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Gute Chancen für eine Arbeit in der Region

Gute Chancen für eine Arbeit in der Region

Matthias Schur – hier an seinem Schreibtisch in seiner Kringelsdorfer Firma – sieht einen Imageaufschwung für das Baugewerbe. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Eine anhaltende Abwanderung aus der Region wird vielfach beklagt. Eine Chance in der Region zu bleiben, zeichnet sich für junge Leute besonders in handwerklichen Berufen ab. Matthias Schur, Innungsobermeister im Bauhauptgewerbe im Landkreis Görlitz und Geschäftsführer der Siegfried Schur Baubetrieb GmbH in Kringelsdorf erläutert die Trendwende im Interview.'

Herr Schur, wie stellen sich die aktuellen Probleme dar, mit denen das Baugewerbe in der Region zu kämpfen hat?

Matthias Schur: Das Hauptprobleme ist, dass der Ruf des Bauhandwerks schlechter ist als es tatsächlich sein dürfte. Mittlerweile haben sich die Zeiten aber geändert und wir sehen es einfach so, dass das Handwerk wieder goldenen Boden hat.

Wodurch ist dieses schlechte Image gekennzeichnet, was wirkt da nach?

Matthias Schur: Nach der Wende sind viele Leute aus der Industrie ins Bauhandwerk gegangen bzw. insgesamt ins Handwerk. Damit hatten wir Überkapazitäten. Daraus folgend sind natürlich die Löhne weit unten geblieben und auch die Anforderungen an die Firmen waren höher als die, die es heute gibt. Die Überkapazitäten haben sich auch auf den Arbeitsmarkt ausgewirkt. Diese sind heute zum Großteil jedoch bereinigt und von daher haben wir derzeit stark steigende Löhne. Auch die Baupreise steigen. Es geht für unser Gewerbe also in die richtige Richtung und so wird es wohl auch länger bleiben.
Schwierig bleibt, dass wir in der Tendenz immer noch eine Abnahme von Handwerksfirmen haben werden, da es relativ wenig Nachfolger für bestehende Firmen gibt oder auch nur wenige bereit sind, Firmen zu übernehmen. Auch hier wirkt sich wohl noch aus, dass der Ruf bedeutend schlechter als die tatsächliche Lage ist.

Mit welchem Pfund können sie ggf. jedoch wuchern?

Matthias Schur: Im Baugewerbe sind wir regional tätig, zumindest kann ich das für die Firmen sagen, die in der Innung sind. Man ist also abends auch immer wieder zu Hause. Man ist wenig deutschlandweit im Einsatz, sondern hauptsächlich hier. Das ist natürlich eine tolle Sache, denn selbst wenn man in der einen Firma nicht klarkommt, findet man ein anderes Unternehmen, in dem man regional tätig sein kann.

Auszubildende sind anfangs meist minderjährig. Ein wenig Mobilität muss da aber schon sein...

Matthias Schur: Für den gemeinsamen Arbeitsbeginn gibt es oft vereinbarte Sammelpunkte. Wir haben z.B. Mitarbeiter in Löbau, die andere z.B. derzeit für Fahrten zu einer Baustelle nach Dresden mitnehmen. Bei Strecken über 50 km zahlen wir Verpflegungsgeld von 10 Euro. Auch mit solchen Angeboten kann man gegenüber der Industrie einen Schritt voraus sein.

Sie sind Vater eines 12-jährigen Sohnes. Was empfehlen Sie ihm und überhaupt jungen Leuten für den Lebenslauf?

Matthias Schur: Ich würde jedem empfehlen, die Praxis nicht aus dem Auge zu lassen. Selbst wenn man Bauleiter werden möchte, dann ist das duale Studium in jedem Falle zu empfehlen. Meine persönliche Meinung ist: Man sollte erste einen Beruf im Bau oder im Handwerk lernen, später den Handwerksmeister machen und auf dem Meister lässt sich dann aufbauen. Heute fehlt merklich schon häufig die Praxis. Mein Sohn bekommt genau das auch von mir zu hören.

Das Baugewerbe hat den Ruf, dass Arbeitsplätze unsicher sind.

Matthias Schur: Die größeren Betriebe, die wir kennen oder die bei uns organisiert sind, schaffen unbefristete Arbeitsverträge. Von daher geht es hier um Jobs, auf die man heute lange bauen kann. Gearbeitet werden muss überall. Dass man sich irgendwo ausruhen kann, das gibt es nicht mehr. Gerade im Handwerk wird nun mal gearbeitet – das geht nicht anders, das sagt der Name schon alleine aus.
Seit letztem Jahr haben wir wieder steigende Lehrlingszahlen, weil sich nun langsam herumspricht, dass auf dem Bau gut Geld verdient werden kann, dass es unbefristete Arbeitsverträge gibt und dass alles sehr regional ist.

Viele Berufszweige klagen, dass Junge Leute heute oft schlecht die deutsche Sprache beherrschen oder nicht den richtigen Ton treffen. Teilen Sie eine solche Beobachtung?

Matthias Schur: Das kann ich eigentlich nicht unterschreiben. Es gibt unter den jungen Leuten genug, die wirklich fit sind, die wissen was sie wollen und denen auch bewusst ist, was eine Lehre bedeutet. Was den meisten im jungen Alter von vielleicht 16 Jahren am ehesten fehlt ist die Frage beantworten zu können: Ist das Handwerk überhaupt etwas für mich bzw. was bedeutet das für mich und meine Zukunft? Wir haben die Erfahrung gemacht, dass so etwa ab dem 18. oder dem 20. Lebensjahr ein Umdenken einsetzt und den Jungs bewusst wird – hauptsächlich sind es ja Jungs – dass sie für sich selber lernen. Insgesamt werden die Jugendlichen oft schlechter gemacht als sie sind. Wir brauchen Leute, die anpacken wollen und davon gibt es auch einige.

Und die allgemeine Arbeitszufriedenheit stimmt auch?

Matthias Schur: Durchaus. Wir haben ja noch einen anderen großen Vorteil. Den, dass man über eine Generation hinweg seine Leistungen bewundern kann.
Unser Betrieb hat um die Dresdner Frauenkirche fast an jedem Objekt mitgearbeitet, das macht natürlich jeden Mitarbeiter stolz, wenn man mit der Familie über den Neumarkt geht und man sagen kann: Hier hat der Vater oder der Opa mitgearbeitet.

Redaktion / 18.03.2019

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