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Platzt der große Kamenzer Schuldeal?

Platzt der große Kamenzer Schuldeal?

Wenn es knüppeldick kommt, ist das Papier, das hier der frühere Finanzminister Georg Unland (daneben Udo Witschas) in den Händen hält, in vier Jahren nur noch Makulatur. Foto: Archiv

Der Freistaat Sachsen sorgt durch neue Gesetze und Verordnungen für höhere Kosten. Das bringt ihn selbst und den Landkreis Bautzen in eine absurde Situation. Der Ausweg: Höhere Fördermittel.

Bautzen/Kamenz. So richtig vorstellen kann es sich niemand. „Und ich will mir das auch gar nicht ausmalen“, meint der 1. Beigeordnete des Bautzener Landrates, Udo Witschas (CDU).
Und doch kann er mit heutigem Stand nicht völlig ausschließen, dass der große Deal mit dem Freistaat Sachsen zur Neuordnung der weiterführenden Schullandschaft in Kamenz platzt.


Der Grund für das Dilemma liegt darin, dass gesetzliche Änderungen Umplanungen erforderlich machen, aus denen Mehrkosten resultieren. Da ist einerseits die Forderung, bei der Erweiterung des Lessing-Gymnasiums auf der Henselstraße einen Beitrag zur „Armutsbekämpfung“ zu leisten. Dieser Forderung kommen Landkreis und Stadt Kamenz nach, indem sie die Stadtbibliothek im Schulgebäude unterbringen. „Das entspricht den Richtlinien und ist auch schon entsprechend bestätigt“, so Udo Witschas.
Andererseits legen die Energieeinsparverordnung von 2016 und das Sächsische Schulgesetz von 2017 neue Anforderungen fest, die bei der ursprünglichen Planung noch nicht im Raum standen. So fordert das Schulgesetz im Sinne der Inklusion größere Klassenzimmer, was eine Änderung des Raumprogrammes zur Folge hat. Baulich machbar, aber natürlich mit Mehrkosten verbunden – „um 15 bis 20 Prozent gegenüber dem Planungsstand von 2015“, so der Beigeordnete.


Nun hat der Freistaat Sachsen für den Gesamtkomplex der Kamenzer Schulneuordnung großzügig Fördermittel gewährt – allerdings auf der Grundlage der Kostenberechnung von 2015. „Für die Mehrkosten gibt es dagegen noch keine Förderzusage“, so Udo Witschas. Unabhängig davon muss der Landkreis in jedem Fall einen höheren Betrag an Eigenmitteln aufbringen und haushalterisch darstellen.
Nun fängt die öffentliche Hand normalerweise erst zu bauen an, wenn finanziell alles in trockenen Tüchern ist. Das Dilemma jedoch: „Die gesamte Baumaßnahme muss laut den Förderbedingungen bis Mitte 2022 abgerechnet sein. Wenn uns das nicht gelingt, steht das gesamte Projekt in Frage.“ Was tun?

Die Kreisverwaltung, so Udo Witschas, hat sich dafür entschieden, den Bau wie geplant voranzutreiben. Das bedeutet, dass am 22. Oktober mit der Sanierung der 2. Oberschule Saarstraße begonnen wird. Die Voraussetzungen für die vorübergehende Beschulung der Oberschüler auf der Henselstraße sind geschaffen worden, der Umzug ist bereits vollzogen. Nach dem Abschluss der Arbeiten auf der Saarstraße zieht die 2. Oberschule dorthin zurück, und die Bauleute können sich auf der Henselstraße „austoben.“ So weit der Plan, an dem der Landkreis auch unter den noch unklaren aktuellen finanziellen Rahmenbedingungen festhalten will. „Diese sind im Vergleich zu den Folgen, wenn wir nicht rechtzeitig abrechnen, das kleinere Übel“, ist sich Udo Witschas sicher.


Denn: Die möglichen Folgen eines „Platzens“ des großen Kamenzer Schuldeals sind unüberschaubar und reichen über die städtische Schullandschaft hinaus. Hat sich doch der Freistaat Sachsen bereit erklärt, nach dem Abschluss der Arbeiten das dann leer stehende Schulgebäude an der Macherstraße (das frühere Albert-Schweitzer-Gymnasium) zu kaufen und hier den Staatsbetrieb Informatikdienste sowie das Sächsische Bildungsinstitut anzusiedeln. „Das alles würde in Frage stehen“, so der Beigeordnete.
Wahrlich eine absurde Situation: Der Freistaat Sachsen schafft durch neue Gesetze und Verordnungen ein Dilemma, das nur er selbst auflösen kann – indem er die Förderung an die dadurch gestiegenen Kosten anpasst. Udo Witschas hat auch keinen Zweifel daran, dass dies letztlich passiert – nur ist es bislang noch nicht der Fall. Böse Zungen könnten jetzt sagen: „Die eine Hand reißt ein, was die andere aufgebaut hat.“ Doch dass es wirklich dazu kommt, ist eigentlich undenkbar. Und so baut der Landkreis unverdrossen weiter, denn etwas anderes bleibt ihm auch kaum übrig.

Uwe Menschner / 14.10.2018

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