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Bis auf das Polarlicht alles gesehen

Bis auf das Polarlicht alles gesehen

Michael Berndt besuchte auf seiner Weltreise unter anderem die berühmte indische Pilgerstadt Varanasi. Foto: privat

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Michael Berndt führt jetzt in Kamenz ein gutbürgerliches Leben mit seiner Partnerin Lisa, Stieftochter und Sohn (gerade in der Kita) sowie Familienhund.

Michael Berndt aus Kamenz war acht Jahre als Globetrotter unterwegs. Auf seinen Reisen legte er auf spezielle Dinge Wert und ging dahin, „wo es wehtut.“

Kamenz. Eine Doppelhaushälfte am Rande von Kamenz. Gediegene Raumausstattung, ein Mops räkelt sich gemütlich auf dem Sofa, Kinderspielzeug in der Ecke. Keine Frage, hier ist das gutbürgerliche Leben zu Hause. Und tatsächlich gehen die Bewohner einem geregelten, von Arbeits- und Kinderbetreuungszeiten geprägten Tagesablauf nach. Doch das war – zumindest was den männlichen Part der Familie anbetrifft – nicht immer so. Michael Berndt, so lautet sein Name, hat nämlich acht Jahre lang ein höchst ungewöhnliches Leben geführt, das man beim besten Willen nicht als „gutbürgerlich“ bezeichnen kann. Unter dem Titel „100 Länder – 100 Frauen – 100 Räusche“ hat der Kamenzer seine Erlebnisse in Buchform niedergeschrieben. Und zu erzählen hat Michael Berndt eine ganze Menge. Denn tatsächlich hat er in diesen acht Jahren 100 Staaten auf allen Kontinenten der Erde bereist. Zumeist fernab ausgetretener Touristenpfade, denn: „Ich wollte die gesamte Kultur der Länder kennenlernen.“ Und das bedeutete für ihn nicht in erster Linie, Sehenswürdigkeiten abzuhaken. Stattdessen legte Michael Berndt auf zwei Dinge besonderen Wert: „Ich wollte mit einer einheimischen Frau schlafen, und den Rausch einer landestypischen Droge erleben.“ Beides, so versichert der aus Cunnersdorf Stammende, ist ihm gelungen. Wie er das geschafft hat, braucht an dieser Stelle nicht nacherzählt zu werden. Dafür hat Michael Berndt schließlich (mithilfe des Co-Autors Rainer Schäfer) sein 272-seitiges Buch geschrieben und berichtet auch gern persönlich von seinen Abenteuern. Festgehalten sei nur: „Anders, als es in manch einer Veröffentlichung dargestellt wurde, handelt es sich nicht um ein reines Sex- und Drogenbuch, auch wenn diese Themen schon eine wichtige Rolle spielen.“ Nein, Michael ging es darum, seine Reiseerlebnisse in all ihren Facetten zu schildern. Und dazu zählt die „Startphase“ in Australien, wo der gelernte Metzger das Doppelte verdient wie in Deutschland und den finanziellen Grundstein für seine mehrjährige Reise legt, ebenso wie der Aufenthalt in einer Favela von Rio de Janeiro, für den sich der „Gringo“ bei den örtlichen Drogenbossen vorstellen musste.

Um den berühmten „Karneval in Rio“ wirklich hautnah zu erleben, nimmt Michael dies und noch mehr gern in Kauf. Brasilien benennt er in der Rückschau als sein Lieblingsland, nicht zuletzt auch wegen der Freizügigkeit der dortigen Frauenwelt.

Das ganze Gegenteil erlebt er in Japan, wo sich die Damen eher zurückhaltend zeigen. Drei Monate dauert es, bis Michael seine Mission erfüllen kann, als er am letzten Tag seines Aufenthalts doch noch zum Zuge kommt. Von den Räuschen beschreibt er den des Opiums als den Stärksten, den des Kava (auf den Fidschi-Inseln) als den Schönsten.

Doch damit nicht genug. Im Fußball würde man sagen: Michael geht dorthin, wo es weh tut. Er zieht durch, wo andere schon beim Lesen erschaudern. Er jagt die gefährlichste Straße der Welt mit dem Fahrrad hinunter, springt unterhalb der Victoriafälle in den „Teufelspool“, wo schon viele ihr Leben gelassen haben, taucht mit Haien um die Wette und legt sich – dies sein traumatischstes Erlebnis – mit US-amerikanischen Cops an. Er gerät in Studentenunruhen in Chile und besucht Nordkorea, fährt per Anhalter durch El Salvador, das gefährlichste Land der Welt. Nur einmal schreckt er zurück: An der Grenze zum Südsudan, wo ein blutiger Bürgerkrieg tobt.
Der Kamenzer ist die acht Jahre nicht am Stück unterwegs, sondern unterbricht seinen Trip mehrmals, um in der Schweiz oder in Österreich für die nächste Etappe zu arbeiten.

Als er die „100“ fast geschafft hat, lernt Michael Berndt Lisa kennen. Die junge Mutter verkörpert das, was er in seinem Leben eigentlich nicht angestrebt hatte: Bodenständigkeit, Familiensinn, Heimatverbundenheit. Michael verliebt sich so, wie er es bei keiner seiner Frauen in (bis dahin) 90 Ländern getan hat, und ist bereit, sich zufrieden zu geben. Da sagt ausgerechnet Lisa: „Bring zu Ende, was du angefangen hast, sonst machst du dir ein Leben lang Vorwürfe.“

Und so bricht Michael ein letztes Mal auf, besucht unter anderem Kuba, Panama („das Paradies auf Erden“) und – als Nr. 100 – die Dominikanische Republik. Jetzt ist es für Michael an der Zeit, ein neues Leben zu beginnen: In Kamenz, mit Lisa, Stieftochter und – mittlerweile – eigenem Sohn. Und so kommt es, dass Michael Berndt – sicher einer der außergewöhnlichsten Globetrotter aller Zeiten – seine Besucher heute in einer Doppelhaushälfte empfängt, den Mops auf dem Schoß. Nur ein in Form eines Globus gestaltetes Wandbild erinnert an sein „früheres“ Leben. Und das Eingeständnis, dass er noch nie das Polarlicht gesehen hat – geäußert ohne jede Wehmut.
Service: Am 22. Februar, 19.30 Uhr, berichtet Michael Berndt im Kirchgemeindehaus Bischofswerda von seinen Reisen, ebenso am 25. März, 18.30 Uhr, im Stadttheater Kamenz. Das Buch „100 Länder – 100 Frauen – 100 Räusche“ ist im Riva Verlag erschienen, die ISBN lautet 3742302809.

Uwe Menschner / 10.02.2018

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