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Was passiert mit dem
 bewilligten SED-Geld?

Was passiert mit dem
 bewilligten SED-Geld?

Dieses Panorama bietet sich dem Betrachter, wenn er vom Protschenberg auf die Bautzener Altstadt blickt. Eine 150 Meter lange Brücke könnte es in Zukunft beeinträchtigen, meinen Kritiker. Foto: RK

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Weil aus einem Felsmassiv unaufhörlich Wasser austritt, befürchtet ein Grundstückseigentümer Schäden an seinem Garagenbau. Dieser wächst momentan nahe des Gesteins empor. Foto: privat

Es geht um viel Geld: Rund eine Million Euro an Fördermitteln könnte die Stadt für ein Bauprojekt beziehen. Doch ob diese Summe tatsächlich einmal überwiesen wird, ist derzeit fraglich. Der Betrag stammt aus einstigen SED-Mitteln, die Bund und Land bereits 2018 verteilt haben. Damit wollte die Stadtspitze ursprünglich eine Brücke zwischen Protschenberg und Ortenburg errichten. Allerdings ranken sich um das Vorhaben Fragezeichen.

Bautzen. Wasser rinnt seit Tagen literweise aus dem Felsmassiv, auf dem die Ortenburg thront. Man könnte meinen, das Gestein weint in Hinblick auf das Hickhack um die geplante Spreequerung, die einmal das historische Gebäudeensemble mit dem Protschenberg auf der anderen Uferseite verbinden könnte. Das Millionenvorhaben ließ die Kommune bereits im vergangenen Jahr auf eine Liste von Maßnahmen setzen, für die nach der Wende konfiszierte SED-Gelder fließen sollen. Und damit hatte sie auch Erfolg. Das Kabinett in Dresden erteilte grünes Licht für eine Förderung des von Beginn an umstrittenen Bauprojekts. Während der Stadtratssitzung im März erfolgte schließlich der Paukenschlag, mit dem zu diesem Zeitpunkt niemand rechnete: „Der OB hat mitgeteilt, dass die SED-Mittel nicht für die Brücke genutzt werden können, da die Stadt nicht weiß, ob sich das Geld auch für Teile des Gesamtprojekts nutzen lässt“, erinnert sich FDP-Mann Mike Hauschild im Gespräch mit dem Oberlausitzer Kurier. „Sie geht offensichtlich davon aus, dass das Gesamtprojekt nicht bis Ende 2022 fertiggestellt werden wird. Bei dem bisherigen Tempo ist das durchaus glaubhaft.“ 

Das Dilemma beschäftigt auch CDU-Stadtrat Dirk Lübke. Er wandte sich zu Monatsbeginn mit sechs Fragen an das Stadtoberhaupt, um in Erfahrung zu bringen, wie in puncto SED-Millionen, die Behördenkreise auch als PMO-Mittel bezeichnen, nun weiter verfahren werden soll. Kurz und knapp fiel die Antwort aus, die der Christdemokrat zwei Wochen später aus dem Büro von OB-Referent Markus Gießler erhielt. In der E-Mail, die unserer Zeitung in Kopie vorliegt, heißt es wörtlich: „Da die gesamte Sachlage sehr komplex ist und unterschiedliche Ministerien und Institutionen bei der Verwendung der PMO-Mittel involviert sind, verzögert sich die Beantwortung Ihrer Anfrage. Dafür bitten wir um Verständnis. Wir sprechen derzeit mit den unterschiedlichsten Stellen bezüglich der Verwendung der Mittel, da zum einen die Fristen von Bundesebene vorgegeben werden und zum anderen die Ausgestaltung beim SMWA (Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Anm. der Red.) sowie der Landesdirektion liegen und die Finanzierung über das Sächsische Finanzministerium abgewickelt werden.“ 

Doch damit will sich Dirk Lübke nicht zufrieden geben. Er setzte dem Stadtoberhaupt bis Freitag dieser Woche eine letzte Frist, um auf seinen Fragenkatalog konkrete Antworten zu erhalten. Unter anderem möchte er in Erfahrung bringen, inwiefern OB Ahrens Sachsens Staatsregierung von Anfang an klar gemacht hat, dass das Projekt „Fußgängerbrücke Bautzen (Neubau)“ möglicherweise nicht in der vorgeschriebenen Zeit realisierbar ist. Ferner stellte der CDU-Stadtrat fest: „Bei dem Projekt ergaben sich von Anfang an Fragen der Machbarkeit und auch Unwägbarkeiten des Bürgerwillens. War es unter diesem Aspekt zu verantworten, der sächsischen Staatsregierung gerade dieses Projekt für die Finanzierung aus PMO-Mitteln vorzuschlagen?“

