Eine 100-Jährige wird schick gemacht

Markus Böhme ist seit Oktober 2024 Pfarrer in der 100-jährigen katholischen Pfarrkirche von Bischofswerda St. Benno.
Bischofswerda. An der Johann-Sebastian-Bach-Straße, etwas abseits vom Bischofswerdaer Stadtzentrum, erhebt sich ein recht außergewöhnliches Kirchengebäude. Zurzeit hüllt es sich in Baugerüste, sonst könnte man den hohen, viereckig gestuften Turm mit der vergoldeten Kugel und dem Kreuz an seiner Spitze sehen. Im Inneren der Kirche empfängt den Besucher Orgelmusik. Doch es ist kein Organist, der hier musiziert, sondern der Pfarrer selbst: Markus Böhme, seit dem 1. Oktober 2024 leitender Pfarrer der Pfarrei St. Maria Magdalena, ist passionierter Orgelspieler. Für den gebürtigen Oberlausitzer, der zuvor zehn Jahre lang in Zwickau gearbeitet hatte, ist es eine Rückkehr in die Heimat: „Ich bin sehr dankbar, weil ich hier eine lebendige Gemeinde erlebe – mit vielen Familien mit Kindern und mit ganz vielen Ehrenamtlichen, die sich einbringen und ohne die hier kaum etwas laufen würde.“
Einer dieser Ehrenamtler ist Hansjörg Böhm. Der 86-Jährige, vielen Bischofswerdaern noch als früherer Leiter des städtischen Ordnungsamtes bekannt, kennt wie kaum ein anderer die Geschichte der Bischofswerdaer Bennokirche, die in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen feiert und ihren Namen aus gutem Grund trägt: „Unsere heutige Bennokirche ist nicht die erste katholische Kirche in unserer Stadt. Diese wurde im Jahre 1076 durch Bischof Benno erbaut, wie uns die Chronik berichtet.“ Jener Benno, Bischof von Meißen, verbreitete den christlichen Glauben in den Ländereien östlich der Elbe und erfuhr ein göttliches Zeichen in Form eines hellen Lichtes, das ihn dazu bestimmte, an dieser Stelle eine Kirche zu bauen.
Der Katholizismus blickt in Bischofswerda auf eine wechselvolle Geschichte zurück. 1558 musste der katholische Pfarrer im Zuge der Reformation die Stadt verlassen, danach fanden 325 Jahre lang keine katholischen Gottesdienste mehr statt. Ab 1883 stellte die evangelische Gemeinde den Katholiken ihre Kreuzkirche zur Verfügung – ein frühes Zeugnis der Ökumene, als diese noch kaum üblich war. Erst im 20. Jahrhundert bekam die katholische Gemeinde wieder ein eigenes Gotteshaus – eben die nun 100-jährige Bennokirche, die am 21. Mai 1925 geweiht wurde. Eine wichtige Zäsur, an die sich auch Hansjörg Böhm noch erinnert, war das Jahr 1945: „Als alle, die nicht mehr in ihrer Heimat bleiben durften, hierher kamen, wuchs die Gemeinde von 1.000 auf 4.000 Mitglieder. Diese 4.000 Leute – auch ich war einer von ihnen – fanden in dieser Kirche ein Stück Heimat. Deshalb gab es hier sonntags immer drei Gottesdienste nacheinander, brechend voll und mit Ordnern, welche die Plätze zuwiesen.“ Hansjörg Böhm hatte als damals Siebenjähriger seinen „Stammplatz“ auf der Emporentreppe.
Von solchen Zahlen ist die Gemeinde St. Benno, die seit 2019 gemeinsam mit Kamenz und Radeberg die Pfarrei St. Maria Magdalena bildet, heute weit entfernt. Und doch freut sich Pfarrer Markus Böhme über ein reges und vielfältiges Gemeindeleben, das auch in den zurzeit stattfindenden Bauarbeiten Ausdruck findet: „Im Rahmen des 100-jährigen Jubiläums haben wir unsere Kirche renoviert.
Im letzten Jahr wurde schon das Pfarrhaus außen neu gestrichen, und der Innenraum der Kirche ist bereits seit Ostern fertig.“ Jetzt steht außen noch ein Gerüst, um die Fassade neu anzustreichen. Und noch etwas anderes muss gemacht werden: „Bei den Arbeiten hat sich herausgestellt, dass die Kugel und das Kreuz stark verwittert sind und neu vergoldet werden müssen. Doch auch der Glockenturm bedarf der Sanierung, da dort im obersten Segment Risse festgestellt wurden.“ Schon in der Vergangenheit hat die im Stil des Art Déco errichtete Kirche zahlreiche Umbauten erlebt, zum Beispiel im Zuge der Liturgiereform 1962, die eine größere Nähe und Gemeinschaft zwischen Pfarrer und Gemeinde schaffen wollte. In diesem Zuge wurde der Altar von der Wand in die Mitte des Altarraums gerückt, damit der Priester sich seiner Gemeinde bei der Messe zuwenden konnte. Die Kanzel wich einem schlichten Lesepult („Ambo“), und die Kommunionsbank, welche eine Barriere darstellte, wurde entfernt. 1995 gab es die letzte umfassende Renovierung vor der jetzigen, und schon bald wird die dann wieder strahlend goldene Kugel auf dem Turm von der 100-jährigen Geschichte der Kirche künden.