Direkt zum Inhalt springen
Info & Kommentare

Keine weiteren politischen Folgen

Keine weiteren politischen Folgen

Udo Witschas (r., hier mit Finanzminister Georg Unland und dem Landtagsabgeordneten Aloysius Mikwauschk) bleibt erster Beigeordneter des Bautzener Landrates.

SPD/Die Grünen und Linke scheitern im Bautzener Kreistag mit ihrem Antrag zur Abwahl des 1. Beigeordneten. Die CDU sieht ein Kesseltreiben und wahltaktische Hintergründe.

Bautzen. „Was machen wir falsch? Warum tun wir uns im Landkreis Bautzen schwerer als Andere mit der Entwicklung in der Welt?“ Landrat Michael Harig (CDU) blieb es vorbehalten, auf der Sondersitzung des Bautzener Kreistages diese Fragen zu stellen. Zu diesem Zeitpunkt war die Diskussion um die „Causa Witschas“, also um die Kontakte des Ersten Beigeordneten zum früheren NPD-Kreischef Marco Wruck, bereits an ihrem Ende angelangt. Harig verwies auf die gute Entwicklung des Landkreises, der wirtschaftlich besser dastehe als die meisten anderen; auf 179 Projekte für Demokratie und Toleranz, die seit 2008 durchgeführt wurden – und dennoch: „Augenscheinlich haben wir die Menschen damit nicht erreicht. Warum ist die Stimmungslage gerade bei uns so kritisch?“

CDU: Unverständliches Kesseltreiben

Mit dieser Einschätzung der Lage ging der Landrat auch ein Stückweit auf Distanz zur Kreistagsfraktion seiner eigenen Partei. Deren Vorsitzender Matthias Grahl hatte den zur Abstimmung stehenden Anträgen der Fraktionen Die Linke und SPD/Die Grünen, die in der Forderung nach Abwahl von Udo Witschas gipfelten, zuvor „jegliche Substanz“ abgesprochen. Der Beigeordnete habe durch seine Facebookchats und persönlichen Gespräche mit Marco Wruck „eine kritische Situation entschärft. Was hätte er denn sonst tun sollen?“ Es sei, so Grahl, „völlig unverständlich, wie man daraus so einen Skandal, so ein Kesseltreiben machen kann.“ Die Antwort liegt für den CDU-Fraktionschef auf der Hand: „Einige konnten wohl der Versuchung nicht widerstehen, kurz vor der Wahl aus diesen Vorgängen politisches Kapital zu schlagen.“ Das eigentliche Problem liege im „konstanten Alarmismus bei Schlägereien zwischen alkoholisierten Jugendlichen und dem damit verbundenen medialen Hype.“

Witschas: Einzige Möglichkeit, Gefahr abzuwenden

Udo Witschas selbst hatte zu Beginn der Sitzung die Gelegenheit bekommen, noch einmal seine eigene Sicht der Dinge darzulegen. Demnach habe er an jenem Freitagnachmittag im Juli, als die Situation um den als renitent geltenden Asylbewerber Youssef T., der sich selbst als „King Abode“ bezeichnet, zu eskalieren drohte, keine andere Möglichkeit gesehen, als die Nachricht von dessen Verlegung in eine Einrichtung außerhalb von Bautzen auf seinem privaten Facebook-Kanal zu posten. Der daraufhin entstehende Kontakt zu Marco Wruck sei nicht von ihm, also Witschas, initiiert worden. Er habe aber die Möglichkeit gesehen, über Wruck auf die rechte Szene einzuwirken, und damit die „unmittelbare Gefahr weiterer Krawalle abzuwenden.“ Udo Witschas verteidigte auch ausdrücklich die bereits vor mehreren Wochen von Landrat Michael Harig als „Fehler“ bezeichnete Art der Kommunikation: „Um ein Ziel zu erreichen, muss man Empathie zeigen und Vertrauen aufbauen.“ Er, so der Beigeordnete, distanziere sich „auf das Entschiedenste“ von rechtsextremistischem und radikalem Gedankengut.

SPD/Die Grünen und Linke: Vertrauen zerstört

Gerhard Lemm, der Vorsitzende der Fraktion SPD/Die Grünen, bezeichnete die „Causa Witschas“ als „eine der schwierigsten Aufgaben in meiner langjährigen Kreistagslaufbahn.“ Einerseits schätze er den Beigeordneten für seine bisherige Arbeit. Andererseits ließen die Erklärungen nur drei Schlüsse zu: „Entweder eine inhaltliche Nähe zu rechtem Gedankengut; eine unglaubliche politische Naivität oder der Versuch, aus wahltaktischen Gründen im Trüben zu fischen.“
Jede dieser drei Erklärungen mache Udo Witschas in seinem Amt untragbar.
Sein Fraktionskollege Sven Scheidemantel betonte: „Es wurde kein Schaden vom Landkreis abgewendet, sondern neuer Schaden angerichtet.“
Und Regina Schulz (Die Linke) erklärte, Witschas habe „heimlich, konspirativ und an den demokratischen Kräften vorbei den Kontakt zu Wruck gepflegt.“
Das Vertrauen der in der Flüchtlingsarbeit Engagierten sei irreparabel beschädigt.

Keine neuen politischen Konsequenzen

Die nach knapp dreistündiger Diskussion vollzogene Abstimmung über die einzelnen Anträge von SPD/Die Grünen und Die Linke zeigte, dass die Initiatoren außerhalb ihrer eigenen Fraktionen keinen Abgeordneten von ihrer Position überzeugen konnten.
Neben der CDU erteilten auch FDP und Freie Wähler dem Ansinnen, Udo Witschas als 1. Beigeordneten abzuwählen, eine klare Absage. Auch die Vorstöße, die 2. Beigeordnete Birgit Weber an seiner Stelle als Stellvertreterin des Landrates zu berufen, und ihm die Zuständigkeit für das Jugendamt zu entziehen, wurden mit klarer Mehrheit abgeschmettert. So bleibt als politische Konsequenz lediglich der Verlust der Zuständigkeit für das Ausländeramt.
Die entsprechende Verfügung von Landrat Michael Harig bestätigte der Kreistag mit einer Gegenstimme und einer Enthaltung.

Ganz zum Schluss der Sitzung zog Gerhard Lemm noch ein Ass aus dem Ärmel: „Die Bestellung des 1. Beigeordneten am 12. Dezember 2016 ist möglicherweise rechtswidrig erfolgt, da es keine geheime Wahl gab. Wir werden das von der Landesdirektion prüfen lassen.“            

Uwe Menschner / 25.09.2017

Was sagen Sie zu dem Thema?

Schreiben Sie uns Ihre Meinung

Die Mail-Adresse wird nur für Rückfragen verwendet und spätestens nach 14 Tagen gelöscht.

Mit dem Absenden Ihres Kommentars willigen Sie ein, dass der angegebene Name, Ihre Email-Adresse und die IP-Adresse, die Ihrem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, von uns im Zusammenhang mit Ihrem Kommentar gespeichert werden. Die Email-Adresse und die IP-Adresse werden natürlich nicht veröffentlicht oder weiter gegeben. Weitere Informationen zum Datenschutz bei alles-lausitz.de finden Sie hier. Bitte lesen Sie unsere Netiquette.

Weitere aktuelle Artikel