben.

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Die Geschäftsführer Thomas Rublack (li.) und Andreas Sperl (mi.) unterzeichneten im Beisein von Landrat Bernd Lange, Ministerpräsident Michael Kretschmer und Bürgermeisterin Heike Böhm eine Absichtserklärung.

Die Elbe-Flugzeugwerke wollen ein Recyclingzentrum für ausgediente Flugzeuge errichten. Dass sie dafür ausgerechnet in Rothenburg „landen“, ist alles andere als ein Zufall.

Rothenburg. „Diesmal glaube ich daran!“ Die Rothenburger Bürgermeisterin Heike Böhm hat schon viele Ankündigungen, angeblich geplante Investitionen auf dem Flugplatz der Stadt betreffend, gehört. Und allzu oft blieb es bei den Lippenbekenntnissen. So zuletzt vor zwei Jahren, als eine chinesische Investorengruppe versprach, mit mehr als 1000 Beschäftigten Elektrofahrzeuge zu produzieren.

Schnee von gestern. Und das ist vielleicht auch besser so: Wären diese Pläne verwirklicht worden, dann gäbe es heute wohl keinen Flugplatz Rothenburg mehr. „So haben wir hier jedoch ein Stück gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur, die – einmal aufgegeben – wohl für immer verloren wäre“, wie der Görlitzer Landrat Bernd Lange einschätzt. Die jetzt vorgestellten Pläne sehen nicht das Ende des Flugplatzes vor. Im Gegenteil: „Sie ermöglichen es uns, die Landebahn zu erhalten und geben uns eine gute Rechtfertigung für ihre Existenz.“ Die Elbe Flugzeugwerke GmbH – um keinen geringeren handelt es sich bei dem neuesten Interessenten für eine Ansiedlung auf dem Landeplatz Rothenburg – setzt nämlich genau auf diese Möglichkeiten: Mit Flugzeugen landen und diese geschützt in einem Hangar abstellen zu können, um sie ihrer weiteren Verwertung zuzuführen.
„Wir wollen klein beginnen“, sagt der Geschäftsführer der Airbus-Tochter, Andreas Sperl. Und diese Bescheidenheit zieht sich durch die gesamte Präsentation des geplanten Vorhabens: Bloß nicht zu viel versprechen und schon gleich gar nichts, was man nicht halten kann.

Schließlich handelt es sich bei den Protagonisten des Rothenburger Flugplatzes um gebrannte Kinder – aus den eingangs beschriebenen Gründen.

Was genau haben die Elbe Flugzeugwerke nun aber in Rothenburg vor? Jenes Unternehmen, das sich mit zwei Tochterfirmen bereits intensiv im benachbarten Kodersdorf engagiert? „Wir wollen ein Zentrum für die Nachnutzung von Flugzeugkomponenten und die nachhaltige Rückgewinnung von Roh- und Wertstoffen etablieren“, erklärt Geschäftsführer Andreas Sperl.

In einem Flugzeug sind nämlich viele hochwertige Materialien verbaut: Angefangen von Leicht- und Edelmetallen über Verbundwerkstoffe und Kohlefasern bis hin zu Spezialkunststoffen, die bislang – wenn der Flieger seinen Dienst quittiert hat – in der Regel verbrannt werden. „Ein Irrsinn – sowohl aus ökonomischer als auch aus ökologischer Sicht“, wie Lothar Kroll betont. Der Professor an der TU Chemnitz beschäftigt sich mit dem Recycling von Kunststoff- und Kohlefaserwerkstoffen und sieht in Rothenburg bereits eine entsprechende Pilotanlage entstehen. „Der Markt giert danach, und wir sparen Ressourcen ebenso wie ausgestoßenes CO2“, so Kroll.

Diese Vision ist allerdings erst der zweite Schritt oder besser einer von vielen möglichen zweiten Schritten. Der erste Schritt besteht jetzt erst einmal darin, an einem bereits vorhandenen Flugzeug das Recycling der verschiedenen Materialien zu demonstrieren. Dies sieht die Machbarkeitsstudie vor, die der Zweckverband Flugplatz Görlitz/Rothenburg erstellen ließ und die die Grundlage für das jetzt anlaufende Vorhaben bildet. „Die Studie hat gezeigt, dass das Recycling von Flugzeugmaterialien ausreichend Potenzial hat und dass der Standort Rothenburg gut dafür geeignet ist“, sagt Geschäftsführer Thomas Rublack. Und Andreas Sperl bekräftigt: „Wir haben hier eine fast zweieinhalb Kilometer lange Landebahn und einen sofort nutzbaren Hangar.“ Auf der Bahn absolvieren die Flugzeuge ihre letzte Landung, bevor sie „auseinandergenommen“ werden. Die vor dem Betriebsbeginn erforderlichen Investitionen sind fast vernachlässigbar gering und fallen vor allem dem Zweckverband zur Last – Landrat Bernd Lange spricht von circa 100 000 Euro für die „Ertüchtigung der Infrastruktur.“ Auch der Personalbedarf ist mit anfangs circa acht Beschäftigten überschaubar. Dabei geht es zunächst um die Gewinnung der zur Wiederverwertung vorgesehenen Materialien aus den Flugzeugen. Deren Weiterverarbeitung bildet einen separat zu betrachtenden Projektabschnitt; ob diese auch in Rothenburg erfolgt oder woanders, muss die Zukunft zeigen.

 

Uwe Menschner / 03.09.2019

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