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Voll der Osten – Leben in der DDR

Voll der Osten – Leben in der DDR

Konrad Fischer, Leiter des Heimatmuseums der Stadt Herrnhut, hofft, dass die Besucher durch die aktuelle Sonderausstellung „Voll der Osten – Leben in der DDR“ ins Gespräch kommen. Foto: Steffen Linke

Das Heimatmuseum der Stadt Herrnhut präsentiert derzeit die Fotoausstellung „Voll der Osten – Leben in der DDR“ von Harald Hauswald mit Texten von Stefan Wolle. Im Mittelpunkt stehen dabei die 80er Jahre in der Deutschen Demokratischen Republik. Die Sichtweise darauf liegt natürlich im Auge des Betrachters. 

Herrnhut. Vor 30 Jahren fiel die Berliner Mauer. Ein Zeitraum, in dem manche Erinnerungen verblassen. Die Sonderausstellung im Herrnhuter Heimatmuseum lädt zu einer Bilderreise in die Zeit der Teilung ein. Gezeigt wird eine ungeschminkte DDR-Realität, an die sich heute selbst Zeitzeugen kaum mehr erinnern. 
Als Titelbild sticht ein Motiv von Jugendlichen in einem recht trostlosen Umfeld vor einer Gaststätte bzw. einem Kulturhaus ins Auge. Die Besucher können auf 20 Tafeln über 100 bekannte und unbekannte Fotos von Harald Hauswald in Augenschein nehmen – unter anderem in den Rubriken von „Macht“, über „Sehnsucht“, „Gemeinschaft“, „Neugier“, „Lüge“, „Verfall“ bis hin zu „Rebellion“ und „Flucht“. 

Die bröckelnde Fassade eines Konsums zeigt zum Beispiel den dramatischen Verfall der Altbauviertel in den 80er Jahren. Auf einem Pressefoto des Neuen Deutschlands von 1985 sind getreu dem Motto „Der Frieden muss bewaffnet sein“ Grundschüler zu sehen, die schon an Kriegswaffen herangeführt werden. 

Ein NVA-Schwimmpanzer im Maßstab von 1:87 steht symbolisch für die Macht. Forumschecks erinnern an das Zahlungsmittel in den Intershops. Intershop war eine Einzelhandelskette in der DDR, deren Waren nur mit konvertierbaren Währungen, später auch mit Forumschecks, jedoch nicht mit Mark der DDR bezahlt werden konnten. Der normale DDR-Bürger bekam dadurch einen begrenzten Einblick in das Warenangebot des Westens. In der Ausgabe des Neuen Deutschlands vom 9. Oktober 1989 titelt das Zentralorgan der SED trotz der damaligen politischen Unruhen in einer Hofberichterstattung „Die Entwicklung der Deutschen Demokratischen Republik wird auch in Zukunft das Werk des Volkes sein.“ Die Palette der Exponate reicht weiter bis hin zu Mitgliedsabzeichen von Parteien und Massenorganisationen. 

Der 1954 in Radebeul geborene Fotograf Harald Hauswald gilt als bedeutender kritischer Bildchronist der Endzeit der DDR. Die Texte der Ausstellung hat der Historiker und Buchautor Stefan Wolle verfasst, der wie der Fotograf in der DDR aufgewachsen ist. Stefan Wolle, geboren 1950, ist Wissenschaftlicher Leiter des DDR Museums Berlin und Mitarbeiter des Forschungsverbundes SED-Staat der FU Berlin. Vor dem biografischen Hintergrund der beiden „Macher“ dieser Ausstellung überrascht es nicht, dass die gezeigten, realistischen Bilder wenig mit den damals eher üblichen, staatlich verordneten Idealbildern zu tun haben. Die Ausstellung betreibt trotzdem keine ausschließliche Schwarzmalerei. Und so sind auch unbekümmerte und humorvolle Szenen aus dem Alltagsleben fotografisch festgehalten.

QR-Codes auf den Ausstellungstafeln führen zu kurzen Videointerviews im Internet, in denen der Fotograf darüber berichtet, wie und in welchem Kontext das jeweils zentrale Foto der Tafel entstanden ist. Ergänzt wird die Ausstellung durch einige originale Objekte und Dokumente der damaligen Zeit. Konrad Fischer, Leiter des Kultur- und Fremdenverkehrsamtes und des Heimatmuseums der Stadt Herrnhut, hofft, dass die Besucher durch die Exposition ins Gespräch kommen. Denn manche haben diese Zeit in der DDR bekanntlich so gesehen, andere wieder aus einem völlig anderen Blickwinkel – auch je nach eigenem Erleben und Erfahrungswerten. Vielleicht hilft auch der Abstand von vielen Jahren, einen klaren Blick darauf zu bekommen. Wie anfangs schon gesagt: Die Sichtweise liegt natürlich im Auge des Betrachters. 

Die Ausstellung ist bis zum 12. Mai zu folgenden Öffnungszeiten zu sehen: Dienstag bis Freitag von 9.00 bis 17.00 Uhr, Samstag, Sonntag und an den Feiertagen von 10.00 bis 12.00 und 13.00 bis 17.00 Uhr. 

Steffen Linke / 22.04.2019

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Kommentare zum Artikel "Voll der Osten – Leben in der DDR"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Erhard Jakob schrieb am

    Bei der Vergangenheitsbewältigung sind wir Vorreiter und bei der Gegenwartsbewältigung sind wir Schlusslicht!

  2. Erhard Jakob schrieb am

    Wer sich das Gästebuch zu dieser Sonderausstellung ansieht. Wird feststellen, dass viele die Meinung vertreten, dass die Ausstellung: *Voll der Osten - Leben in der DDR* sehr unfair, parteiisch, befangen und nur auf *Minus* ausgerichtet worden war bzw. ist. Also von mir kommt auch kein Lob.

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