Eindrucksvolle Bilder zum „Stillen Wandel“

Das Bedürfnis nach Freunden, kulturellen Angeboten und Orten der Begegnung spielt in Ost und West neben guten Arbeitsplatzperspektiven eine wichtige Rolle, wenn es um die Gestaltung lebenswerter Regionen geht. Foto: „Campingausflug“ von Alexander Nautsch
Region. Wie fühlt sich Wandel an, wenn man mitten in ihm steht? Junge Menschen aus den Transformationsregionen Lausitz und Rheinisches Revier geben darauf jetzt eine ganz besondere Antwort – nicht mit Worten, sondern durch die Linse ihrer Kameras. Anlässlich des 35. Jahrestages der Deutschen Einheit haben sie sich dem Motto „Stiller Wandel“ gewidmet und zeigen in eindrucksvollen Bildern, was Veränderung für sie und ihre Heimat bedeutet.
Initiiert wird dieser Dialog durch den Löbauer Kulturverein Löbaulebt e.V. gemeinsam mit der WeltenTausch-Initiative, die seit mehreren Jahren einen Fotowettbewerb ausrichten. In diesem Jahr waren gezielt Jugendliche aus beiden Regionen eingeladen, ihre ganz persönliche Interpretation des Wandels fotografisch einzufangen. Eine Jury hatte nun die Aufgabe, aus allen Einsendungen 40 Werke zu kuratieren, die ab dem 14. Oktober in Berlin ausgestellt werden.
Eine besondere Ehre und große Aufmerksamkeit erfahren die jungen Künstler jedoch bereits vorher: Die Ostbeauftragte der Bundesregierung hat ausgewählte Fotos in ihren diesjährigen Bericht zur Deutschen Einheit aufgenommen. Pro Region wurden sieben besonders aussagekräftige Bilder ausgewählt, die im Bericht paarweise gegenübergestellt werden. Die dazugehörigen Begleittexte stammen ebenfalls von jungen Autoren aus den portraitierten Regionen.
Die Bilder fangen Stimmungen ein, zeigen Architektur und thematisieren auch negative Auswirkungen des Wandels. Sie transportieren Lebensgefühle und zeichnen ein feinfühliges Porträt der von zahlreichen Veränderungen geprägten Gegenden, ohne dabei klagend oder von Enttäuschung und Wehmut getragen zu wirken. In den Texten wird beispielsweise auf das unterschiedliche Erleben des jeweils anderen Landesteils eingegangen, die Wichtigkeit von guten Verkehrsanbindungen oder die unterschiedlichen Stadien der fortschreitenden Renaturierung.
„Vielfach war die Motivation der jungen Künstler ein Verantwortungsgefühl für die Mitgestaltung der Zukunft. Einige von ihnen stehen kurz vor der Beendigung ihrer schulischen oder beruflichen Ausbildung. Die Fragen nach den Perspektiven sind unüberhörbar“, sagt Max Hilse, Projektleiter und Vorstandsmitglied bei Löbaulebt. „Nicht zuletzt werden die Fotos von einem starken Heimatgefühl und einem Verständnis der Herausforderungen für die jeweilige Heimat geprägt, verbunden mit dem Wunsch, mehr an zukunftsorientierten Prozessen und Entscheidungen teilzuhaben,“ fügt er hinzu.
Die Jugendlichen fühlen sich nicht abgehängt, sondern sind bereit, ihren eigenen Weg zu gehen. Seit jeher wird die eigene Persönlichkeit auch durch Erfahrungen außerhalb der Herkunftsregion entwickelt. Junge Menschen in beiden Regionen möchten für diesen Weg gut vorbereitet sein und mit großer Neugier ihr Leben in die Hand nehmen. „Wandel zeigt sich heute weniger als plötzlicher Einschnitt, sondern begleitet den Alltag vieler junger Menschen ganz selbstverständlich. In Ost und West sind die Wege unterschiedlich, aber die Fragen oft ähnlich: Wie wollen wir leben, wenn sich das Alte verändert und das Neue erst entsteht? Aus dieser gemeinsamen Suche kann etwas entstehen, das verbindet. Eine Einheit, die offen bleibt für unterschiedliche Erfahrungen“ sagt Leon Bardhi, der am Projekt teilgenommen hat. „Heimat spielt dabei eine zentrale Rolle, da es der Ort von engen Bindungen, einem Netzwerk und der Familie ist. Somit ist sie ursächlich wichtig als Basis für eine gute Lebensgestaltung“, ergänzt Projektleiter Max Hilse.
Er ist selbst für sein Studium nach Bayern gegangen, verbringt aber regelmäßig seine freie Zeit in der Oberlausitz. Sein Ziel ist es, aktiv mitzugestalten, damit er und viele andere Rückkehrer ein lebenswertes Umfeld in ihrer Heimatregion vorfinden. Durch den Bericht der Ostbeauftragten der Bundesregierung, der nun von der Haltung dieser jungen Generation aus der Oberlausitz mitgeprägt wird, finden diese Stimmen ein breites Publikum in Politik, Wirtschaft und Kultur.
Weitere Informationen zum Wettbewerb gibt es im Internet unter www.weltentausch.de. Der komplette Bericht zur Deutschen Einheit ist als kostenfreies pdf auf der Webseite der Bundesregierung erhältlich.