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Kornmarkt: Bautzens neue Problemzone

Kornmarkt: Bautzens neue Problemzone

Unter den Bäumen am Kornmarkt sitzen täglich Jugendliche. Nicht immer friedlich. Besonders wenn es dunkel wurde, kam es in den vergangenen Tagen immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen. | Foto: CF

Bautzen. Der Kornmarkt ist ein beliebter Anlaufpunkt – bei Touristen und Jugendlichen. Besonders der vordere Teil vor dem Museum wird sowohl von deutschen, also auch von ausländischen Jugendlichen frequentiert. Manchen gefällt es, andere sehen Probleme.

Nach Ausschreitungen am Freitag vergangener Woche kam es auch am Montag- und Dienstagabend zu Streitereien.  Vorläufiger Höhepunkt der eskalierenden Auseinandersetzungen bildete der Mittwochabend.
Nach Angaben der Polizei gerieten 20 Asylbewerber und rund 80 deutsche Jugendliche, die dem politisch rechten Spektrum zu zuordnen seien, aneinander. Dem verbalen Schlagabtausch folgten tätliche Übergriffe. „Zeugen berichteten von mehreren Flaschenwürfen sowie Körperverletzungen. Auslöser der Tätlichkeiten sollen den Angaben nach Asylsuchende gewesen sein“, heißt es im Polizeibericht. Auch wurden die Polizisten aus den Reihen der Asylbewerber mit Flaschen und Holzlatten beworfen. Die Beamten setzten daraufhin Pfefferspray und den Einsatzmehrzweckstock ein.

Die Asylbewerber flüchteten sich in das Heim Dresdener Straße, während die Gruppe der Deutschen sie auf verschiedenen Wegen zu erreichen versuchte. Ein Rettungswagen, der einem Verletzten im Heim Dresdener Straße zu Hilfe kommen sollte, wurde „von mehreren rechtsmotivierten Männern“ mit Steinen beworfen und konnte erst unter Polizeischutz die Asylunterkunft erreichen.
Im Verlauf des Abends hinzugezogene Einsatzkräfte der Polizei patrouillierten in den Nachtstunden in Bautzen und postierten sich vor den Asylunterkünften in Bautzen und Niedergurig. Zu weiteren Ausschreitungen kam es nicht. Die Polizei hat angekündigt bei einer Pressekonferenz, die nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe stattfand, über weitere Maßnahmen zu berichten. Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen können Sie im Internet unter www.Alles-Lausitz.de oder bei www.facebook.de/alleslausitz nachlesen.

Im Gespräch sind im Moment ein Alkoholverbot, ein höheres Polizeiaufgebot oder mehr Sozialarbeiter. Ist es die richtige Lösung? Fakt ist, Jugendliche brauchen Begegnungsräume in der Stadt. Bislang mahnte lediglich die Stadträtin Elisabeth Hauswald (CDU) dem Thema mehr Beachtung zu schenken. Es sei kein neues Thema, bestätigt auch Heinrich Schleppers, Stadtrat der CDU „Die Platte ist ein Treffpunkt. Die jungen Leute, egal ob deutsch oder ausländisch, müssen sich einfach angemessen benehmen, dürfen  nicht herumpöbeln oder in die Sträucher vor den Geschäften urinieren. Den Alkohol können wir auf dem Kornmarkt nicht verbieten.

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Die friedliche Ansicht vom oberen Bereich des Kornmarktes, der bei den Bautzenern auch "liebevoll" Platte genannt wird. | Foto: CF

Die Jugend braucht Beschäftigung und sinnvolle Treffpunkte in Bautzen, wo sie friedlich miteinander auskommen und sich kennenlernen kann“, äußert sich Heinrich Schleppers, Stadtrat der CDU, kritisch.

Ähnlich sieht es auch Torsten Wiegel, Geschäftsführer des Steinhauses in Bautzen und spricht von einem vielschichtigen Problem: „Auf dem Kornmarkt geht es oft um Machtkämpfe. Man kann die Jugendlichen aber auch nicht wegzwingen. Wir im Steinhaus können nicht 24 Stunden am Tag geöffnet haben und einen Treffpunkt bieten. Ich denke persönlich, dass es größtenteils an der Perspektivlosigkeit liegt, die leider mitunter auch aggressiv machen kann. Dennoch ist es keine Entschuldigung für kriminelle Handlungen.“
Eher negativ schätzt Renate Peter, Reichentürmerin und Stadtführerin, die Situation ein: „Wenn ich meine Stadtrundgänge am Reichenturm starte, vermeide ich den Kornmarkt und wir gehen gleich in die Reichenstraße. Ich möchte diesen teilweise vorherrschenden Anblick meinen Touristen nicht zumuten. Erstens ist oft der Lärmpegel zu hoch, sodass niemand etwas versteht, und zweitens zeigt man den Gästen von Bautzen ja nicht unbedingt die Trinkerszene oder rüpelige Jugendliche.“

Etwas entspannter sieht es Dr. Jürgen Vollbrecht, der Museumsdirektor. „Ich finde dieses kulturelle Miteinander gut. Solange es friedlich bleibt. Auch das hier Deutsche und Ausländer am Tag zum Teil friedlich zusammensitzen, finde ich gut. Natürlich haben wir auch schon von Streitereien gehört, aber uns tangiert das eigentlich nicht. Das sehen wir auch an den Besucherzahlen, die nicht eingebrochen sind.“

Das unmittelbar in der Nähe liegende Kornmarkt-Center kann sich den Diskussionen ebenfalls nicht entziehen. Der Centermanager Christian Polkow bestätigt: „Wir haben keine Häufung von kriminellen Übergriffen im Center. Bis auf Ladendiebstähle sind uns keine weiteren Vorfälle bekannt. Dennoch haben wir in den letzten Wochen bereits punktuell und situationsbezogen den Sicherheitsdienst erhöht. Die Situation auf dem Kornmarkt verfolgen wir sehr genau und sind zudem in enger Abstimmung mit der Polizei. Bezüglich des WLAN, das teilweise bis zur Platte reicht, gibt es momentan keine Ambitionen der Einschränkung. WLAN wird heutzutage im öffentlichen Raum erwartet und daher auch von uns angeboten.“

Auch die Händler in Bautzen sind besorgt, verängstigt und diskutieren derzeit hitzig über den Erhalt oder die Abschaffung des öffentlichen WLANs. Einige Händler sind der Meinung, dass viele auch ohne WLAN kommunizieren können. Langeweile und Beschäftigungslosigkeit seinen hier der Hauptgrund. Das nun dringend gehandelt werden muss, darin stimmen alle überein. Denn wenn es dunkel wird, haben die Menschen immer häufiger Angst über den Kornmarkt zu gehen und somit bleiben Kunden aus.

Nach den sich häufenden Ausschreitungen ist auch Oberbürgermeister Alexander Ahrens gefordert. Er hat nach den Vorfällen am Mittwoch seine Dienstreise abgebrochen und teilt mit: „Ich bin wütend und entsetzt. Ich verurteile die Gewalt – unabhängig, von wem sie ausgeht – auf das Schärfste.“ Das Gewaltmonopol liege in unserem Staat bei der Polizei.  Außerdem dankte er den Beamten für ihren Einsatz und mahnt an, dass die Ereignisse gründlich aufgeklärt werden müssen. Trotz allem ist er zuversichtlich: „Wir werden die Situation in den Griff bekommen“, sagt er abschließend.

 

Katrin Kunipatz / Cornelia Fulk / 17.09.2016

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