Direkt zum Inhalt springen
Info & Kommentare

Stadt will an Kita-Gebühren schrauben

Stadt will an Kita-Gebühren schrauben

Der Kita-Neubau am Schützenplatz entpuppt sich als Kostenfresser: Er wird teurer als gedacht. Die Stadt steht unter Druck. Sie muss nicht nur in dem Fall die Mehrkosten irgendwie einfangen. Foto: RK

Die Kosten für die Kinderbetreuung sind auch in Bautzen gestiegen. Vor diesem Hintergrund sieht sich die Rathausmannschaft dazu gezwungen, die Eltern stärker zur Kasse zu bitten. Das aber stößt in Teilen des Stadtrates auf erheblichen Widerstand. Eine andere Lösung muss her.

Bautzen. Achtung Eltern, es geht an Ihr Portemonnaie! Die Stadt will im kommenden Jahr die Elternbeiträge für die Kinderbetreuung in Krippen, Kindergärten und Horten offenbar anpassen. Entsprechendes werde derzeit geprüft, hieß es aus dem Rathaus. Den ersten Zahlen zufolge, die die Verwaltung zu Wochenbeginn veröffentlichte, sind teils kräftige Beitragserhöhungen vorgesehen. Betroffen davon ist vor allem die Neun-Stunden-Betreuung in Krippe und Kita. Am Donnerstag wollte der Sozialausschuss über die geplante Maßnahme beraten, bevor sich der Stadtrat voraussichtlich im Januar mit der Thematik befasst. 

Kommune legt neue Kita-Gebühren vor

Konkret geht es um folgendes: Für die tägliche neunstündige Betreuung eines Krippenkindes bezahlen Eltern momentan 209 Euro. Künftig könnte sich der Betrag auf 252 Euro erhöhen. Ähnlich stark fällt die Beitragssteigerung für den gleichen Betreuungszeitraum im Kindergarten aus. Eltern müssen damit rechnen, dass sie fortan 146 Euro zahlen anstatt 128 Euro, wie es aktuell zutrifft. Für die sechsstündige Betreuung im Hort, die momentan pro Monat mit 73 Euro in Rechnung gestellt wird, ist hingegen ein Anstieg der Beiträge um zehn Euro angedacht. Unterm Strich geht es um 23 Kindertageseinrichtungen, die entweder von der Kommune oder von freien Trägern betrieben werden. Dazu kommen 18 Kindertagespflegestellen. Unterdessen fällt im direkten Vergleich mit der Landeshauptstadt auf, dass selbst in Dresden Verheiratete und Lebensgemeinschaften für ein Krippenkind weniger Geld entrichten. Monatlich waren es zuletzt 216,49 Euro. Auch nach einer in der Diskussion befindlichen Erhöhung erweist sich der Elternbeitrag an der Elbe moderater als an der Spree. Jedoch besteht in Bautzen bezogen auf Kita und Hort noch Luft nach oben, führt man in den Punkten ebenfalls Dresden als Äquivalent an. Dort sind 155,92 Euro für die neunstündige Kindergarten- und 86,79 Euro für die sechsstündige Hortbetreuung zu entrichten. 

Widerstand im Stadtrat vorprogrammiert

Als Knackpunkt bei der ganzen Angelegenheit gelten die vom Freistaat im Sächsischen Kitagesetz eingeräumten Spielräume, nach denen sich eine Anpassung der Elternbeiträge richtet. In Kinderkrippen liegen diese bei 15 bis 23 Prozent, in Kindergärten bei 15 bis 30 und im Vorschuljahr beziehungsweise im Hort bei höchstens 30 Prozent der Betriebskosten. 

„Nach unserer Berechnung würden wir ohne Erhöhung auskommen und trotzdem im gesetzlichen Rahmen bleiben. Es müssen dazu die derzeitigen Höchstsätze abgeschmolzen werden“, erklärte der Fraktionsvorsitzende der Liberalen im Bautzener Stadtrat, Mike Hauschild. Die FDP will das jüngste Drehen an der Gebühren-schraube möglichst verhindern. „Selbstverständlich müssen wir steigende Kosten ausgleichen und gegebenenfalls, wenn es wirklich nicht anders geht, auch an die Eltern weitergeben. Diesen letzten Schritt sehen wir aber noch nicht gekommen, solange wir alle anderen Möglichkeiten nicht ausgeschöpft haben.“ 

