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Abbaustopp für Tagebau Turów

Abbaustopp für Tagebau Turów

Der Tagebau Turów befindet sich östlich der Lausitzer Neiße auf dem Gebiet der Gemeinde Bogatynia. Foto: Archiv/privat

Für die Stadt Zittau ist das die richtige Entscheidung, die allerdings auch Konsequenzen nach sich zieht. Nach einer umstrittenen Abbaugenehmigung, bei der mittels eines polnischen Gesetzes Europäische Recht umgangen wurde, erwarten Experten mindestens ein neues Umweltverträglichkeitsverfahren als Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Genehmigung des Tagebaus, heißt es.

Zittaus Oberbürgermeister Thomas Zenker gratuliert vor allem der tschechischen Regierung: „Sie hat sich auf Bitten der Region Liberec erfolgreich für ihre Bürger eingesetzt.“ Er hoffe nun, dass die vorläufige Entscheidung des EuGH, die auf der Einschätzung der Argumente für das Hauptverfahren beruht, auch den Freistaat und die Bundesregierung zum Handeln bringe. „Man hat mir und auch den Landtagsabgeordneten bislang lieber zu mehr Diplomatie geraten“, sagt Thomas Zenker und betont, dass es der polnische Konzern PGE und die polnischen Behörden haben soweit kommen lassen. „Gab es zu Beginn der Beteiligung durch die polnische Seite bei uns
noch den Glauben, dass ein ordentliches Genehmigungsverfahren absolviert wird, sind wir da schnell eines Schlechteren belehrt worden.“ Die Verfahrensfehler und Fehlinformationen haben sich aus Sicht der Stadtverwaltung Zittau gehäuft, Aufforderungen zu mehr Information, der Widerspruch der Stadt im Verfahren wurden ignoriert. Zittau hatte daraufhin per Stadtratsbeschluss bei der Europäischen Kommission Beschwerde eingelegt
und den Freistaat Sachsen um Unterstützung gebeten.

Inzwischen hat sich Zittaus Oberbürgermeister auch an die Bundesregierung gewandt. Angesichts von Hinweisen des Sächsischen Oberbergamts „mittels konstruktiver Elemente zum Ausgleich unterschiedlicher Bodenbewegungen“ sieht er die Sorgen der Zittauer bestätigt. Neben der Feinstaub- und Lärmbelastung sind für die Zittauer vor allem der Grundwasserverlust, der zu Senkungen des Bodens führen könnte und die unklare Perspektive des Tagebaus Anlass zur Sorge. Für die tschechische Seite sind bereits nach kurzer Zeit weitaus höhere Grundwasserabsenkungen als im Gesamtlaufverfahren vom Tagebaubetreiber eingeräumt wurden.

Es sei jetzt dringend notwendig, dass zwischen den verschiedenen Interessen vermittelt werde – wenn nicht anders möglich, dann per Gerichtsurteil. „Dieses Ziel sollten auch Freistaat und Bundesregierung verfolgen, was
bisher nicht erkennbar ist“, sagt Thomas Zenker. Auch die Situation für die Einwohner der polnischen Nachbarregion von Zittau sei ernst und die unklare Lage nicht zu verantworten. Als mögliche Perspektive wird für die Region Zgorzelec diskutiert, mit Hilfe des Europäischen Just Transition Funds einen Strukturwandel einzuleiten, der zusammen mit dem der Lausitz eine erfolgreiche Region schaffen könnte. Dies werde aktuell von der polnischen Regierung noch verhindert, da dafür die Laufzeit von Turów verkürzt werden müsste. „In Turòw soll noch mehr als zwei Jahrzehnte enormer Aufwand für den Braunkohleabbau und damit erhebliche Folgen für die gesamte Dreiländerregion in Kauf genommen werden. Zahlreiche Experten zweifeln nicht nur den Sinn, sondern auch die Wirtschaftlichkeit an“, verlautet es aus der Stadtverwaltung Zittau.

Steffen Linke / 23.05.2021

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Kommentare zum Artikel "Abbaustopp für Tagebau Turów"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Fritz schrieb am

    Ja, ganz schnell Torow zumachen? 5-tausend Polen arbeitslos... Der sogenannte Strukturwandel hat bist jetzt nicht mal in Deutschland geklappt, wieviel neue Arbeitsplätze sind bis jetzt endstanden?

    Zittau hatte schon immer einen schwierigen Baugrund. Sand und Braunkohle. 100 Jahre Tagebau Olbersdorf? Da gab es auch kein Absenkungen in Zittau.
    Die Tschechen sollen sich mal um ihre eigene Braunkohle kümmern...

    Der deutsche Alleingang im Klimaschutz ist sowieso sinnlos, das Klima kann nur global gerettet werden.

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