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Mitfahrbänke für den ganzen Landkreis

Mitfahrbänke für den ganzen Landkreis

Daumen in den Wind: Maik Förster hat schon mal auf der Bank vor dem Lindengasthof Platz genommen.

Ein Verein aus Oberlichtenau erhält ein Preisgeld für eine innovative Idee. Neben Zustimmung gibt es sofort Bedenken – einige davon „typisch deutsch.“ 

Oberlichtenau. Im Prinzip ist es keine neue Idee: So genannte Mitfahrbänke gibt es schon in vielen Regionen Deutschlands. Selbst der benachbarte Landkreis Görlitz verfügt über eine ganze Reihe jener besonderen Sitzgelegenheiten, auf denen Platz nehmen kann, wer sich eine Mitfahrgelegenheit in den Nachbarort oder in die nächste Stadt erhofft. 

Und doch ist das Konzept des Christlicher Verein Oberlichtenau e.V., im Pulsnitztal zwischen seinem Heimatort und der „Mutterstadt“ Pulsnitz Mitfahrbänke aufzustellen, den Initiatoren des Wettbewerbs „Sächsische Mitmachfonds“ ein Preisgeld von 5000 Euro wert. Auch im Landratsamt stößt das Vorhaben auf offene Ohren: „Wir begrüßen diese Idee“, erklärt die Leiterin des Straßenverkehrsamtes, Katja Zeiske. „Der ländliche Raum kann nicht überall regelmäßig mit Bussen des öffentlichen Personennahverkehrs befahren werden. Deshalb sind wir sehr dankbar für solche privaten Initiativen, die wichtige Bausteine für die Mobilität der Bevölkerung darstellen können.“ 

Die Amtsleiterin macht keinen Hehl daraus, dass der Busverkehr nach wie vor stark auf die Schülerbeförderung zugeschnitten ist. Abends, in den Ferien, am Wochenende fährt kaum etwas in Orte wie Oberlichtenau oder Friedersdorf, die an keiner Hauptachse liegen. Auch das Plus-Bus-System, das den Nahverkehr zwischen größeren Städten verdichten soll, wird daran nichts ändern. Deshalb ist auch durchaus ein wenig Eigennutz mit im Spiel: Schließlich betreibt Maik Förster, der ehrenamtliche Geschäftsführer des Christlichen Vereins, den Oberlichtenauer Bibelgarten: „Und auch wir stehen vor dem Problem, dass außerhalb der Hauptzeiten niemand mit dem Bus zu uns fahren kann“, betont er.
Doch wer Maik Förster kennt, der weiß: Beim klein-klein hält er sich nicht lange auf. Groß zu denken ist eher seine Leidenschaft. Und so kommt es, dass er in der Perspektive am liebsten den gesamten Landkreis Bautzen mit einem „Netz“ von Mitfahrbänken überziehen will. Und in dieser Dimension stellt das Konzept dann tatsächlich eine Neuigkeit, oder auf Neudeutsch, ein „Pilotprojekt“ dar. 

Mit 5000 Euro freilich lässt sich dies kaum stemmen: „Das reicht für zwei Bänke“, weiß Maik Förster. Immerhin hat der Verein einen Mitarbeiter gefunden, der gebrauchte Bänke aufarbeiten und für den angestrebten Zweck nutzbar machen kann. Wer also eine alte Bank im Garten stehen hat, die er nicht mehr braucht, ist im Vereinsbüro gern gesehen. Darüber hinaus bedarf es einer großen Anzahl von Partnern, die das kreisweite Mitfahr-Netz, Gemeinde für Gemeinde, aufbauen – Zukunftsmusik. Freilich ist das Konzept der Mitfahrbänke nicht unumstritten, und es sind rechtliche Fragen zu klären. Der Christliche Verein will nämlich reguläre Bushaltestellen als Aufstellorte nutzen. Dort jedoch kann nicht einfach jeder halten, der das gerne möchte. „Wir müssen das in unserem Amt klären“, unterstreicht Katja Zeiske. Andere Bedenken, wie sie zum Beispiel unlängst in der Fachzeitschrift „Kommunal“ geäußert wurden, lassen sich hingegen der Rubrik „typisch Deutsch“ zuordnen: So seien Erfahrungen gemacht worden, dass „bei jungen Mädchen schon nach wenigen Minuten Autos anhielten, während ältere Leute nicht mitgenommen wurden.“ Müssen also künftig Autofahrer, die nicht für jeden Wartenden anhalten, mit Anzeigen nach dem Antidiskriminierungsgesetz rechnen? Schwerer wiegen sicherlich Einwände, die darauf abzielen, dass sich die „Dienstleistung“ des Mitnehmens auf der Mitfahrbank sehr anonym abspielt (wenn es sich nicht gerade um jemanden aus dem jeweiligen Dorf handelt.)Und auch die Frage der Rückkehr sollte vor Fahrtantritt geklärt sein. Maik Förster und seine Mitstreiter nehmen diese Einwände ernst, lassen sich aber in ihrem Ziel nicht beirren: „Zum Tag des offenen Denkmals im September streben wir die Jungfernfahrt zwischen Pulsnitz und Oberlichtenau an.“

Uwe Menschner / 08.07.2019

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Kommentare zum Artikel "Mitfahrbänke für den ganzen Landkreis"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Erhard Jakob schrieb am

    Elwe, es ist nur die Frage, ob die Leute auch bei dir mitfahren wollen. Wie du schon richtig sagst, es gibt immer zwei Seiten!

    Besonders alte Leute wollen nur bei Leuten mitfahren; die sie auch kennen.

  2. Elwe schrieb am

    Hallo. Ich find das ne tolle Sache. Wer hofft und Zeit hat, für den isses ne tolle Sache. Hab schon von diesen Mitfahrbänken gehört... wie überall, gibt's 2seiten der Medaille. Alles in allem sicher toll. Ich würde anhalten, wenn ich an einer solchen Bank Wartende erblickte
    LG Elwe

  3. Erhard Jakob schrieb am

    Maik, hat dich jemand in der Zeit auf der du auf der Bank gesessen hast, ein Stück mitgenommen. Ich glaube nicht! Und selbst wenn auf der Bank *Mitfahr-Bank* steht, wird niemand anhalten und dich mitnehmen!

    Das ist meine Meinung und ich würde mich freuen, wenn ich mich irren würde!

  4. Erhard Jakob schrieb am

    Hier gibt es sicher von beiden Seiten (Fahrer und Mitfahrer) Bedenken. Nicht nur aus verkehrs- bzw. versicherungsrechtlicher Sicht! Fahrer und Mitfahrer haben beide Angst, dass sie eventuell auf böse Menschen treffen könnten.

    Im vorliegenden Fall sollten nicht laufend leere Busse von Königsbrück nach Pulsnitz fahren und zurück. Busse während der Schulzeit sollten weiter fahren. Alle andere (leeren) Busse sollten nur fahren, wenn Bedarf ist. Dazu sollte ein Bereitschaftsfahrer in Pulsnitz und Königsbrück vorgehalten werden, der bei Bedarf stündlich mit einem PKW oder Klein-Bus ... .00 Uhr los fährt.
    Die Nummer sollte öffentlich bekannt gemacht werden. Wenn kein Bedarf ist, wird nicht gefahren.

    So gesehen könnte der Staat bzw. der Steuerzahler sicher jeden Monat 5 TEUR sparen!

    Genannte Bedenken könnten damit hinfällig werden! Aber natürlich würden neue Leute mit neuen Bedenken kommen!

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