„Gib zu, dass Du ein Nazi bist“

Der Täter gibt seinem Opfer eine Ohrfeige. Foto: Screenshot
Görlitz. Dieser Woche waren in dem Verfahren gegen Angreifer aus arabischen Staaten auf eine Abi-Feier im Juli 2023 milde Strafen ausgesprochen worden. Der ermittelte, hauptbeschuldigte Syrer kam mit acht Monaten auf Bewährung davon. Die auch sexuell übergriffigen Täter selbst waren deutlich älter als ihre jugendlichen Opfer.
Aber auch unter Jugendlichen allein hatte vor zwei Wochen ein Übergriff für viel Aufregung in den sozialen Netzwerken gesorgt, während er medial viel weniger Widerhall fand. Eine Anfrage des Niederschlesischen Kuriers schien auch die Polizeidirektion nicht zu begeistern – vielleicht, weil kurz darauf die Freien Sachsen mit dem gleichen Filmausschnitt, den der Niederschlesische Kurier der Polizeidirektion mit Bitte zur Stellungnahme auf einige Fragen sandte, um Aufmerksamkeit heischte?
Was war geschehen? In einem Handymitschnitt ist zu sehen, wie zwei Jugendliche in Görlitz einen anderen Jugendlichen nötigen. „Schwör auf deine Mutter, dass du kein Nazi bist“, verlangt einer vom anderen und gibt ihm eine Ohrfeige, der zweite Täter zwingt das Opfer zur Reue auf die Knie. Dieses entkommt der misslichen Situation nur durch das Einschreiten eines Passanten. Die Redaktion fragte die Polizei eingangs, wie sich der Sachverhalt derzeit aus polizeilicher Sicht darstelle und wie das weitere Vorgehen aussehe. Nachdem zum Redaktionsschluss zwei Tage darauf keine Antwort eingegangen war wiederholte die Redaktion die Anfrage, die jedoch weiter offenblieb. Bei Anrufnachfrage wurde erklärt, dass das Video nicht eingegangen oder das Format vielleicht nicht gelesen werden konnte – allerdings war im Spamordner angeblich auch nichts zu finden. Auf anderem Wege hochgeladen, kamen dann immerhin knapp vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe Antworten, die teils jedoch ausgesprochen halbherzig blieben.
„Das Ermittlungsverfahren befindet sich derzeit noch im Dezernat Staatsschutz in Bearbeitung und es können diesbezüglich keine Angaben gemacht werden“, hieß es eingangs noch substanziell. Daneben hatte die Redaktion angeführt, dass nach ihrem Kenntnisstand ein Täterelternteil den Sohn argumentativ in „Legitimations“-Fahrwasser von Nazi-Vorwürfen gebracht haben könnte. Werden Eltern von Minderjährigen, die Nötigungstaten wie in diesem Fall begehen, nur über das Delikt des Kindes informiert oder wird in solchen Fällen der politische Hintergrund der Eltern durchleuchtet? Welche Konsequenzen müssen ggf. Eltern gegen sich wirken lassen? Aufgrund der sehr allgemeinen Ausrichtung der Frage blieb die Antwort hierzu erwartend lau: „In Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Görlitz und der Jugendgerichtshilfe werden in allen Verfahren be- und entlastenden Umstände ermittelt, auch ob ggf. durch die Eltern strafrechtliche Aspekte begangen wurden.“ Als Schlussfolgerung wollte die Redaktion jedoch Auskünfte darüber haben, wie viele vergleichbare Fälle pro Jahr in den letzten Jahren für den Landkreis Görlitz bekanntwurden und wie die Polizei bei ähnlich gelagerten Nötigungen/Bedrohungen die Dunkelziffer einschätzt – ausdrücklich unterschieden zwischen politisch motivierten Gegebenheiten dieser Art und solchen, in denen ein entsprechender Hintergrund nicht vorliegt bzw. nicht recherchiert wurde oder werden konnte.
Im rauen Alltag an den Schulen ist Mobbing heute weit verbreitet. Doch die Polizeidirektion klammerte gerade diese allgemeine Problematik aus und reduzierte ihre Antwort insofern unverständlich auf die Fälle potenzieller Staatsschutzrelevanz. Die Antwort lautete lapidar: „Es wurden in den letzten Jahren keine vergleichbaren Fälle im Dezernat Staatsschutz der Polizeidirektion Görlitz bearbeitet.“ Wird das weite Feld der Einschüchterungen unter Jugendlichen also insgesamt unterschätzt? Aber vielleicht ist das eher eine Frage an den 2023 mit eifriger politischer PR auch in Görlitz errichteten „Kommunalen Präventivrat“. Oder spiegelt die Öffentlichkeitsarbeit bei Polizeimeldungen einfach nicht mehr die Bandbreite gesellschaftlicher Verwerfungen wider? In diesen spiegeln sich vornehmlich Unfälle und Eigentumsdelikte. Themen, die brisante gesellschaftliche Fragestellungen aufwerfen, werden nach Eindruck der Redaktion gemieden und eher „von außen“ an die Redaktion herangetragen.