Direkt zum Inhalt springen
Info & Kommentare

Nötiger Protest oder Instrumentalisierung?

Nötiger Protest oder Instrumentalisierung?

Zum Abschluss ihrer Aktionen ließen die Teilnehmer Luftballons aufsteigen. Foto: Nico Morawa (Video-Screenshot)

Am Mittwoch vor Ostern fanden in Kamenz zeitgleich sechs Veranstaltungen gegen die derzeit geltenden Corona-Schutz-Maßnahmen statt. Das Echo blieb nicht aus.

Kamenz. „Sind so kleine Hände ...“ Mit den ersten Textzeilen des bekannten Liedes von Bettina Wegner beginnen der Kamenzer Rechtsanwalt Maik Weise und die Präsidentin des Ostsächsischen Schwimmsportvereins (OSSV) Kamenz, Diana Karbe, eine Mitteilung, mit der sie auf die insgesamt sechs „Versammlungen unter freiem Himmel“ hinweisen, die am Mittwoch vor Ostern stattfanden. Mit diesen hätten sich die Veranstalter „gegen die andauernden sogenannten Corona-Schutz-Maßnahmen gewandt, die sich gegen die Interessen der Kinder und Jugendlichen richten“, so Weise, der auch als Vorsitzender der CDU-Stadtratsfraktion fungiert.

Das eingangs zitierte Lied habe auch den Auftakt einer Demonstration des Kinderschutzbundes im ehemaligen Stadtbad gebildet. Weitere Veranstaltungen wurden laut Maik Weise und Diana Karbe, die nach eigener Angabe für alle Organisatoren sprechen, von Kamenz Can Dance, Tomogara Ryu, dem Ostsächsischen Schwimmverein Kamenz, dem Polizeisportverein Kamenz sowie vom MYGYM Prime Gesundheitszentrum durchgeführt.

Den Ablauf beschreiben sie wie folgt: „Es war keine Kundgebung im sonst üblichen Sinne. ‚Wir lassen Kinder zu Wort kommen!’ war das Motto und so kam es auch. Kinder äußerten ihre Wünsche für ein bald wieder normales Leben – Kinder spielten unbeschwert und ohne Angst miteinander und mit ihren Eltern und Großeltern – Kinder zeigten durch ein öffentliches Training, wonach sie sich am meisten sehnen. Gemeinsam tanzen, gemeinsam Sport treiben oder einfach nur miteinander spielen.“ Oberbürgermeister Roland Dantz sei bei zwei Veranstaltungen vor Ort gewesen und habe sich ebenso beeindruckt wie verständnisvoll gezeigt. Eine offizielle Stellungnahme des OB oder der Stadtverwaltung dazu liegt nicht vor, jedoch wurde die von Maik Weise verbreitete Pressemitteilung im vollen Wortlaut auf der Homepage der Stadt Kamenz veröffentlicht.

Dies wiederum stößt bei der Stadtratsfraktion Die Linke auf Unverständnis. „Mit größter Irritation und Verwunderung“ haben man die Verlautbarungen auf den städtischen Kanälen zur Kenntnis genommen und distanziere sich „in jeder Form von der politischen Instrumentalisierung von Kindern und Jugendlichen“, wie Vorsitzender Alex Theile erklärt. Und weiter: „Wir sind verwundert, dass eine Beteiligung des Stadtrates vor der Veröffentlichung einer solchen weitreichenden Mitteilung zu keinem Zeitpunkt stattgefunden hat. Scheinbar macht sich aber die Stadtverwaltung Kamenz die Pressemitteilung der ‚Protestler’ sogar zu Eigen, indem sie diese auf der offiziellen Homepage und der Facebook-Seite der Stadt Kamenz so veröffentlicht.“

Oberstes Ziel sei auch für seine Fraktion die schnellstmögliche Rückkehr in das gewohnte Leben. Dafür bedürfe es aber der Überwindung der Corona-Pandemie. „Viel zu viele Menschen haben auch in unserer Stadt leidvoll erfahren müssen, was eine Infektion und deren Folgen bedeuten“, so Alex Theile. Die bisherige Informations- und Aufklärungsarbeit der Stadtverwaltung zu diesem Thema sei untragbar.

Die Linke machte auch konkrete Vorschläge: So soll die Jugend vor dem Stadtrat angehört, Testmöglichkeiten ausgebaut und in Schulen und Kitas in Luftfiltersysteme investiert werden. 

Nach Redaktionsschluss erreichte uns die Einladung zu einer gemeinsamen Pressekonferenz des Kamenzer OB und der Initiatoren der Aktionen vom 31. März am Freitag, deren Ergebnisse an dieser Stelle natürlich noch nicht berücksichtigt werden konnten.

Uwe Menschner / 17.04.2021

Was sagen Sie zu dem Thema?

Schreiben Sie uns Ihre Meinung

Die Mail-Adresse wird nur für Rückfragen verwendet und spätestens nach 14 Tagen gelöscht.

Mit dem Absenden Ihres Kommentars willigen Sie ein, dass der angegebene Name, Ihre Email-Adresse und die IP-Adresse, die Ihrem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, von uns im Zusammenhang mit Ihrem Kommentar gespeichert werden. Die Email-Adresse und die IP-Adresse werden natürlich nicht veröffentlicht oder weiter gegeben. Weitere Informationen zum Datenschutz bei alles-lausitz.de finden Sie hier. Bitte lesen Sie unsere Netiquette.

Kommentare zum Artikel "Nötiger Protest oder Instrumentalisierung?"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. W. Schuberr schrieb am

    "Kinder äußerten ihre Wünsche für ein bald wieder normales Leben – Kinder spielten unbeschwert und ohne Angst miteinander und mit ihren Eltern und Großeltern – Kinder zeigten durch ein öffentliches Training, wonach sie sich am meisten sehnen."

    Ja, was erwartet man denn anderes von ihnen! Sie haben schwer an den Folgen der Pandemie zu tragen. Es liegt in der Verantwortung der Erwachsenen, ihnen diese Last zu erleichtern und dazu beizutragen, dass sie nicht länger dauert wie nötig. Das tut man, indem man überlegt, wie Kinderleben und Sport auch unter diesen schwierigen Bedingungen möglich sind und wie man die Pandemie so schnell wie möglich überwindet, und nicht, indem man sich gegen alles stellt, was dazu beitragen könnte.

Weitere aktuelle Artikel