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Unfallschwerpunkt entschärft oder nicht?

Unfallschwerpunkt  entschärft oder nicht?

Landschaftsgärtner Denis Röhrer zeigt, dass nicht nur das Bankett neben der Fahrbahn von zahlreichen Verkehrsteilnehmern überfahren wird, sondern selbst der Grünstreifen, der so kaum anwachsen kann. Insbesondere LKW könnten die Kurve schwer sauber nehmen.

Seit Jahresende 2018 ist die Abzweigung in Kodersdorf an der B115 in Richtung Särichen/Rothenburg neu gestaltet. Doch so richtig überzeugt sind viele Nutzer von der Umsetzung nicht. Denis Röhrer sieht in dieser gar einen Schildbürgerstreich.

Kodersdorf. Denis Röhrer passiert täglich auf dem Weg von seinem Wohnort Mückenhain zu seiner Arbeitsstätte in Weißenberg zweimal die neu gestaltete Abzweigung der B115 zwiaus bzw. in Richtung Särichen und Rothenburg.
Der Ausbau der Kreuzung an der Straße von Görlitz nach Niesky sollte von Anfang August 2018 bis Dezember 2018 vonstatten gehen. Der Baubeginn hatte sich zunächst verzögert, die Beendigung des Umbaus war dann jedoch im Dezember geschafft.
„Diese Kreuzung ist bisher intakt gewesen“, stellt Denis Röhrer fest, doch als Landschaftsgärtner sei ihm aufgefallen, dass mehr als an anderen neuralgischen Verkehrspunkten hier nun der Grünstreifen von Abbiegenden geschnitten werde. Und dies bedeute auch Gefahren, wenn z.B. zum Frühjahr belagfremdes Material auf die Fahrbahn geschleudert werde und das insbesondere das Abbiegen von Motorradfahrern unberechenbar mache.
Denis Röhrer gehört nicht zu notorischen Nörglern. „Es ist das erste Mal, dass ich mich an eine ausführende Behörde gewandt habe, in diesem Fall an das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LaSuV) in Bautzen“, betont er. Sein Vorgehen in diesem Fall sei wohl der Verwandtschaft seines eigenen Berufsfeldes – der Landschafts-gärtnerei – zum Straßenbau geschuldet, nennt er als Auslöser für sein Vorgehen.
Aus Niesky kommend gibt es nun auf der B115 eine Linksabbiegerspur in Richtung Särichen. Und auf der Kreuzung selbst wurde eine Verkehrsinsel hinzugefügt. Ansonsten ist die Größe der neuen Kreuzung im Grunde unverändert.
„Es war die Absicht, einen Unfallschwerpunkt zu beseitigen. Die Geometrie der Kreuzung entsprach nicht den gültigen Anforderungen gemäß der Richtlinien für die Anlage von Straßen (RAL).
Dieser Missstand wurde mit der Durchführung der Baumaßnahme entsprechend den gültigen, anerkannten Regeln der Technik beseitigt“, teilt dazu auf Anfrage des Niederschlesischen Kuriers das LaSuV mit. „Somit entsprechen die Radien auch den allgemeinen Vorgaben von Schwerverkehr-Schleppkurven.

Dass trotz alledem in den Kurvenbereichen vom Schwerverkehr teilweise die Randbereiche überfahren werden, liegt vermutlich am eigenwilligen Fahr- und Geschwindigkeitsverhalten der Verkehrsteilnehmer, auf das nur die Polizei (begrenzten) Einfluss hat. Im Übrigen wurden die o.g. Schleppkurven im Rahmen einer Kontrollprüfung nachgewiesen“, ergänzt das LaSuV.

Diese Einschätzung betrachtet Denis Röhrer als nicht wirklich praxisnah. „Hier hat sich mit dem Ausbau der Abbiegeradius so stark verändert, dass die LKW nun in einem fast 90-Grad-Radius nach rechts abbiegen müssen, um gleich wieder in eine Linkskurve einzuschwenken. Dies hat in den allermeisten Fällen zur Folge, dass die Abbiegespur nicht ausreichend breit genug ist, so dass der LKW-Fahrer nicht nur das Bankett am Fahrbahnstreifen, sondern auch die angrenzende Grünfläche nutzen muss, um die Kurve fahren zu können. Die Reifenspuren sieht man also ebenso bei mit Bedacht fahrenden Lkw-Fahrern.“ Doch selbst, wenn hier Fahrer nicht mit dem erhofften Fahrstil am Lenker sitzen, könnte allein die Fülle der Überfahrungen des Grünstreifens Beleg dafür, dass man vielleicht doch keine gute Abwägung getroffen habe. „Der Trend geht ja ohnehin bei vielen Dingen dahin, dass Eigenverantwortung hinter der Erziehung immer weiter zurücktreten muss“, beklagt Röhrer.

