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Eintauchen in die Vergangenheit

Eintauchen in die  Vergangenheit

Michael Heuseler, Ilona Marschner und Andreas Thronicker (v.l.) vom Budisser Marktgesinde machten die Mönchskirchruine zum Schauplatz für eine Reise in die Vergangenheit. Foto: RK

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In dem entkernten Wasserbehälter unterm Dach des Wasserturms lassen sich künftig kleinere Veranstaltungen ausrichten. Foto: RK

Die Spreestadt bietet ab sofort Einheimischen und Touristen einen neuen Anlaufpunkt. An der Mönchsgasse wurden die Mönchskirchruine und der darin befindliche Wasserturm nicht nur für Besichtigungstouren freigegeben.

Bautzen. Die gesamte ehemalige Stadtspitze kam, sah und staunte: Was Baubürgermeister a.D. Peter Hesse, der 2015 in den Ruhestand gewechselte Finanzbürgermeister Michael Böhmer und Ex-Oberbürgermeister Christian Schramm gemeinsam in die Wege geleitet haben, wurde nun – wenige Jahre später – am Freitagvormittag vergangener Woche feierlich der Öffentlichkeit präsentiert – eine gesicherte und beräumte Mönchskirchruine samt saniertem Wasserturm. Insgesamt wurden für beide Baumaßnahmen, die Mitte 2016 begannen und inzwischen abgeschlossen sind, rund 1,7 Millionen Euro aufgewendet. Ein Teil des Geldes spendierten Land und Bund.

Anwohner können durchatmen

Für die Anwohner, denen die jetzige Baubürgermeisterin Juliane Naumann in ihrer Rede ausdrücklich für ihr entgegengebrachtes Verständnis dankte, endet damit eine Zeit der Staub-, Lärm- und Geruchsbelastung. Ein 70-jähriger Nachbar des Gebäudeensembles brachte es gegenüber dem Oberlausitzer Kurier auf den Punkt: „Weil die Bauleute ihre dieselbetriebenen Fahrzeuge mitunter längere Zeit laufen ließen, war es uns an manchen Tagen unmöglich, die Fenster zu öffnen. So ein Gestank machte sich in der Luft breit. Außerdem staubte es mitunter recht stark, wenn Steine gesägt wurden.“ Der Lärm sei noch das geringere Übel gewesen. Doch auch die Stadt schloss er in seine Kritik mit ein: „Dadurch, dass die Baufirmen mit ihren Fahrzeugen mehrere Stellflächen für sich beanspruchten, musste ich als Anwohner auf alternative Parkmöglichkeiten ausweichen und kassierte prompt zwei Knöllchen. Kann in so einem Fall nicht einmal ein Auge zugedrückt werden“, fragte der Bautzener. Auch Andreas Thronicker, der bereits ähnliche Beobachtungen mach-te, kann ein solch rigoroses Vorgehen der Politessen nicht nachvollziehen.

Der Stadtführer war gemeinsam mit Mimen des Budissiner Marktgesindes zur feierlichen Einweihung gekommen, um sich wie so manch anderer ein Bild von den erfolgten Arbeiten zu machen. Dabei hat sich an einer Tatsache nichts geändert: Wer das Gelände betritt, findet weiterhin eine Ruine vor.

Jedoch präsentiert diese sich ab sofort in einem gepflegten und aufgeräumten Zustand.
Nachdem im Jahr 1598 eine gewaltige Feuersbrunst die Mauern überwältigte, sind nur noch Teile des einstigen Franziskanerkonvents erhalten. In der jüngeren Vergangenheit ließ sich das Areal lediglich einmal im Jahr in Augenschein neh- men – jeweils beim Tag des offenen Denkmals. Von Jahr zu Jahr bekamen die Besucher dabei ein zunehmend bröckelndes Gemäuer zu sehen. An anderen Stellen wurde es allein durch den wuchernden Efeu zusammengehalten, Baumwurzeln bahnten sich bereits ihren Weg durch einzelne Gewölbe. In einem Durchgang tat sich zudem ein größerer Schuttberg auf. Der inzwischen private Eigentümer wäre mit einer Sanierung des Areals völlig überfordert gewesen, so die Rathausmannschaft. Also habe die Stadt das Ensemble erworben, um es für die Bautzener und ihre Gäste wieder dauerhaft zugänglich zu machen. Und genau darin liege der Wert dieser gesamten Baumaßnahme.

Lothar Kurtze kennt noch die Bilder aus früheren Jahren. Er ist Inhaber eines Vermessungsbüros in der Spreestadt und war 2015 mit seinem 35.000 Euro teuren 3D-Scanner in die Ruine ausgerückt, um diese vollständig und millimetergenau für weitere Berechnungen an seinem Computer einzuscannen. Dabei erfasste das hochmoderne Gerät jedes Detail, was bei der Vorbereitung der Sanierungsmaßnahme half. Am Bildschirm konnten sich die Experten ein genaues Bild davon machen, an welchen Stellen zu Füßen des Wasserturms Handlungsbedarf herrschte. „Als ich damals zum ersten Mal das Gelände betrat, war ich von dem Anblick fasziniert. Ich empfand das Ganze als äußerst romantisch. Jetzt ist das Areal jedoch begehbar und das finde ich ebenso toll.“ Im Zuge der Sanierung wurde sogar ein Fußboden aus dem 19. Jahrhundert freigelegt, über den Besucher künftig schreiten können. Indes herrschte während eines ersten Rundgangs Uneinigkeit über die Auflagen der Unteren Naturschutzbehörde. Diese setzte am Ende durch, dass für die in der Ruine lebenden Dohlen und Fledermäuse entsprechende Kästen und Einfluglöcher im Mauerwerk geschaffen wurden. Das habe zu einer Bauverzögerung und entsprechenden finanziellen Konsequenzen geführt, wie zu erfahren war.

Wasserturm zu mieten

Parallel zu den Arbeiten an den Höfen der Mönchskirchruine wurde der Wasserturm saniert, der ebenfalls zum Areal gehört. „Wir haben damit ein Juwel, ein Schmuckstück freigelegt, vielleicht sogar etwas mehr“, meinte Juliane Naumann während des Festakts sichtlich überwältigt. 1877 im Innern der Ruine errichtet, diente er dazu, dem erhöhten Trinkwasserbedarf in der Altstadt gerecht zu werden. Die zwei 700 und 300 Kubikmeter großen Wasserbehälter unter dem Turmdach trugen noch bis weit in die 70er Jahre dazu bei, dass sich selbst dann die Wasserversorgung aufrechterhalten ließ, wenn das Förderwerk in der Alten Wasserkunst einmal streikte, verriet Andreas Thronicker wenig später bei einer Erkundungstour im Inneren des etwa 39 Meter hohen Gemäuers. Dieser inzwischen entkernte Bereich lässt sich nunmehr wie auch die Ruine für kleinere Veranstaltungen nutzen. Sie und der Turm sind im Zuge der Sanierung mit Stromanschlüssen, einer Beleuchtung und einem Sanitärtrakt ausgestattet worden. „Jeder, der hier eine Veranstaltung durchführen möchte, kann sich bei der Gebäudeverwaltung melden“, sagte die Baubürgermeisterin. Kontakt: (03591) 534-112. Ambitionen eines Unternehmers, im Wasserturm ein Café mit Blick auf die Stadt und Umgebung zu etablieren, waren bereits im Vorfeld ins Leere gelaufen.

Roland Kaiser / 09.12.2017

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