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OB schiebt Krone-Deal einen Riegel vor

OB schiebt Krone-Deal einen Riegel vor

Unter dem Motto „Ein Herz für Bautzens Krone“ sammelt eine Bürgerinitiative momentan Unterschriften. Sie will damit zeigen, dass eine Stadthalle hier zu Lande weiterhin benötigt wird.

Es geht weiter: Das Ringen um das 9.000 Quadratmeter große Krone-Areal im Herzen von Bautzen ist auch nach dem Mehrheitsbeschluss der Stadträte noch nicht beendet. Vielmehr sieht Oberbürgermeister Alexander Ahrens seine Zeit gekommen, um einzugreifen.

Bautzen. Das Stadtoberhaupt hat es frühzeitig angekündigt: Sollten sich seine Bürgervertreter für weitere Kaufverhandlungen mit der Berliner Onnasch-Gruppe aussprechen, wird er von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch machen. Genau das ist nun passiert, nachdem in der Vorwoche der Stadtrat mit 20 zu 11 Stimmen dafür plädierte, das einstige Stadthallengebäude samt Parkplatz wieder in kommunales Eigentum zu überführen.

Das Hauptargument vieler Befürworter liegt darin, dass es sich um die letzte größere zusammenhängende Fläche im Stadtzentrum handelt, die die Kommune in Eigenregie entwickeln könnte. Der Kaufpreis dafür liegt bei 2,2 Millionen Euro. Von diesem wollen die Hauptstädter grundsätzlich auch nicht mehr abrücken. Sie begründen dies unter anderem mit den auf dem Gelände getätigten Investitionen. Diese belaufen sich nach Auskunft von Mitgesellschafter Alexander Kindermann auf rund 2,3 Millionen Euro. Geld sei in der Vergangenheit unter anderem für die Anlage des Parkplatzes sowie die Instandhaltung und Verbesserung des Saales geflossen. Die jährlichen Einnahmen aus Gewerberaumvermietung und der Vergabe von Stellplätzen werden hingegen mit rund 235.000 Euro beziffert. „Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich die Stadtverwaltung samt Oberbürgermeister gegen die Bürger der Stadt und gegen die Mehrzahl der Stadträte stellt“, lautet die Einschätzung von Alexander Kindermann. FDP-Mann Mike Hauschild kann indes den Widerspruch von OB Ahrens nicht nachvollziehen: „Wir Antragsteller hatten uns im Vorfeld intensiv mit der Rechtssicherheit unseres Antrages beschäftigt.“ Diesen reichten die Liberalen gemeinsam mit der CDU, dem Bürgerbündnis Bautzen und dem Grünen-Stadtrat Claus Gruhl ein.

SPD-Fraktionschef Roland Fleischer, der sich wie Alexander Ahrens bislang vehement gegen weitere Kaufverhandlungen mit der Onnasch-Gruppe aussprach, erläuterte gegenüber dem Oberlausitzer Kurier, dass nach Auffassung des OB und des Rechtsamtes der Stadt verschiedene Verstöße gegen geltendes Recht vorliegen. In diesem Zusammenhang führte er eine Verletzung des Paragrafen 52 Absatz 1 sowie einen Verstoß gegen Paragraf 89 Absatz 2 der Sächsischen Gemeindeordnung an. 

„Der Beschluss greift in die innere Organisation der Stadtverwaltung ein, da er die BWB (kommunale Wohnungsbaugesellschaft, Anm. Red.) mit den Kaufverhandlungen beauftragt. Wer, wenn überhaupt, Kaufverhandlungen führt, liegt im Weisungsrecht des Oberbürgermeisters. Zudem beinhaltet der Beschluss, die Kaufverhandlungen über den Erwerb zum Verkehrswert zu führen. Der Verkehrswert über den Erwerb sowie der Zweck des Kaufs werden jedoch im Beschluss nicht definiert. Laut Gutachten variiert dieser nämlich je nach Zweck und kann eine Spanne von bis zu neun Millionen Euro bedeuten. Es ist weder eine einheitliche Meinung bezüglich des Zwecks noch überhaupt eine konkrete Richtung ersichtlich.“

SPD und Linke befürchten massive Folgekosten

Darüber hinaus schreibe die Sächsische Gemeindeordnung vor, dass beim Erwerb einer Immobilie die Erforderlichkeit gegeben sein muss. „Die Erforderlichkeit ergibt sich aus dem Zweck. Dieser ist nicht definiert, sodass auch die Erforderlichkeit nicht geprüft werden kann. Außerdem ist der Beschluss im Haushalt nicht berücksichtigt, er ist auch nicht in der Mittelfristplanung zu finden und könnte so in der Umsetzung zu massiven Verstößen gegen das Haushaltsrecht führen.“ Roland Fleischer warnte auch noch einmal davor, dass eine Umsetzung des Beschlusses zu massiven Folgekosten führen könnte. An diesem Punkt hakt Steffen Grundmann von der Linkspartei ein: „Fakt ist, dass die Krone kaum noch nennenswerte Veranstaltungen durchführte. Und das, obwohl ein privates Unternehmen dahintersteht – ein nicht unbedeutendes mit einer Bilanzsumme von circa 50 Millionen Euro, die zwei Drittel des Bautzener Haushalts entspricht. Jetzt soll die Stadt beziehungsweise eine ihrer Gesellschaften diese Halle erfolgreich betreiben? Mit welchem Personal, wo wir uns im letzten Haushalt um 0,25 Stellen streiten mussten? Und wo sparen wir dieses Geld, welches dafür nötig sein wird, denn ein? Bei den Freiwilligkeitsleistungen? Nicht mit uns. Unsere Aufgabe sollte es sein, den Fokus wieder auf die wirklich wichtigen Fragen zu lenken.“ Als Beispiele führte er an, bei Kita und Hort keine weiteren Gebührenerhöhungen vorzunehmen oder die Sanierung der Allende-Oberschule endlich in Angriff zu nehmen. Allein diese Maßnahme werde Zahlen aus dem Jahr 2017 zufolge über acht Millionen Euro kosten.