„Jetzt ist zunächst beabsichtigt, die Eltern bei der Krippe mit 23 Prozent, beim Kindergarten mit 29 Prozent und beim Hort mit 30 Prozent zu belasten“, erläuterte SPD-Fraktionschef Roland Fleischer, um im gleichen Atemzug nachzuschieben: „Wir lehnen die Vorlage in der jetzigen Form ab, da sie ungerecht ist. Wir als Stadt müssen uns grundsätzlich über ein anderes System Gedanken machen. Bei prozentualer Berechnung ist die die Belastung für Einkommensstarke leicht zu tragen, während die Schwachen es sich so gut wie nicht mehr leisten können.“

„Die Position unserer Fraktion ist hier klar“, verdeutlichte indes Steffen Grundmann von der Linkspartei. „Wir sind gegen eine wie auch immer geartete weitere Erhöhung der Elternbeiträge.“ 

Das Bürgerbündnis Bautzen (BBBz) möchte hingegen den Vorschlag unterbreiten, den prozentualen Bereich der erlaubten Erhöhung abzusenken, um somit die finanzielle Belastung der Eltern zu minimieren. „Sie alle wissen, dass deutliche Mehrkosten in den Kitas zu erwarten sind“, mutmaßt BBBz-Stadträtin Karin Kluge. Allerdings sagt sie auch: „Diese dürfen jedoch nicht überdurchschnittlich hoch sein.“ Bedeutet unterm Strich: Eine Erhöhung muss nach Ansicht des Vereins moderat ausfallen. Er setzt große Hoffnungen auf das Verhandlungsgeschick einzelner Bürgervertreter und plädiert am Ende für einen Kompromiss, mit dem sowohl der Stadtrat als auch die Verwaltung leben kann. 

In den Reihen der CDU stellt sich hingegen die Frage, ob die noch zu diskutierende Kita-Gebührenerhöhung bereits Teil des Haushaltsentwurfes für das Jahr 2020 ist. „Sollte dies der Fall sein, so beantrage ich, davon bis zur Vorlage des Haushaltssatzungsentwurfs 2020 Abstand zu nehmen, da dies ein Präjudiz (Entscheidung, die für künftige Fälle, Beschlüsse, Ereignisse maßgebend ist, Anm. d. Red.) wäre und eine freie Entscheidung des Stadtrats über besagte Satzung unmöglich machen würde“, ließ Christdemokrat Dirk Lübke wissen. Er verwies zudem darauf, dass bei der Erarbeitung des Haushaltsentwurfes im Sinne eines „vorsichtigen Kaufmanns“ keine künftigen eventuellen Gebührenerhöhungen einzupreisen seien. In der Fraktion selbst gäbe es zum jetzigen Zeitpunkt noch keine abschließende Meinungsbildung. Klar sei jedoch, dass „grundsätzlich Anpassungsschritte wegen steigender Kosten nicht zu umgehen sind“.

Stadt verteidigt geplante Gebührenanpassung

Diese Auffassung vertritt auch die Verwaltung. „Jeder noch so ehrenwerte Vorschlag einzelner Fraktionen, die Eltern zu entlasten oder gar von der Finanzierung der Kinderbetreuung zu entbinden, würde den städtischen Haushalt in eine Schieflage versetzen und bedarf zwingend einer nachhaltigen Gegenfinanzierung“, betonte Rathaussprecher André Wucht. „Jedes Prozent Entgegenkommen durch die Kommune bewirkt Kürzungen in anderen Bereichen. Und in den kommenden Jahren führt es zudem zu einer Verlagerung und dann zu einer deutlichen Verschärfung des Problems. Im Koalitionsvertrag sind weitere erhebliche Schlüsselanpassungen und damit Kostensteigerungen angebahnt. Bautzens finanzieller Spielraum ist dahingehend ausgeschöpft. Wer heute glaubt, Geschenke verteilen zu müssen, auch wenn sie noch so gut gemeint sind, muss sich auch der Konsequenzen bewusst sein.“

Als Gründe für die anvisierte Beitragserhöhung führte die Stadtverwaltung steigende Energiepreise, die wachsenden Lohnkosten der pädagogischen Fachkräfte durch tarifliche Gehaltsanpassungen und den verbesserten Betreuungsschlüssel im Krippen- und Kindergartenbereich an. Für die Einstellung und Bezahlung des pädagogischen Personals seien die Städte und Gemeinden zuständig. Darüber hinaus finde die Kindertagespflege mit höheren finanziellen Zuwendungen mehr Akzeptanz. 