Aus dem Finanzministerium verlautete inzwischen, dass die Mittel konkret von der Stadt Bautzen beantragt beziehungsweise abgerufen werden müssten. „Das ist bisher noch nicht geschehen“, teilte Sprecherin Sandra Jäschke mit. „Grundsätzlich beträgt der Verwendungszeitraum vier Jahre, das bedeutet, es ist auch noch Zeit.“ Vor diesem Hintergrund verfolgt das bürgerliche Lager im Stadtrat inzwischen einen nicht ganz neuen Denkansatz. „Da wird es eine ganze Reihe von guten Verwendungen geben“, meint Mike Hauschild. „Diese reichen von der weiteren Gestaltung des Kornmarktes bis hin zu Zuschüssen für private Grundstückseigentümer als Anreiz, damit die letzten Ruinen aus dem Stadtbild verschwinden. Für die naheliegendste und im Sinne der Fördergeldgeber auch ehrlichste Lösung halten wir jedoch die Verwendung der SED-Gelder für die Krone-Modernisierung.“ Die Stadthalle wurde zu tiefsten DDR-Zeiten im Zuge der 9. Arbeiterfestspiele errichtet, die 1967 im Großraum Dresden stattfanden. Mit der Dresdener Philharmonie unter Kurt Masur wurde der damals neue Saal festlich eingeweiht und erlebte noch im selben Jahr seine erste Theaterpremiere. 

Um das zu erreichen, müsste die Stadtverwaltung entsprechend aktiv werden. Doch, so FDP-Fraktionschef Hauschild: „Ein alternatives Projekt wurde vom OB bisher kategorisch ausgeschlossen.“ Das Stadtoberhaupt hatte im Zuge der Diskussion um einen Erwerb der Krone durch die Kommune stets betont, dass es mit ihm keine städtischen Investitionen in den Veranstaltungssaal geben werde. Und was meint das Finanzministerium zu diesem Vorstoß? „Die Mittel sind den Projekten zugeordnet. Für den Fall, dass sich etwas als nicht förderfähig erweist, ist eine Liste mit Ersatzmaßnahmen vorhanden, die ebenfalls beschlossen wurde.“ Bei der Krone handele es sich um ein neues Projekt, was auf der Liste von 2018 nicht aufgeführt ist. „Eine Berücksichtigung dieser Maßnahme ist bereits deshalb nicht möglich. Ob und gegebenenfalls wann zukünftig noch weitere PMO-Mittel ausgekehrt werden, ist nicht bekannt. Da aktuell keine Mittel verfügbar sind, werden auch keine Anträge sozusagen auf Vorrat angenommen. Entsprechend würden konkrete Verfahrensregelungen erst im Zusammenhang mit dem etwaigen Erhalt neuer Mittel festgelegt.“

Dem Wasser scheint das egal zu sein. Nach den von der Stadt in Auftrag gegebenen Probe-bohrungen rann es zuletzt weiter ungebremst aus dem Felsmassiv. Bis zu drei Kubikmeter pro Tag seien es schätzungsweise, meinte der betroffene Immobilienbesitzer. „Während der Probebohrungen liefen Hunderte Liter Wasser aus verschiedenen Stellen des Felsens auf unser Grundstück. Man erklärte uns auf Nachfrage, dass dies nach zehn Stunden erledigt sei. Dem war nicht so. Und so hieß es, wir warten weitere 48 Stunden ab. Als es nach wie vor massiv lief, redete man schon von zwei Wochen. Aktuell läuft das Wasser an zwei Stellen noch immer auf das Grundstück und die Pfützen bleiben trotz der Trockenheit bestehen.“ Hat der Bohrtrupp womöglich ungewollt eine Wasserader angezapft? „Ein Ingenieur, der mit der Angelegenheit befasst ist, geht inzwischen davon aus, dass Schichtwasser aus dem Gestein läuft. Mit diesem wird auch ein Brunnen auf der Ortenburg gespeist.“ Das vermochte Rathaussprecher André Wucht so nicht zu bestätigen. Er beruhigte: „Es kann davon ausgegangen werden, dass das austretende Wasser das Bohrwasser ist, welches sich noch im Fels befindet und sich seinen Weg durch bestehende Felsklüfte sucht.“ Die Situation werde in Absprache mit dem betroffenen Grundstückseigentümer weiter beobachtet und bewertet. Um das tun zu können, sei die Bohrung nicht so tief ausgeführt worden wie ursprünglich geplant. 

Zu hoffen bleibt indes, dass bezogen auf alternative Maßnahmen, die sich mit Hilfe der SED-Mittel womöglich in Angriff nehmen lassen, seitens der Kommune noch einmal kräftig in Dresden nachgebohrt wird. Denn auch eine reiche Stadt wie Bautzen kann sich eine solche Millionenförderung nicht entgehen lassen. Darin sind sich die Stadträte fraktionsübergreifend einig.

Roland Kaiser / 28.04.2019

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