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NGG pocht auf fairen Neustart im Gastgewerbe

NGG pocht auf fairen Neustart im Gastgewerbe

Viele Hotels und Gaststätten finden aktuell kein Personal, weil während der Lockdowns ein Teil der Beschäftigten der Branche den Rücken gekehrt hat. Foto: NGG

Region. Supermarktkasse statt Biertheke: Im Zuge der Corona-Pandemie verzeichnen die Hotels und Gaststätten im Kreis Bautzen eine dramatische Abwanderung von Fachkräften. Innerhalb des vergangenen Jahres haben im Landkreis rund 500 Köche, Servicekräfte und Hotelangestellte dem Gastgewerbe den Rücken gekehrt – das ist jeder zehnte Beschäftigte der Branche, wie die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) unter Berufung auf jüngste Zahlen der Arbeitsagentur mitteilte. Angesichts weiterer Lockdowns bis in den Mai hinein dürfte sich der Personalschwund bis heute nochmals zugespitzt haben, befürchtet Thomas Lißner, Geschäftsführer der NGG-Region Dresden-Chemnitz.

„Viele Menschen schätzen es, nach langen Entbehrungen endlich wieder essen zu gehen oder zu reisen. Aber ausgerechnet in der Sommersaison fehlt einem Großteil der Betriebe schlicht das Personal, um die Gäste bewirten zu können.“ Für die Lage machte der Gewerkschafter insbesondere die Einkommenseinbußen durch die Kurzarbeit verantwortlich: „Gastro- und Hotel-Beschäftigte arbeiten sowieso meist zu geringen Löhnen. Sobald es dann nur noch das deutlich niedrigere Kurzarbeitergeld gibt, wissen viele nicht, wie sie über die Runden kommen sollen.“

Wenn die gut ausgebildeten Fachkräfte in Anwalts- oder Arztpraxen die Büroorganisation übernehmen oder in Supermärkten zwei Euro mehr pro Stunde verdienen als in Hotels und Gaststätten, dürfe es niemanden überraschen, dass sich die Menschen neu orientieren. Wirte und Hoteliers hätten jedoch nun die Chance, die Branche neu aufzustellen. Zwar seien viele Firmen nach wie vor schwer durch die Pandemie getroffen. Doch wer künftig überhaupt noch Fachleute gewinnen wolle, müsse jetzt umdenken und sich zu armutsfesten Löhnen und besseren Arbeitsbedingungen bekennen. Dazu seien Tarifverträge unverzichtbar, unterstrich Thomas Lißner: „Am Ende geht es um einen Kulturwandel. Auch Servicekräfte haben ein Recht darauf, vor dem Dienst zu wissen, wann Feierabend ist. Sie haben Anspruch auf eine anständige Bezahlung – unabhängig vom Trinkgeld. Und auf eine faire Behandlung durch den Chef.“

Gastronomen, die das Mittagessen so günstig anböten, dass sie davon das Personal nicht mehr bezahlen könnten, machten ohnehin grundsätzlich etwas falsch. „Viele Gäste sind durchaus bereit, ein paar Cent mehr für die Tasse Kaffee zu bezahlen – gerade jetzt, wo den Menschen bewusst geworden ist, dass der Besuch im Stammlokal ein entscheidendes Stück Lebensqualität ist“, meinte der NGG-Funktionär. Die Gewerkschaft verwies zudem auf die umfassenden Finanzhilfen des Staates für angeschlagene Betriebe. So können sich Hotels und Gaststätten im Rahmen der Überbrückungshilfen in diesem Monat bis zu 60 Prozent der Personalkosten bezuschussen lassen, wenn sie Angestellte aus der Kurzarbeit zurückholen.

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit beschäftigte das Hotel- und Gaststättengewerbe im Landkreis Bautzen zum Jahreswechsel 4.678 Menschen. Genau ein Jahr zuvor – vor Ausbruch der Corona-Pandemie – waren es noch 5.204. Damit hätten innerhalb von zwölf Monaten zehn Prozent der Beschäftigten die Branche verlassen, hieß es.

Redaktion / 14.07.2021

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