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Wer war eigentlich dieser Renatus?

Wer war eigentlich dieser Renatus?

Die Bewohner der Renatusstraße wollen „ihren“ Namenspatron jetzt dem Vergessen entreißen. Die Plakette ist an jedem Grundstückszugang angebracht. (Fotomontage)

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Wolfgang Jironsek präsentiert den Entwurf für das Banner, das auf das Straßen-Jubiläum hinweisen wird. Andrea Spee-Keller zeigt zwei Bücher aus der Feder von Renatus. Foto: Carmen Schumann

Viele Bautzener Straßen tragen die Namen bedeutender früherer Bürger der Stadt. Einige, wie Gregorius Mättig oder Kaspar Peucer, kennt man noch heute. Andere sind weitgehend vergessen – wie Renatus. Doch das soll sich jetzt ändern.

Bautzen. Vor 100 Jahren war hier, wo sich in der Nähe des heutigen Sitzes von Regio-Bus die Renatusstraße befindet, noch freies Feld. Allerdings gab es schon einen Bebauungsplan. Dort ist die Straße als „Straße Nummer 5“ aufgeführt. Am 20. Oktober 1925 beschloss der Bautzener Stadtrat die Umbenennung in Renatusstraße. Ab 1926 wurden dann dort die ersten Häuser gebaut, hübsch mit Vorgärtchen. 

Wolfgang Jironsek ist einer der Bewohner eines solchen Hauses. Als er einmal nach seiner Adresse gefragt und mit der Nachfrage „Wer war das denn?“ konfrontiert wurde, war das für ihn der Anlass, einmal nachzurecherchieren. 

Im Bautzener Stadtarchiv wurde er fündig und stieß unter anderem auf jenes Dokument über den Stadtratsbeschluss. Wolfgang Jironsek rief im Sommer vorigen Jahres die Bewohner seiner Straße zusammen und stieß auf ein unerwartet großes Echo. Seitdem hat es weitere Zusammenkünfte gegeben und der Plan einer Würdigung des Straßen-Jubiläums nahm Gestalt an. Als erstes Ergebnis wurde am 14. Mai eine Tafel enthüllt, die darüber aufklärt, wer sich hinter dem Namen Renatus verbirgt. „Renatus ist ein Pseudonym und bedeutet so viel wie der Wiedergeborene oder der Wiedergenesene“, erklärt Wolfgang Jironsek. Sein richtiger Name war Prof. Johannes Andreas Freiherr von Wagner. Geboren am 5. September 1833 in Freiberg, kam er in den 1860er Jahren nach Bautzen, wo er als Straßen- und Wasserbau-Inspektor tätig war. Seine drei Kinder wurden in Bautzen geboren. Gesellschaftlich war er sehr aktiv. Er war unter anderem Vorsitzender des Bautzener Gewerbevereins und gab dessen Zeitschrift heraus. Fünf Jahre lang gehörte er dem Sächsischen Landtag an. 1877 wurde er als Professor an die Technische Hochschule nach Braunschweig berufen. 

Auch dort hat er sich offensichtlich dermaßen engagiert, dass er sich wegen Überarbeitung ein Nervenleiden zuzog, was ihn bewog, in seine sächsische Heimat zurückzukehren. Er nahm seinen dauerhaften Wohnsitz in Dresden, wo er am 26. Mai 1912 starb. In seiner Dresdener Zeit erwarb er sich einen guten Ruf als Heimat- und Mundart-Dichter. So entstammen die auch heute noch recht bekannten zehn Mundart-Bände „Allerlee aus dar Äberlausitz“ aus seiner Feder. Obwohl der Freiberger nicht mit der Oberlausitzer Mundart aufgewachsen war, fand er Gefallen an dem Dialekt dieses heimatverbundenen Menschenschlages. Renatus pflegte einen engen Kontakt mit der hiesigen Landbevölkerung. Insgesamt hat er rund 30 Bücher über die Region herausgegeben. Er war als Dichter deutschlandweit bekannt und machte mit seinen Büchern dadurch auch den Oberlausitzer Dialekt bekannter.

Die Feierlichkeiten zum Straßenjubiläum treten nun in die „heiße Phase“. Der krönende Höhepunkt wird ein Straßenfest sein, das im August stattfinden soll. Die Straße wird dann gesperrt werden und mitten auf dem (übrigens ebenfalls 100-jährigen) Pflaster wird ein Festzelt aufgestellt. Der bekannte Mundartdichter Hans Klecker wird als Ehrengast erwartet. Wolfgang Jironsek freut sich, dass so viele Anwohner mit ihm an einem Strang gezogen haben, um das Fest würdig vorzubereiten. 
Die Straße hat 20 Häuser und aus nahezu jedem Haus war jemand involviert. Von der Stadt Bautzen kam Unterstützung aus dem Bürgerhaushalt und beim Erstellen der Tafel im A-4-Format, die in Deutsch und Sorbisch die Eckdaten aus Rebatus’ Leben und Wirken enthält. Auch ein Banner weist auf das Straßenjubiläum hin.

„Die Vorbereitung auf das Jubiläum hat uns richtig zusammengeschweißt“, freut sich Wolfgang Jironsek. Er würde sich wünschen, dass Bewohner anderer Straßen dem Beispiel folgen mögen. Denn es gibt in Bautzen sicher noch etliche Straßen, wo die Bedeutung von deren Namen mehr oder weniger im Dunklen liegt. „Solch eine Aktion bringt viel für den Zusammenhalt“, ist der Hauptorganisator überzeugt.

Carmen Schumann / 17.05.2025

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