Was bringt es, Teiche trockenzulegen?

Trocken gelegte Teiche waren in früheren Jahrhunderten nicht nur im Winter ein alltäglicher Anblick in der Oberlausitz. Foto: Uwe Menschner
Früher nutzte man „gesömmerte“ Teiche zeitweise als ertragreiche Flächen für den Getreideanbau. Das funktioniert heute nur noch sehr eingeschränkt. Trotzdem hat diese Maßnahme mehrere positive Effekte.
Region. Wer heutzutage in der warmen Jahreszeit einen abgelassenen Fischteich sieht, denkt unwillkürlich: Hier stimmt etwas nicht. Dabei waren trocken gelegte Teiche in früheren Jahrhunderten nicht nur im Winter ein alltäglicher Anblick. Das so genannte „Sömmern“ stellte damals eine übliche Praxis bei den Karpfenfischern in der Oberlausitz dar. „Bei der Sömmerung werden Teiche über die Vegetationsperiode ohne Wasserhaltung mit landwirtschaftlichen Kulturen bestellt. Diese Zweitnutzung der Teiche war bis zum Ende des 19. Jahrhunderts fester Bestandteil der Karpfenteichwirtschaft“, schreibt der frühere Leiter der sächsischen Fischereibehörde, Dr. Gert Füllner.
Zusammen mit seinen Kollegen Sebastian Grosser und Carl-Richard Miethe hat er noch während seiner aktiven Zeit im Auftrag des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) untersucht, ob das Sömmern von Teichen auch heute noch sinnvoll ist. Dazu führten die Biologen über mehrere Jahre Untersuchungen an der Versuchsteichanlage in der Nähe von Königswartha, aber auch in den Teichen von Kreba-Fisch in der Nähe von Niesky durch.
Das Hauptergebnis: Das Sömmern von Teichen, um aus ihnen zeitweise ertragreiche landwirtschaftliche Flächen zu machen, ist heutzutage kaum noch sinnvoll. Zwar stellte sich heraus, dass „der Anbau landwirtschaftlicher Kulturpflanzen auch unter den heutigen Bedingungen möglich ist.“ Allerdings liegen die Erträge – anders als vor mehreren hundert Jahren – kaum über denen herkömmlicher Äcker. Das hat mehrere Gründe: Durch die Entwicklung des Mineraldüngers stiegen die Erträge in der Landwirtschaft ab der Mitte des 19. Jahrhunderts erheblich an. „In Folge dieser Entwicklung wurde deshalb eine Vielzahl von Teichen auf Dauer zu Feldern umgewandelt. Für unsere heutige Teichlandschaft blieben nur ertragsarme oder sumpfige Standorte“, schreiben Gert Füllner und seine Mitautoren. Am aussichtsreichsten sei noch der Anbau von Hafer, der auch früher schon die Hauptfrucht auf gesömmerten Teichen darstellte. Mit ihm erreichte man bei den Versuchen Erträge von bis zu 30 Dezitonnen pro Hektar:
„Ein solcher Ertrag lag im 19. Jahrhundert sicher über dem Niveau entsprechender Äcker mit gleichem Bodenwert, unter heutigen Bedingungen liegt er deutlich darunter“, schreiben die Autoren. Halbwegs akzeptable Erträge lassen sich demnach auch mit Buchweizen oder Öl-Lein erzielen.
Die meisten Kulturen reagierten jedoch empfindlich auf die dauerhafte Vernässung der unteren Bodenschichten. Auch die Befahrbarkeit der Flächen mit modernen landwirtschaftlichen Maschinen sei oftmals nicht gegeben.
Ist das Sömmern von Teichen, wie es in den letzten Jahren als Ausweg aus der „Wasserkrise“ wiederholt vorgeschlagen wurde, also ein Irrweg? Gert Füllner und seine Kollegen, aber auch eine andere Autorengruppe um den Leiter des Görlitzer Senckenberg-Museums für Naturkunde, Dr. Karsten Wesche, zeigen noch eine andere Möglichkeit auf. „Gesömmerte Teiche können, sofern diese kurzzeitig brachliegen gelassen werden, einen Lebensraum für eine Reihe konkurrenzschwacher, niedrigwüchsiger und auf feuchte und offene Böden angepasster Pflanzenarten bieten“, schreiben letztere in einem Aufsatz, der im Jahresband 2024 der „Berichte der naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz“ veröffentlicht wurde.
Auch sie führten umfangreiche Untersuchungen durch, unter anderem am Unteren Wiesenteich bei Neschwitz, am Kobanteich bei Dubrauke (Gemeinde Malschwitz) sowie am Großen Heikteich bei Kauppa (Gemeinde Großdubrau). All diese Gewässer waren in den Jahren 2022 und 2023 zeitweise trocken gelegt und boten sich daher als Untersuchungsobjekte an.
Das Ergebnis lässt aufhorchen: Zwar erwies sich die Artenvielfalt als nicht wesentlich höher als in anderen Lebensräumen. Allerdings zeigten sich auf den gesömmerten Teichen wesentlich mehr „Rote-Liste-Arten“, also besonders gefährdete Spezies, als in jedem anderen Lebensraum. „Das Sömmern von Fischteichen bietet seltenen spezialisierten Pflanzenarten einen Lebensraum, schafft Blütenangebote für Insekten im Spätsommer und trägt zur Diversität der Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft bei“, so das Fazit von Karsten Wesche und Kollegen. Gleichzeitig könne mehr Wasser auf den bespannten Teichen verbleiben: „Dies kann einen Beitrag zum langfristigen Erhalt der Teichwirtschaft leisten.“
Freilich wird kein Teichwirt ohne entsprechende Gegenleistung auf den Ertrag aus einem (oder mehreren) seiner Teiche verzichten. Dr. Gert Füllner und seine Mitautoren empfahlen daher, die Teichsömmerung in entsprechende Förderrichtlinien einzubeziehen. „Im Ergebnis der Untersuchungen erscheint sowohl aus Sicht der Karpfenteichwirtschaft als aus Gründen des Arten- und Biotopschutzes das Zulassen der Sömmerung für maximal ein bis zwei Jahre innerhalb einer fünf- bis siebenjährigen Förderperiode als zulässig“, schreiben sie. Zudem solle den Teichwirten der ausbleibende Ertrag vergütet werden.
Tatsächlich ist die einjährige Sömmerung in der jüngsten, 2023 erlassenen „Förderrichtlinie für Teichwirtschaft und Naturschutz“ der sächsischen Staatsregierung als Maßnahme im Sinne der Teicherhaltung enthalten.