Roland Fleischer rechnet indes vor, wie teuer eine Verjüngungskur der Krone wäre: „Der Erhalt und die Sanierung des Gebäudes führen nach Schätzungen der Stadtverwaltung zu Kosten zwischen vier und sechs Millionen Euro. Der Erwerb ist hierbei noch nicht einmal berücksichtigt. Eine notwendige Sanierung des Bühnenhauses ist aus rechtlichen Gründen nicht möglich, der Transport moderner Bühnentechnik über den jetzigen Eingang technisch unmöglich und ein Neubau nach aktuellem Bundesbaurecht in der räumlichen Lage nicht erlaubt. Zudem gilt eine Halle mit 750 Plätzen nicht mehr als marktgerecht.“ Somit käme letztendlich nur der Abriss in Frage.

Was geschieht jetzt?

Seinen Stadtratskollegen empfahl er vor diesem Hintergrund, dem Widerspruch in der für den 23. Mai 2018 einberufenen Sondersitzung Folge zu leisten, „um dem Gesetz Rechnung zu tragen und den dauerhaften Nachteilen für die Stadt entgegenzutreten“. An diesem Tag sollen die Bürgervertreter über das Veto des OB abstimmen. Denn, so Alexander Ahrens: „Ich bin der Auffassung, dass der genannte Beschluss rechtswidrig (…) und für die Stadt Bautzen nachteilig ist. Im vorliegenden Fall wurde während sämtlicher Vorberatungen und Besprechungen deutlich, dass die den Beschluss befürwortenden Stadträtinnen und Stadträte sehr unterschiedliche Vorstellungen über eine zukünftige Nutzung des Areals haben. Vor diesem Hintergrund ist es mir nicht möglich, Verhandlungen im Sinne des Willens der Stadträtinnen und Stadträte zu führen, da ein einheitlicher oder auch nur in Maßen ähnlicher Wille nicht vorliegt und eben auch in der Formulierung des Beschlusses nicht zu erkennen ist.“ FDP-Stadtrat Mike Hauschild will bis zur Sondersitzung die Zeit nutzen, um die Begründung des OB genau zu prüfen. „Er hat jetzt neue Argumente angebracht, die in der Stadtratssitzung besprochen werden konnten. Es ist kein guter Stil, erst nach dem Beschluss damit zu kommen. Das gehört in eine sachlich korrekte Vorlage zur Stadtratsbehandlung hinein“, moniert der Freidemokrat.
Sofern das Stadtoberhaupt in Bezug auf sein Veto keine Mehrheit hinter sich versammeln kann, wird sich im Anschluss die Kommunal- und Rechtsaufsicht des Landratsamtes mit der Angelegenheit befassen und am Ende einen Bescheid erlassen, der vor Gericht anfechtbar ist. Bis zu einer Entscheidung, so hieß es seitens der Behörde schon einmal, habe der Widerspruch eine aufschiebende Wirkung. Der Beschluss kann also zunächst nicht umgesetzt werden.

Krone-Eigentümer verfolgen eigene Ziele

Inwieweit allerdings die Kommune in punkto Krone überhaupt noch zum Zug kommt, ist fraglich. Alexander Kindermann schweben bereits ganz andere Lösungen vor. Eigenen Angaben zufolge plant er, zeitnah mit den neuen Eigentümern des benachbarten Best Western Hotels Gespräche über einen möglichen Kauf des Saales zu führen. Unabhängig davon bekräftigte der Geschäftsmann noch einmal seine Aussage: „Wer die Krone haben will, bekommt sie auch – und zwar für nicht weniger und nicht mehr als 2,2 Millionen Euro.“
Ungeachtet dessen trennt sich die Onnasch-Gruppe rund um die Stadthalle von weiteren Immobilien. Allein in dieser Woche wollte sie die an der Steinstraße gelegenen Häuser 5 und 7 an einen Käufer aus dem Raum Kamenz veräußern. Für eines von beiden soll sich auch schon die Privatperson Alexander Ahrens interessiert haben, wie zu erfahren war. Doch der Wahl-Bautzener, der in seiner früheren Heimat seit Jahren mit einem Ex-Kollegen aus der Anwaltskanzlei Trempel & Associates Immobiliengeschäfte betreibt, nahm offenbar davon Abstand. Für die Steinstraße 3 fand sich bereits vor einiger Zeit ein neuer Besitzer.

Ungeachtet dessen sammelt die Sprecherin der Bürgerinitiative zur Rettung der Krone, Utta Winzer, weiter Unterschriften. „Wir bitten unsere Unterstützer, die die Petition noch nicht unterschrieben haben, dies zu tun.“ Im Stadtgebiet lägen dazu Listen aus. Auch im Netz lasse sich das Unterfangen unterstützen. Dazu müsse ein jeder nur die Suchwörter „Petition Bautzen Krone“ eingeben. Auf diese Weise gelangen Krone-Befürworter zum entsprechenden Online-Ersuchen.

Bisher hätten mehr als 1.200 Bürger auf diese Weise für den Erhalt der Stadthalle gestimmt, hieß es.

Roland Kaiser / 06.05.2018

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