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Ein Ort für die Toten und die Lebenden

Ein Ort für die Toten und die Lebenden

Jens Schmiedel betreut den Bestattungswald Kamenz für die Friedwald GmbH. Er steht für Auskünfte gern zur Verfügung.

Vor den Toren von Kamenz gibt es nun den seit langem angestrebten Bestattungswald. Seine Botschaft mag manchen überraschen.
 

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Eine Holzskulptur mit Bezug zur Lessingschen Ringparabel bildet den Blickfang auf dem Andachtsplatz.

Brauna. Alles begann mit der Oma. Sie – also genauer gesagt die Großmutter von André Ransch – wollte gern im Wald beigesetzt werden. Als ihr Enkel – seines Zeichens Forstingenieur und Inhaber eines entsprechenden Betriebes in der Nähe von Kamenz – darauf hinwies, dass dies mit großen bürokratischen Hürden verbunden sei, erwiderte sie nur: „Dann kümmere dich darum!“

Und André Ransch kümmerte sich. Das Ergebnis lässt sich nun seit wenigen Tagen ganz handfest und sichtbar im Wald am Vogelsberg zwischen Brauna, Lückersdorf und Kamenz erfahren: Dort hat nämlich unlängst der erste Bestattungswald im Landkreis Bautzen seine – symbolischen – Pforten geöffnet.

Drei Partner für ein Ziel

André Ranschs Intention traf dabei auf glückliche Weise mit der der Stadt Kamenz zusammen, die bereits seit vielen Jahren darum bemüht ist, ein entsprechendes naturnahes Bestattungsangebot zu verwirklichen. Diese Geschichte wurde schon oft – auch an dieser Stelle – erzählt und soll nun daher eine Randnotiz bleiben. Mit der FriedWald GmbH fanden beide einen dritten Partner, der über umfangreiche Erfahrungen und KnowHow mit dem Anlegen und Betreiben von Bestattungswäldern – oftmals schon synonym als „Friedwald“ bezeichnet – verfügt. Vor zwei Jahren eröffnete sie einen solchen in Deutsch-Paulsdorf im Nachbarlandkreis Görlitz, der sich einer großen Beliebtheit erfreut.

Nun also Kamenz. Wer aus der Kernstadt kommend in den Ortsteil Brauna fährt, muss gleich nach den ersten Häusern eine Spitzkehre fahren, die auf einen geschotterten Fahrweg führt. Nach einigen hundert Metern zweigt von diesem ein etwas schmalerer Weg nach links ab, der tief hineinführt in den derzeit herbstlich-bunten und an diesem Tag verregneten Wald. An einer Wegverbreiterung, die als Parkplatz dient, ist Schluss – die letzten Meter zum Andachtsplatz geht es zu Fuß.

Hier gruppieren sich grob zu Sitzbänken behauene Baumstämme um eine – selbstverständliche hölzerne – Schutzhütte. Dass einer von André Ranschs Söhnen Zimmermann ist, überrascht nicht. Den Blickfang bildet jedoch etwas anderes: Eine übermannshohe hölzerne Statue, die stark verfremdete menschliche Formen zeigt und über ihrem Kopf drei Ringe hält. In Kamenz, der Geburtsstadt Lessings, weiß man natürlich sofort, was es mit dieser Symbolik auf sich hat. „Diese Skulptur bietet viele Möglichkeiten zur Interpretation“, so Carola Wacker-Meister von der Friedwald GmbH. Man kann sie als religiöses Symbol verstehen, da ja die drei Ringe für die (zu Lessings Zeit so betrachteten) drei Weltreligionen stehen. Man muss es aber nicht, da ja die Ringparabel quasi über den Religionen steht und ihr Toleranzgedanke alle Menschen, ob gläubig oder nicht, einschließt. „Den Wunsch nach einer explizit christlichen Symbolik gab es nicht, und es gibt auch derzeit keine entsprechenden Pläne“, so die Friedwald-Pressesprecherin. An der Eröffnung nahmen auch keine Kirchenvertreter teil.

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Drei Partner für ein Ziel: Waldbesitzer André Ransch, Oberbürgermeister Roland Dantz und Friedwald-Geschäftsleiter Matthias Laufer.

Viel Freiheit, aber auch klare Regeln

Was allerdings niemanden daran hindert, entsprechende Rituale in die Begräbnisfeier einzubauen. Überhaupt ist der Kamenzer Bestattungswald ein sehr offener und freier Ort. Frei zugänglich für jeden, den sein Weg hierher verschlägt, ob beim Radfahren, Pilze suchen, Gassi gehen oder Wandern. Er ist ein Ort für die Toten und für die Lebenden.

„Mein Leben gehört mir, und so auch mein Tod“, sagte der Kamenzer Oberbürgermeister Roland Dantz anlässlich der Eröffnung. Was freilich nicht bedeutet, dass es auf dem Friedwald keine Regeln gibt. Denn natürlich folgen die Bestattungen einer festgelegten Ordnung. „Mit verschiedenen farbigen Bändern haben wir die zuvor ausgewählten Bäume markiert“, erklärt Jens Schmiedel, der die Kamenzer Anlage für die Friedwald GmbH betreut. Die Bestattung erfolgt in biologisch abbaubaren Urnen. Für den Grabschmuck, mit Ausnahme der Namenstafel am Baum, sorgt ausschließlich die Natur. Über das genaue Prozedere geben er und seine Kollegen, die „Friedwald-Förster“, gern Auskunft. Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten gibt es unter www.friedwald.de/kamenz.

Uwe Menschner / 09.11.2020

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Kommentare zum Artikel "Ein Ort für die Toten und die Lebenden"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. ueli schrieb am

    was soll ich dazu sagen. Ich hab den Friedwald erfunden. Siehe Wikipedia.

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