Die Linkspartei sieht hier den Ball beim Freistaat. „Es ist mehr als überfällig, dass sich das Land Sachsen endlich deutlich stärker an der Finanzierung dieser Kosten beteiligt“, argumentiert deren Fraktionsvorsitzende im Bautzener Stadtrat, Steffen Grundmann. „Natürlich kostet gute Kinderbetreuung Geld, und natürlich verdienen Erzieherinnen und Erzieher eine gute Bezahlung. Dies stellen wir mit einem Nein zu einer Erhöhung auch ganz klar nicht in Abrede. Aber hier ist eben Sachsen in der Verantwortung.“ Die Beitragsfreiheit für das dritte Zählkind sei schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung gewesen. Daran sollte man anknüpfen.

Neue Kita wird teurer als geplant

Stefan Mücke, Justizbeamter und ebenfalls FDP-Stadtrat, empfiehlt indes seinen Amtskollegen, den jüngsten Vorstellungen der Verwaltung die Zustimmung zu verweigern. Das Schüren von Ängsten, notfalls an anderer Stelle im Etat den Rotstift ansetzen zu müssen, kann er nicht gelten lassen. 

Wie auch bei Meldungen wie dieser. Nach bislang unbestätigten Informationen soll der Bau der neuen Betreuungseinrichtung am Schützenplatz bis zu 1,5 Millionen Euro teurer werden. Die Stadtverwaltung bestätigte zwar auf Anfrage eine Kostensteigerung, nannte jedoch keine weiteren Details. Nur so viel war zu erfahren: Die Aufgabenstellung habe sich zwischenzeitlich verändert. 

Stellt sich die Frage, wie andere Bauherren eine solch drastische Kostenentwicklung versuchen zu vermeiden. „Wir schreiben zunächst die kompletten Bauleistungen aus, bevor wir uns entscheiden zu bauen“, betonte die Geschäftsführerin der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft BWB, Kirsten Schönherr. „Wir kennen die Preise für das Vorhaben dann im Grunde schon und haben nur Unwägbarkeiten bezüglich eines etwaig anderen Baugrundes oder aufgrund von gegebenenfalls Unzulänglichkeiten im Leistungsverzeichnis. Preise und Mengen stehen jedenfalls fest, bevor es mit dem Bau losgeht.“ „Nach unseren Erfahrungen sind die Kostensteigerungen besonders drastisch in den Haustechnikgewerken“, erläuterte Falk Al-Omary aus Sicht seines Arbeitgebers, der Hentschke Bau GmbH. „Wir verzeichnen da bis zu 30 Prozent in den letzten drei Jahren. Im Rohbau sind es ungefähr zehn Prozent. Allgemein lässt sich sagen, dass die Kosten jedes Jahr um circa 2,5 Prozent steigen. Dies liegt zu einem Teil an den steigenden Lohnkosten. Die meisten Steigerungen kommen aber aus den Materialien, wie zum Beispiel aus Stahl und Beton.“ Und weiter: „Verhindern lassen sich Kostensteigerungen nur durch eine gute Planung im Vorfeld. Es sollte in jedem Fall die Entwurfsplanung abgeschlossen sein und es empfiehlt sich auch bereits die Ausführungsplanung zu fertigen, bevor man Verträge mit Ausführenden schließt. Diese Planungen müssen von erfahrenen Ingenieuren geprüft werden, ehe sie zur Ausführung freigegeben werden.“ 

Roland Kaiser / 14.12.2019

Was sagen Sie zu dem Thema?

Schreiben Sie uns Ihre Meinung

Die Mail-Adresse wird nur für Rückfragen verwendet und spätestens nach 14 Tagen gelöscht.

Mit dem Absenden Ihres Kommentars willigen Sie ein, dass der angegebene Name, Ihre Email-Adresse und die IP-Adresse, die Ihrem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, von uns im Zusammenhang mit Ihrem Kommentar gespeichert werden. Die Email-Adresse und die IP-Adresse werden natürlich nicht veröffentlicht oder weiter gegeben. Weitere Informationen zum Datenschutz bei alles-lausitz.de finden Sie hier. Bitte lesen Sie unsere Netiquette.

Weitere aktuelle Artikel