Gleich hinter dem Kreuzungsbereich befindet sich eine Volvo-LKW-Werkstatt sowie das Bauunternehmen Nadebor. Zudem passieren die Stelle regelmäßig Holztransporte. Der Schwerlastverkehr ist also allein aufgrund dieser drei Faktoren nicht unerheblich. „Schon kurz nach Eröffnung der umgebauten Kreuzung waren die Fahrspuren im Grünflächenbereich sichtbar. Dieser Zustand hält bis heute an“, stellt Röhrer fest, der sich nach Unmut auch von anderen Verkehrsteilnehmern im Ort zunächst an die Gemeindeverwaltung Kodersdorf wandte. Letztlich habe ihm das LaSuV als zuständige Behörde mitgeteilt, dass die Kreuzung bis dato ein Unfallschwerpunkt gewesen sei – auch aus dem Grunde, dass die Rechtsabbieger von der B115 in Richtung Särichen nicht vor dem Abbiegen abbremsen würden.
Während der Bauphase habe man die Stelle mehrfach mit LKW getestet, ob diese den Radius nur auf dem Asphalt fahren können, ohne das Bankett oder gar den Grünstreifen nutzen zu müssen. Röhrer betont: „Während der Bauphase heißt also letztlich, dass ein Test im regulären Verkehr nicht mehr in die Überlegungen einbezogen wird“. Immerhin ist an dieser Stelle zu beachten, dass viele Verkehrsteilnehmer von der Autobahn kommend und in Richtung Niesky fahrend Kodersdorf im Kurvenbereich verlassen. Der einsetzende Beschleunigungsdruck vom folgenden Verkehr drückt also unterschwellig auch die Abbiegenden.
Der Mitarbeiter des LaSuV habe ihm gegenüber ferner betont, dass die Verkehrsinsel hinzugekommen sei, um die Autofahrer zu zwingen, langsam den Kreuzungsbereich zu befahren. „Dass dafür aber ein Abbremsen notwendig ist und dass infolgedessen auch Auffahrunfälle durch den rückwärtigen Verkehr passieren können, verneinte er“, erinnert sich Denis Röhrer, den vor allem ärgert, dass der Mitarbeiter einräumte, sich im Anschluss an die Baumaßnahme diese nicht noch einmal angeschaut zu haben.

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Am Ortseingang von Särichen hatte die Verkehrsinsel den Verkehr zwar gestoppt, jedoch manche Nutzer zur Nutzung der Gegenfahrbahn animiert, so dass der neue Gefahrenpunkt später noch einmal nachgebessert wurde. Foto: Till Scholtz-Knobloch

„Aber wie kann sich das Amt dann so sicher sein, dass sich in der Praxis eine erhöhte Gefahr von Auffahrunfällen nicht ergibt?“, fragt sich Denis Röhrer und sieht in der Maßnahme in seiner bisherigen Ausführung einen „Schildbürgerstreich und ein sinnloses Verbrennen von Steuergeldern“. Seiner Ansicht müsse hier noch einmal nachgebessert werden. Dass auch Behörden dies nach Praxiserfahrungen durchaus zu tun bereit seien, könne man nur ein kurzes Stück hinter der Abzweigung am Ortseingang von Särichen sehen. Eine zur Abbremsung eingerichtete Verkehrsinsel sei so scharf bemessen gewesen, dass viele Autofahrer und selbst der Busverkehr diese oft auf der Gegenspur genutzt hätten. Daraufhin habe man hier vor wenigen Jahren noch einmal nachgebessert.

Doch eine solche Einschätzung hat sich bislang im Bezug auf die Abzweigung an der B 115 noch nicht Bahn gebrochen. Auf die Frage des Niederschlesischen Kuriers, ob es Überlegungen gäbe ggf. noch baulich nachzubessern antwortet das LaSuV: „Nein. Die Kreuzung entspricht den Anforderungen der aktuellen und gültigen Fassung der ’Richtlinie für die Anlagen von Stadtstraßen’ (RASt 06).“ Insofern ist wenig verwunderlich, dass es auf das Nachhaken nach einer etwaigen Berücksichtigung von Anwohner- oder Nutzerinteressen nach Erfahrungen aus der Praxis lakonisch heißt: „Die Arbeiten sind abgeschlossen.“
Denis Röhrer ist enttäuscht über die seiner Ansicht nach vorliegende „Beratungsresistenz“ und fragt: „Muss e erst zu Unfällen kommen, bevor eine Änderung passiert?“.
Aber auch dann wäre ein Vergleich natürlich schwierig. Letztlich war Ausgangspunkt für den Umbau die Unfallhäufigkeit vor dem Umbau. „Die Unfallkommission (Landratsamt/Verkehrsbehörde, Polizei, LASuV) hat die Unfallhäufigkeit festgestellt“ betont das LaSuV mit Blick auf die Zeit vor dem Umbau der Abzweigung. „Mit der Abnahme der Planung und Abnahme der Bauleistung ist die Tauglichkeit gegeben“, heißt es final.

Till Scholtz-Knobloch / 20.02.2019

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