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Gedenktafel wird repariert

Gedenktafel wird repariert

Er hat zu den Ereignissen vom 22. April 1945 recherchiert: Dr. Theodor Seidel vor der noch immer zerstörten Gedenktafel in Niederkaina. Foto: Heinz Noack

Bautzen. Eine im Frühjahr zerstörte Gedenktafel im Bautzener Ortsteil Niederkaina soll wieder restauriert werden. Das teilte jetzt Rathaussprecher André Wucht auf Anfrage mit. „Die Gedenktafel wird neu geschaffen und an alter Stelle montiert“, erklärte er. „Die Lücke zwischen dem Spendenauf-kommen, das bei rund 1.150 Euro liegt, und den anfallenden Kosten, die ungefähr 3.600 Euro betragen, soll zeitnah per Stadtratsbeschluss geschlossen werden.“

Groß war das Entsetzen, nachdem am frühen Morgen des 21. Aprils die an die Opfer eines Kriegsverbrechens erinnernde Gedenkstätte in Höhe Alte Dorfstraße von Unbekannten verwüstet wurde. Recht schnell hatte der Staatsschutz der Polizeidirektion Görlitz den Täterkreis in der linksradikalen Szene ausgemacht. Auf einem ihr zuzurechnenden Online-Portal sei ein entsprechender Bekennerhinweis aufgetaucht, verlautete wenig später in einer Medieninformation der Polizei.

Doch was geschah eigentlich in den Wirren kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs? Der gebürtige Bischofswerdaer Dr. Theodor Seidel, dessen Vater selbst bei dem Kriegsverbrechen ums Leben kam, stellte dazu umfangreiche Recherchen an. Die hat er auch in seinem Buch „Kriegsverbrechen in Sachsen“ niedergeschrieben. Anders als von der Stadtverwaltung berichtet, sind nicht Angehörige der 1. Ukrainischen Front Schuld am grausamen Tod von 195 Menschen. Der ehemalige Vorsitzende Richter einer Großen Strafkammer in Berlin, der Ex-Stasichef Mielke nach dem Mauerfall hinter Gitter schickte, macht für die Tragödie am 22. April 1945 Kräfte der 2. Polnischen Armee verantwortlich. Sie hätten Hitlers letztes Aufgebot in eine Scheune gesperrt, diese angezündet und die Flüchtigen mit Maschinengewehrsalven niedergestreckt. Weitere 181 deutsche Kriegsgefangene wurden auf dem Gelände des Schießstandes getötet, darunter auch Seidels Vater, der zuvor als Prokurist in der Großharthauer Schuhfabrik arbeitete.

Zu DDR- Zeiten war das Massaker von Niederkaina ein streng gehütetes Geheimnis. Dadurch jedoch, dass zwei Menschen die Feuerhölle überlebt hatten, waren trotz allem einige Informationen durchgesickert.
In dieser Woche kam der heute 87-jährige Theodor Seidel zu einem Kurzbesuch in die alte Heimat. Dabei erkundigte sich der Jurist auch über den aktuellen Stand bezüglich eventueller Restaurierungsarbeiten an der zerstörten Gedenktafel. Mit der Botschaft der Stadt, diese schon bald wieder herzurichten, fuhr er zurück nach Berlin.  

Roland Kaiser / 03.09.2018

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Kommentare zum Artikel "Gedenktafel wird repariert"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Heidrun Haak schrieb am

    Ich kann dazu nur sagen, dass ich die Geschichte genau wie oben beschrieben, von meiner Familie überliefert bekommen habe. Meine Großmutter Frieda Stange war betroffen. Mein Großvater Richard Stange wurde zu jener Zeit zum "Volkssturm" einberufen. Er kam nie zurück, galt als vermisst. Erst nach Jahren erfuhr man, dass seine Erkennungsmarke in der niedergebrannten Scheune von Niederkaina gefunden wurde. Auch, dass es die "Polen" waren und nicht die "Russen" wurde mir als Kind erzählt. Auf dem Bautzener Friedhof haben wird auf einem "Massengrab" unter einem großen Holzkreuz Blumen für Opa abgelegt. Wie gesagt, so ist meine Erinnerung.

  2. A.Fröhlich schrieb am

    Dass Herr Moses nichts unversucht lässt, um seine "Kameraden" hier unter einfallslosem Pseudonym als selbstlose, aber leider nicht beachtete Gönner zu präsentieren wäre auch zu erwähnen!

  3. bautzner schrieb am

    Dass die Stadt eine Spendensumme von über 1000 Euro ausgeschlagen hat, weil sie aus der falschen politischen Ecke kamen wäre auch zu erwähnen!

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