Europeada 2016, 4. Spieltag
Nach dem 1:0 gab es kein Halten mehr. | Foto: Jörg Stephan
Die Europameisterschaft der sprachlichen Minderheiten findet in dieser Woche in Südtirol statt. Die Lausitzer Sorben sind mit einer Herren- und einer Damenauswahl nach Norditalien gefahren. Die Männerauswahl ist nach der Gruppenphase aus dem Turnier ausgeschieden. Sie werden heute das Spiel um Platz 13 gegen die Nordfriesen absolvieren.
Fans singen die sorbischen Fußballerinnen zum Sieg
Die sorbische Frauenauswahl hat bereits gestern das Spiel um Platz fünf absolviert. Gegner waren die Rätoromanen. Die Stimmung auf dem Platz ist wie gewohnt grandios. Es herrschen fast normale sorbische Europeada-Verhältnisse. Diese Sorben-Stimmung hat sich übrigens schon in der ganzen Region rumgesprochen. Die Regionalzeitung “Dolomiten” hat den Sorben eine ganze Seite mit dem Titel “Sorbische Fans sind die Stars des Turniers” gewidmet. Denn insgesamt wird es einfach ein bisschen lauter, wenn die Pilgerer mit den blau-rot-weißen Fahnen.
In der Nacht bekamen die Frauen auch noch eine Videobotschaft der Südtiroler Mannschaft, mit dem Appell: “Liebe Sorben, wir wünschen euch für morgen alles, alles Gute. Kämpft, habt Lust auf dem Fußballplatz zu stehen und siegt!”
Die Frauen spielten in ihrer letzten Partie der Europeada 2016 gegen die Rätoromanen – dem Veranstalter der ersten Europeada 2008. Der Anpfiff erfolgte pünktlich um 11.00 Uhr. Die Böhmakfrauen bekamen vom Anfang an mehr Platz, als in den vorangegangenen Partien. Nun konnten sie zeigen, dass sie auch Fußball spielen können. Gleich bewegte man sich durch aggressives Auftreten nach vorn. Der Wille war förmlich von den Gesichtern der Sorbinnen abzulesen. Das wurde auch sofort belohnt. Elfmeter nach vier Minuten. Sophia Böhmak schnappt sich den Ball. Alle Blicke sind auf sie gerichtet. Der Schiedsrichter prüft alles noch mal mit einem strengen Blick. Pfiff. Sie läuft an, schießt und trifft. Jubelschreie, Fangesang. 1:0 für die Sorben.
Der Blick des Willens ist nun noch schärfer gerichtet, so als ob sie damit sagen wollen: “Diesen Vorsprung nimmt uns niemand mehr weg.” Daraufhin erleben die Zuschauer ein schönes Frauenfußballspiel, welches von guten Aktionen auf beiden Seiten geprägt ist. Die Räume, welche sich heute ergeben, werden durch phasenweise gute und taktisch disziplinierte Aufbauarbeit genutzt und so immer wieder auch Torchancen erarbeitet. Nichtsdestotrotz blieben die Rätoromaninnen immer wieder gefährlich. Durch beherzte Zweikampfannahme konnten aber alle Chancen der Rätoromanen neutralisiert werden. Ein wenig Glück hatten die Lausitzerinnen trotzdem. So spielte das Metall um Torhüterin Jadwiga Richter keine unterhebliche dramaturgische Rolle. Glück des Tüchtigen kann man sagen, denn die Wubranka ist heute einfach besser drauf als ihr Gegner.
Zur Halbzeit wurde der Kunstrasen nassgespritzt. Brutal, wie aggressiv hier in den Bergen die Sonne scheint. In der zweiten Hälfte steigerten sich die Frauen noch einmal auf beiden Seiten. Man kann regelrecht von einem Powerplay ab Minute 50 sprechen (Spiel wurde mit zweimal 30 Minuten gespielt). Die letzten zehn Minuten gehörten dann den Sorbinnen allein. Eine Ecke folgte der nächsten. Das 2:0 gelang jedoch nicht mehr. Egal.
Fans und Mannschaft versammelten sich auf dem Rasen und tanzen ausgelassen den berühmten sorbischen Rundtanz. | Foto: Jörg Stephan
Nach dem Abpfiff wurde allen dieser historische Moment bewusst. 1:0 gewonnen. Zum ersten mal in der Geschichte der Sorben gewinnt eine Frauenauswahl auf internationalem Boden. Was daraufhin folgt, ist Wahnsinn. Kaum zu beschreiben. Am besten wäre das mit dem Begriff “kultureller Platzsturm” zu beschreiben. Fans und Mannschaft versammelten sich alle auf dem Rasen und tanzten den berühmten sorbischen Rundtanz. Alle waren stolz auf die Mädels und mehr gibt es zu diesem perfekten Abgang von diesem Turnier nicht zu sagen.