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Komplettes Rudel im Fadenkreuz

Komplettes Rudel im Fadenkreuz

Für Isegrim wird es eng: Vor dem Hintergrund wachsender wirtschaftlicher Schäden im Bereich der Nutztierhaltung erhöhen die Länder den Druck auf den Bund. Der soll Maßnahmen ergreifen, um die Lage in den Wolfsgebieten zu entspannen. Foto: Archiv/KK

Region. Längst schon ist der Wolf keine seltene Tierart mehr oder vom Aussterben bedroht. Ähnlich wie der Bautzener Landrat Michael Harig sehen das scheinbar inzwischen auch die Umweltminister der Länder. Sie wollen im Umgang mit so genannten Problemwölfen von nun an eine gemeinsame Sprache sprechen. Während einer Zusammenkunft in Potsdam haben sie sich eigenen Angaben zufolge auf eine klare Linie verständigt, damit in Zukunft mehr Rechtssicherheit und Klarheit im Fall der unter Naturschutz stehenden Raubtiere herrscht.
„Der Bund ist aufgefordert, Hinweise für rechtssichere und praktikable Ausnahmegenehmigungen zur Entnahme von verhaltensauffälligen Wölfen aus der Natur zu erarbeiten“, sagte Staatssekretär Herbert Wolff, der in Vertretung von Umweltminister Thomas Schmidt an der Konferenz teilnahm. Er soll sich zudem an den Kosten, die bei der Bewältigung der von Wölfen angerichteten Schäden anfallen, beteiligen, mit den polnischen Nachbarn schnellstmöglich ein gemeinsames Wolfsmonitoring und -management erarbeiten sowie jährlich den Erhaltungszustand der Wölfe in Deutschland einschätzen.

Landrat begrüßt Vorstoß

Im Bautzener Landratsamt stößt das Ganze auf Wohlgefallen. „Dem Beschluss wird grundsätzlich positiv gegenübergestanden“, sagte Landrat Michael Harig dem Oberlausitzer Kurier auf Anfrage. „Der Wolf ist eine Tierart, die aufgrund ihrer Wanderungsdynamik und ihrer deutschlandweiten Präsenz nicht allein Thema eines Landkreises oder eines Bundeslandes ist, sondern ganzheitlicher betrachtet und behandelt werden muss. Daher sind die Bestrebungen, einheitlich mit auffälligen Wölfen umzugehen, aber auch die Kostenbeteiligung des Bundes bei der Prävention sowie der engere Kontakt mit Polen, zu begrüßen. Es darf aber nicht nur bei bloßen Absichtserklärungen bleiben.“ In der Bundesrepublik gäbe es Regionen, und darunter zähle auch der Landkreis Bautzen, in denen sich der Wolf in der Zwischenzeit nahezu flächendeckend etabliert hat. Damit einher gingen aber zahlreiche Probleme, vor allem in der Nutztierhaltung.

„Der Wolf wird sich weiteren Lebensraum erschließen und somit wird es zwangsläufig zu noch mehr Konflikten führen“, ist sich Michael Harig sicher. „Ein umfassender Schutz der Wölfe, wie es in Naturlandschaften möglich ist, ist in der vorherrschenden Kulturlandschaft in Deutschland nicht möglich.“ Daher müssen seiner Ansicht nach neue Regeln definiert werden, um die Wolfsbestände wirksam zu regulieren. Und er fügte hinzu: „Der Zeitpunkt ist längst erreicht. Der Wolf ist weder eine seltene Tierart noch vom Aussterben bedroht. Wenn der Population Wolf etwas Gutes getan werden soll, dann muss diese reguliert werden. Das hilft auch der Gesunderhaltung und damit dem Artenschutz.“

