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Zwei Fahrräder, 365 Tage und 20.000 Kilometer bis China

Zwei Fahrräder, 365 Tage und 20.000 Kilometer bis China

Alex Gollmer (l.) und Richard Ehrlacher starten am 1. Juli in Bautzen zu ihrer Fahrradtour nach China. In einem Jahr wollen die beiden Abiturienten wieder zurück sein. | Foto: Richard Großmann

Am 1. Juli starten Alexander Gollmer und Richard Ehrlacher zu einer gigantischen Fahrradtour. In einem Jahr wollen die beiden Abiturienten von Bautzen bis nach China fahren. Bei dieser Fahrt durch 20 Länder kommen rund 20.000 Kilometer zusammen. Redakteurin Katrin Kunipatz sprach mit den beiden 18-Jährigen kurz vor der Abfahrt.

In wenigen Tagen geht es los. Seid ihr aufgeregt?

Richard: Eher weniger. Ich sehe es ziemlich gelassen, auch wenn noch viel zu tun ist. Ich denke kurz vor der Abfahrt wird man bestimmt sehr aufgeregt sein.
Alex: Ich bin schon relative aufgeregt. Ein ganzes Jahr ohne die Leute, die man hier kennt, ohne das gewohnte Umfeld, das ist schon 'n Bisschen komisch. Generell freut man sich aber mehr auf das, was kommt, als das man Angst hat.  

Gibt es Erinnungsstücke oder einen Talisman, die im Reisegepäck dabei sind?

Alex: Ich nehme einen Ottifanten mit. Den habe ich, seit ich mit meiner Oma zweimal beim Otto-Konzert war und er hat mich bis jetzt auf jeder meiner Fahrradreisen begleitet.
Richard: Ich nehme von meiner Familie Bilder im Portmonee mit.  

Wer kam auf die Idee, mit dem Rad bis nach China zu fahren?

Alex: Das war ich. Vor drei, vier Jahren bin ich auf den Bericht von zwei Studenten gestoßen, die das schon gemacht haben. Das fand ich ganz cool und wollte es selbst einmal machen. Im letzten Jahr habe ich Richard gefragt, ob er gern mitkommen möchte.  

Alex, du hast schon Erfahrung mit Fahrradtouren. Was ist die längste Strecke, die du bisher gefahren bist?

Alex: Ich bin letztes Jahr nach Kroatien gefahren, allein mit dem Fahrrad. Das Jahr davor bin ich mit dem Rad an die Ostsee gefahren, weil wir dort einen Wohnwagen haben und mit meinem Papa wieder runter.  

Wie habt ihr die Route geplant?

Richard: Wir haben uns aufgeteilt. Ich habe Europa geplant und Alex Asien. Wir werden bis nach Wien fahren, dann weiter auf dem Donauradweg und in die Türkei. Dieser Teil ist bis auf kleine Abweichungen in den Städten sehr genau geplant. Auch nach der Türkei bis Baku in Aserbaidschan ist schon vieles klar. Danach haben wir im Großen Wege herausgesucht, die man fahren kann, ob es tatsächlich so wird, entscheiden wir unterwegs.

Welche Hilfsmittel habt ihr dabei, um den Weg zur finden?

Richard: Wir haben uns ein GPS-Gerät besorgt, das den Weg anzeigen kann, wo man verschiedene Karten drauf laden kann. Außerdem werde wir zusätzliches Kartenmaterial mitnehmen und uns über Google-Maps und Handy belesen, wo man lang fahren kann und schauen, wo andere bereits lang gefahren sind.

Wie habt ihr euch trotz Abiprüfung und dem Lernen dafür auf die Tour vorbereitet?

Alex: Ich belese mich seit etwa zwei Jahren, was es in den Ländern Neues gibt. Seit März kümmern wir uns um die Ausrüstung. Und der Fahrradzusammenbau hält immer noch an. Aber wir sind beide nicht die Typen, die viel gelernt haben fürs Abi. (Beide schmunzeln.) Wir haben deshalb auch in der Schule viel zusammengesessen und geplant.
Richard: Wir haben viel im Unterricht mitbekommen und vor der Prüfung nur die Einzelheiten und Genauigkeiten gelernt.

Seit ihr zufrieden mit dem Ergebnis der Prüfungen?

Richard und Alex: Ja!

Habt ihr für das Fahrradfahren zusätzlich trainiert?

Alex: Wir wollen so gut es geht ohne Training starten. Einmal kann man mit dem Gepäck, was man mitnimmt, kaum trainieren – zumal wir noch nicht alles komplett haben. Und es ist jetzt kaum Zeit. Die Muskeln, die man beim Fahrradfahren braucht, trainiert man eigentlich nur beim Fahren und nicht im Fitnessstudio. Die Tour ist auch mehr was für den Kopf als für Beine und Arsch. Letztlich muss der Kopf wissen, was er will, und das kann man nicht trainieren.
Richard: Tipps haben wir auch von einem Herrn bekommen, der immer ein halbes Jahr arbeiten geht und ein halbes Jahr unterwegs ist. Er sagte: Es ist wichtiger, überzeugt zu sein, es schaffen zu können, als lange vorher täglich viele Kilometer mit dem Rad zu fahren. Wenn man nicht mehr kann, hört man auf und fährt am nächsten Tag weiter. Oder – wenn es gar nicht mehr geht – macht man ein, zwei Tage Pause und geht sich etwas angucken.     

