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Kretschmer steht bei den Schäfern im Wort

Kretschmer steht bei den Schäfern im Wort

Um sie geht es: Die Schafe auf den Weiden rings um Rosenthal haben ein stark erhöhtes Todesrisiko. Ministerpräsident Michael Kretschmer gab ein Versprechen.

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Schäfer Martin Just demonstriert Ministerpräsident Michael Kretschmer und dessen Begleitern, womit er sich Tag für Tag herumärgern muss.

Der sächsische Ministerpräsident will sich für schnellere Entschädigungsverfahren bei Wolfsrissen einsetzen. Und auch auf Bundesebene sieht er Handlungsbedarf.

Cunnewitz. Setzt im Freistaat Sachsen in Sachen Wolfsschutz ein Umdenken ein? Martin Just hofft es. „Wir haben jetzt etwas Belastbares in der Hand. In einem Jahr werde ich ihn an seinen heutigen Aussagen messen.“ 
Mit „ihn“ meint der Schäfer aus Cunnewitz (Gemeinde Ralbitz-Rosenthal) den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU). Dieser hatte sich unlängst eine Dreiviertelstunde Zeit genommen, um mit Just und einigen seiner Kollegen ins Gespräch zu kommen. 
Hier draußen, wo sich Schaf und Wolf buchstäblich „Gute Nacht“ sagen und wo Martin Just dem sogenannten „Rosenthaler Rudel“ schon mehr als 80 Schafe überlassen musste. Wo es außer Grashalmen, Baumwipfeln und niedrigen Dorfhäusern kaum etwas gibt, was dem Auge Halt bietet.
Der Schäfer will nicht nur auf den Ministerpräsidenten einreden, sondern ihm auch ganz praktisch die aktuelle Situation vor Augen führen. Dazu hat er mehrere Zaunfelder aufgebaut. „Die Zäune werden immer höher und die Handhabung immer komplizierter. Wir rüsten immer weiter auf, ohne letztlich das Problem zu lösen“, erklärt Just dem Landesvater, während er ihm gleichzeitig demonstriert, wie schwer sich die Zaunspfähle in das ausgetrocknete Erdreich treiben lassen. „Und diese Prozedur wiederholt sich im Abstand weniger Tage, weil wir ja immer weiter ziehen müssen. Dabei sind wir doch keine Wissenschaftler auf dem Gebiet, Wölfe von den Schafen fernzuhalten. Unsere eigentliche Aufgabe besteht darin, natürliche Lebensmittel zu produzieren.“
Der Ministerpräsident hört dem Nutztierhalter mit nachdenklichem Gesicht zu, das Kinn in die Hand gestützt. Um das Problem zu lösen, sagt er schließlich, müsse man auf zwei Ebenen ansetzen: „Einmal in Berlin, und einmal direkt hier in Sachsen.“ Auf der sächsischen Ebene – und da, so Kretschmer, sei er sich mit Umwelt- und Landwirtschaftsminister Thomas Schmidt einig – gehe es um ein weniger kompliziertes und dafür schnelleres Entschädigungsverfahren, bei dem durchaus auch die Höhe der gezahlten Beträge zur Diskussion stehen solle. 

„Der Gutachter, der den Wolfsriss feststellt, muss auch die Befugnis haben, an Ort und Stelle über die Entschädigung zu entscheiden“, führt er weiter aus, während er kopfschüttelnd in einem 71 Seiten dicken Packen Papier blättert – dem aktuell geltenden Antragsformular. Martin Just wünscht sich darüber hinaus eine bessere Beratung zum Herdenschutz – „von Leuten die etwas davon verstehen.“ Auf Bundesebene gilt es, dickere Bretter zu bohren. „Zunächst ist sicherzustellen, dass nur reinrassige Wölfe den höchsten Schutzstatus genießen“, geht Michael Kretschmer auf die aktuelle Hybridendebatte ein, ohne deren Stichhaltigkeit zu beurteilen. „Und dann brauchen wir eine klare Ansage, wie mit Wölfen umzugehen ist, die sich problematisch verhalten. Wir wir sie vergrämen oder notfalls auch zu noch härteren Mitteln greifen können.“ Wobei die anwesende Schäferzunft die so genannte „Vergrämung“, zum Beispiel das Beschießen mit Plastekugeln, skeptisch sieht: „Damit erreichen wir nur, dass das Tier zur nächsten Herde weiterzieht.“ Dabei lässt es der sächsische Plan für das Wolfsmanagement durchaus schon zu, auffällige Tiere aus der Natur zu „entnehmen“: „Doch sobald es damit konkret wird, gibt es sofort Klagen von Umweltverbänden, und der Staatsanwalt steht auf der Matte.“

Eine klare Ansage wünscht sich auch Georg Lebsa. Als Mitinitiator der landesweit bekannt gewordenen „Wolfspetition“ aus dem Gebiet des Rosenthaler Rudels wartet er noch immer auf eine Antwort des Landtags, nachdem es dort immerhin schon eine Anhörung gegeben hat. „Die Antwort sollte die Aussage beinhalten, wie viele Wolfsrudel das Land Sachsen überhaupt verträgt.“ 
Martin Just will einfach nur wieder in Ruhe und Frieden seiner Arbeit nachgehen. Mit dem Verlauf des Besuchs des Ministerpräsidenten ist er fürs Erste zufrieden: „Wir Nutztierhalter haben gezeigt, dass es uns noch gibt.“ In einem Jahr – so sagt ihm Michael Kretschmer zu – werde er ihn wieder besuchen. „Und dann werde ich ihn an seinen heutigen Aussagen messen. Das ist doch nur fair.“

Uwe Menschner / 03.07.2018

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Kommentare zum Artikel "Kretschmer steht bei den Schäfern im Wort"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Andreas Walter schrieb am

    Der Herr Ministerpräsident sollte zur Abwechslung auch mal zu einem Schäfer gehen, der wirksamen Herdenschutz betreibt. Und sich eventuell für eine Weidetierprämie einsetzen, die den Schäfern überhaupt erst ein finanzielles Auskommen und eine Zukunft sichern würde. Das wurde jedoch kürzlich von seiner Partei abgelehnt. Sprüche machen klappt aber.

  2. Freund der Natur schrieb am

    Warum wird hier verschwiegen das Just 4 Feste Weideplätze hat mit 120 Dratzaun ? Er setzt nie um , nur die Netzt innen sind ein EZaun , noch dazu gibt es dort Viele Rotten von Wikdschweine die öfter den Zaun so zerstören das Schafe flüchten können , noch dazu hat doch Just alle Gutachten in der Hand wo das Amt von nicht nach dem Gesetz geforderte Mindesschutz besteht und er deshalb kein Geld bekommt . Ein blick Auf Martin Wolf Laustit Lamm was Justs Seite ist ist das alles doch öffentlich gepostet . Frage mich warum hier so ein Unsinn geschrieben wird ?

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