Behörde erwägt Abschuss eines gesamten Rudels

Naturgemäß sieht das unter anderem die Grüne Liga vollkommen anders. Die Umweltschützer waren gegen eine vom Sächsischen Umweltministerium gebilligte Abschussgenehmigung des Bautzener Landratsamtes mit einem Eilantrag vor das Dresdener Verwaltungsgericht gezogen, um zu verhindern, dass vorschnell Tatsachen geschaffen werden. Das Gerichtsverfahren sei jedoch eingestellt worden, teilte Michael Harig mit. „Die Grüne Liga hat den Antrag zurückgenommen. Zu dem noch laufenden Widerspruchsverfahren gegen die Entnahmegenehmigung des Landratsamtes können derzeit keine weiteren Erklärungen und Auskünfte erfolgen.“
Exemplarisch für so genannte verhaltensauffällige Wölfe sorgt seit Längerem ein Rudel im Bereich Ralbitz-Rosenthal immer wieder für Negativschlagzeilen. Schafhalter in der Region beklagen hohe Verluste. Um den vierbeinigen Räubern Einhalt zu gebieten, sollte ein Tier entfernt werden, wie es im Amtsdeutsch heißt. „Bei weiteren Rissereignissen werden wir jedoch beantragen, dass gesamte Rudel zu entnehmen“, betonte jetzt der Landrat. Inwieweit seine Behörde damit durchkommt, bleibt abzuwarten.
Eine Anfrage an das Kontaktbüro „Wölfe in Sachsen“ zur aktuellen Lage blieb bis zum Redaktionsschluss unbeantwortet.

Roland Kaiser / 27.11.2017

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Kommentare zum Artikel "Komplettes Rudel im Fadenkreuz"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Andrea Geitner schrieb am

    Landrat Harig ist so etwas von lernresistent, das ist schon nicht mehr zu fassen. Das Töten einzelner Wölfe führt in der Regel zu noch mehr Nutztierrissen, und die Entnahme eines ganzen Rudels wird zur Folge haben, dass sich ein neues Rudel ansiedeln wird. Was soll dieses ständige Geplärre, Wölfe abzuschießen? In den Managementplänen gibt es eine exakte Definition von so genannten Problemwölfen und wie mit ihnen umzugehen ist. Daran wird sich auch nichts Wesentliches ändern. Die Wolfspopulation in Deutschland ist noch weit davon entfernt, als stabil bezeichnet zu werden. Statt dieser ständigen Hetze gegen die Wölfe, sollten Herr Harig & Co. lieber dafür sorgen, dass die Weidetierhalter endlich lernen, ihre Tiere richtig zu schützen - nämlich mit ausreichend Strom führenden Zäunen in entsprechender Höhe und zusätzlichen Herdenschutzhunden. Das alles wird gefördert. In vielen Bundesländern zu 80 Prozent. Es liegt schon auch viel am guten Willen, das Miteinander zwischen Wolf, Nutztieren und Menschen zu ermöglichen.

  2. Falk Wermann schrieb am

    Ich kann die ständige Regulierung und das ständige Eingreifen des Menschen in die ökologischen Systeme einfach nicht verstehen. Wie sollen sich Populationen selbst über den genetischen Weg regulieren, wenn der Mensch ständig durch so genannte Entnahmen dies verhindert?

  3. Maureen Kipping schrieb am

    Wölfe gehören nicht in so dicht besiedelte Gebiete. Wir haben eine Pferdepension und halten unsere Pferde artgerecht und ganzjährig auf großen Koppeln. Es hat lange gedauert bis sich diese Haltung in den Köpfen der Pferdebesitzer etablieren konnte. Wir haben seit über zehn Jahren kein krankes Pferd. Durch den Wolf wird das Wohl der Pferde und unsere Existenz bedroht. Eine Verletzung durch einen Wolf bedeutet das Aus für uns. Es wird kein Einsteller mehr zu uns kommen. Wo bleibt die artgerechte Tierhaltung, wenn die Pferde wieder in die Box müssen. Das kann es nicht gewesen sein.

  4. Christine Hechtl schrieb am

    Soweit meine Kenntnisse reichen, muss beim Wolf nichts reguliert werden. Als familiär territorial lebende Tiere dulden Wölfe keine familienfremden Tiere in ihrem Revier. So eine Familie umfasst zwei bis circa zehn Tiere (inkl. Welpen). Sie nimmt eine Reviergröße von 150 bis 300 Quadaratkiolometern ein. Wo ist also das Problem von wegen zu viele Wölfe? Es gibt in Deutschland Platz für eine entsprechende Anzahl von Rudeln. Wenn diese Reviere alle besetzt sind, ist eben Schluss mit immer noch mehr Wölfen. Das kann doch nicht so schwer zu verstehen sein. Und ja, wir werden mehr Übergriffe auf Nutztiere bekommen, wenn diese nicht ausreichend geschützt werden. Jeder würde die leicht zu beschaffende Nahrung bevorzugen. Das Problem ist nicht der Wolf, das Problem ist der Mensch, der nicht zugestehen möchte, dass dieser Planet nicht sein ganz persönlicher Spielplatz ist, auf dem er Schalten und Walten kann, wie es ihm in seinen menschlichen Kram passt.