Wer unterstützt euch und wie finanziert man so eine Tour?

Alex: Ich habe versucht regionale Partner zu finden. Fürs Fahrrad ist es Bikepoint Bautzen und für den gesamten Outdoor-Kram ist es Intersport Timm. Ansonsten gehen wir gerade für vier Wochen arbeiten und versuchen so viel Geld wie möglich zu verdienen, um die Reise selbst und das Zeug, was wir benötigen, zu finanzieren.

Wie und wo werdet ihr die Nächte verbringen?

Alex: Wir haben vor zwei Drittel der Zeit im Zelt zu schlafen. Denn Radfahren ist etwas sehr Naturnahes und wenn man jedesmal rein schlafen geht, ist das Flair einfach nicht so da. Das letzte Drittel werden wir in kleinen Pensionen oder Quartieren schlafen oder – wie in Istanbul – Couchsurfing betreiben, damit man in der Stadt gleich jemanden hat, der sich auskennt.

Wie werdet ihr euch unterwegs verständigen?

Richard: Wir versuchen im europäischen Raum größtenteils mit Deutsch und Englisch klar zu kommen und im asiatischen Raum natürlich auch mit Englisch. Die wichtigsten Wörter – Hallo, Bitte, Danke – werden wir in der Landessprach lernen. Alex hatte in der Schule Russisch, was in den ehemaligen sowjetischen Ländern hilfreich sein kann. Und ansonsten mit Händen und Füßen. (lacht) Irgendwie geht das schon.
Alex: Meine Schwester hat mir ein Ohne-Wörter-Wörterbuch geschenkt. Da sind ganz viele kleine Bildchen drin, die man miteinander kombinieren kann. Beispielsweise ist das Zeichen für „nicht“ ein durchgestrichener Kreis, in Kombination mit Schlangenfleisch – versteht eigentlich jeder den Inhalt.

Habt ihr euch auf Notfälle eingerichtet?

Alex: Fahrradmäßig nehmen wir das mit, was man auch selbst ersetzten kann: Speichen, Schläuche, Fahrradmäntel und Bremsbeläge. Wenn etwas Größeres passiert, muss man sich bis zur nächstgrößeren Stadt durchschlagen mit Trampen oder Schieben und es dann dort reparieren. Erste-Hilfe-mäßig sind wir natürlich auch ausgestattet.

Gibt es etwas, worauf ihr euch bei dieser Tour ganz besonders freut?

Richard: Ich freue mich ganz besonders auf die Chinesische Mauer und die ganz andere Kultur. Dann haben wir vom Krater von Derweze in Turkmenistan gehört. Er wird auch das „Tor zur Hölle“ genannt. Dort wurde Erdgas abgebaut und später ist es eingestürzt. Damit das Gas nicht in die Umwelt gelangt, hat man es angezündet und seit den 70er Jahren brennt es dort und ist feuerrot. Das wollen wir uns ansehen.
Alex: Ich hatte im Atlas zufällig mal die Turpan-Senke gefunden. Es ist auf dem Land der zweittiefste Ort der Erde mit minus 153 Metern und liegt in Nordchina. Wahrscheinlich ist es nichts Besonderes, aber wir sind eben da gewesen.

Alternativer Text Infobild

Die einjährige Radtour startet von Bautzen in südlicher Richtung nach Wien über den Donauradweg zur Türkei und führt die beiden 18-Jährigen bis China. | Foto: Screenshot

Wie kann man eure Tour verfolgen?

Alex: Wir haben eine Internetseite www.live2arrive.com. Dort wollen wir, so oft es geht, einen Blogeintrag reinsetzen und berichten, was wir grad machen, wo wir grad sind und natürlich Bilder zeigen.

Habt ihr schon Pläne für das Danach gemacht?

Richard: Noch nicht. Wir wollen uns auf der Tour klar werden, was wir studieren oder welche Ausbildung wir machen wollen. Dafür haben wir eine Bewerbung zu Hause gelassen. Und wenn es klar ist, können wir den Eltern sagen: Schickt das mal da und dorthin.

In welche Richtung soll die Ausbildung gehen?

Richard: Ich möchte eher in die Richtung der Naturwissenschaften gehen. Vor allem Biologie interessiert mich. Allgemein möchte ich mit der Natur arbeiten, etwas was, abwechslungsreich ist und den Geist fordert.
Alex: Ich bin mehr der soziale und sportliche Typ. Entweder werde ich Sport studieren, weil ich noch einmal Leichtathletik trainieren will, oder halt etwas Soziales, wo ich direkt den Menschen helfen kann, vor allem den Jugendlichen in sozial schwachen Gegenden.

Mehr Informationen im Internet unter: www.live2arrive.com

Katrin Kunipatz / 29.06.2016

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