Modelle dokumentierten Waggonbau-Leistungskraft

Ausbildungsmodellbau in den 70er-Jahren Foto: Museum Niesky
Niesky. Nach der endgültigen Schließung des altehrwürdigen Waggonbaus Niesky fand sich eine Gruppe ehemaliger Mitarbeiter zusammen, um die Erinnerung an die umfassende Geschichte des Betriebes wachzuhalten und das städtische Museum dabei zu unterstützen, die geborgenen geschichtlichen Akten, Fotos und Objekte aus dem Betrieb zu sichten, zu katalogisieren und zu beschreiben. Im vergangenen Jahr entstand dann die Idee zu einer Serie von gemeinsamen Ausstellungen zu Themen aus der Geschichte des Betriebs. Waggonbauer und Museumspersonal nahmen sich zuerst die eindrucksvollen Waggonmodelle vor, die einst in unterschiedlichen Maßstäben angefertigt wurden und sich heute unter anderem im Museumsbestand befinden.
Es war etwas, was den VEB Waggonbau Niesky vor anderen Schienenfahrzeugbauern in der DDR auszeichnete: Die Lehrlinge, die zum Teil auch aus anderen Betrieben des Kombinats nach Niesky zur Ausbildung geschickt wurden, bauten in der BBS – der Betriebsberufsschule – unter Anleitung der Ausbilder ausgesprochen aufwendige und detailgetreue Modelle der aktuellen Serien im Maßstab 1:10. An ihnen schulten sich die Auszubildenden in der präsizen Materialbearbeitung und lernten die Funktionalität der Baugruppen und -elemente. Eine Ausbildungsklasse baute etwa ein Jahr an einem Modell – allein das zeigt die Komplexität des ambitionierten Unterfangens.
Die entstandenen Modelle dienten aber noch einem weiten Zweck: Der Schienenfahrzeugbau der DDR nahm regelmäßig an den internationalen Fachmessen im sozialistischen und nichtsozialistischen Ausland teil. Aber auch im Inland gehörte die Leipziger Frühjahrsmesse natürlich zum Pflichttermin der Branche.
Die originalen Waggons auszustellen, war aber allenfalls bei kurzen Distanzen möglich. Führten die Messetermine die Schienenfahrzeugbauer in weite Ferne, wurde die Überführung und Platzmiete zu teuer. Man behalf sich mit den im Lehrbetrieb angefertigten Modellen. Sie war bewusst so detailgetreu und vor allem auch funktional gebaut, dass sie potenziellen Kunden Gestaltung und Einsatz der Waggontypen veranschaulichen konnten. Einige Modelle aus Nieskyer Herstellung wanderten so beispielsweise jahrelang im arabischen oder auch westeuropäischen Raum umher, um auf den Fachmessen die Leistungsfähigkeit des DDR-Waggonbaus zu demonstrieren.
Auch kleinere Modelle in den Maßstäben 1:45 und 1:87 (H0) setzte der Nieskyer Waggonbaubetrieb im Alltagsgeschäft ein. Hier ging es vor allem darum, Kunden zu beschenken, Jubiläen zu feiern und Mitarbeiter für langjährige Betriebszugehörigkeit zu belobigen. Solche Modelle wurden mitunter von spezialisierten Firmen angefertigt und nach Niesky geliefert.
Die Traditionsgruppe Waggonbau Niesky lädt nun zur Eröffnung der Ausstellung „Ausbilden und Werben – Der Modellbau im Waggonbau Niesky“ am 13. Juni, 17.00 Uhr, in den sogenannten „Holzkonsum“ in der Konrad-Wachsmann-Straße in Niesky ein. Auch zum Holzhausfest am 15. Juni wird die Ausstellung natürlich zu sehen sein. Von da an ist die Öffnung des Holzkonsums immer Sonntagnachmittag oder nach Absprache mit dem Museumspersonal vorgesehen.