  5. Nina Lamba schrieb am

    Lasst die Finger von diesem einzigartigen Geschöpf!

  6. Sabine Stempel schrieb am

    Zuerst sollten die Nutztierhalter in die Pflicht genommen werden und sich um vernünftige Zäune und Herdenschutzhunde kümmern. Es geht so nämlich sehr gut. Genügend ordentliche und pflichtbewusste Schäfer zeigen, dass diese Maßnahmen fruchten. Es ist immer leicht, nach dem Abschuss dieser Raubtiere zu rufen. Deutlich leichter, als sich selbst um Lösungen zu bemühen.

  7. Bea Hertling schrieb am

    Der Wolf steht unter Schutz. Ich halte Kaninchen und Hühner. Für mich ist es selbstverständlich, diese Tiere vor Fuchs und Marder durch entsprechende Gehege zu schützen. Warum kann das der Großnutztierhalter nicht machen? Warum werden keine Herdenschutzhunde eingesetzt? Wo ist der Schäfer? Wir vernichten unsere eigene natürliche Umwelt und merken nicht, was dabei passiert. Der Wolf würde sich Rehe holen, wenn die Jäger nicht immer den Großteil für sich haben wollten.

  8. Rosemarie Ritter schrieb am

    Der Wolf ist kein bösartiges Raubtier, er muss sich ernähren wie alle anderen Raubtiere auch. Es ist doch ganz normal, dass ein Rudel sich Nahrung sucht, dass auch Schafe gerissen werden. Die müssen eben besser geschützt werden. Wölfe halten den Naturhaushalt in Ordnung, denn es gibt auch sehr viele Rehe und Wildschweine, die viel Schaden anrichten, aber der Jäger kann ja dann keine Tiere mehr abschießen.

  9. Katharina Oesterreich schrieb am

    Ich bin gegen jeglichen Abschuß von Wölfen. Die Schafherden können auch mit Hunden geschützt werden, so wie es früher auch war.

  10. Stefanie Fendler schrieb am

    Der Wolf ist ein Kulturfolger und kein Wesen, das in menschenleeren Wäldern lebt. Und er ist streng geschützt. Das hat seine Gründe und sollte erst recht von Politikern nicht aufgehoben werden. Wer glaubt, der Wolf gehöre ausschließlich in menschenarme Naturlandschaften, sollte sich mal näher mit der Thematik befassen, bevor er sich ein Urteil bildet. Politisch sollte man Schutzmaßnahmen (Hunde, Zäune etc.) und finanziellen Ersatz für Weidetierhalter bzw. deren Verluste unterstützen. Gerade die schlauen Tiere, die sich durchsetzen, um an ihre Nahrung zu kommen, abzuschießen, halte ich aus biologischer Sicht für den völlig falschen Weg.

  11. Petra Landsmann schrieb am

    Vielleicht sollten die alle mal die Kirche im Dorf lassen. Die Erde gehört nicht nur dem Menschen. Auch Wölfe haben ein Recht auf ein würdiges Dasein. Wir leben nicht mehr im Mittelalter, falls das schon aufgefallen ist. Wir können nicht alles töten, was wir nicht kennen. In Deutschland werden Menschen bei Terrorattentaten getötet. Ich habe noch nie gelesen, ein Wolf hätte einen Menschen getötet. Der Wald ist groß genug. Die Tiere sind viel klüger als wir. Sie wissen, dass wir die Monster sind.

  12. Hannelore Meister schrieb am

    Es ist völlig richtig, das Problem Wolf ganzheitlich auf Bundesebene zu verfolgen. Als wichtigste Aufgabe sehe ich jedoch, zunächst alle Möglichkeiten zum Schutz der Weidetiere auszuschöpfen, denn dort gibt es noch enorme Lücken. Immer wieder liest man von Rissen in Herden, die nicht ausreichend geschützt waren. Warum tun sich Weidetierhalter so schwer mit dem wirksamen Schutz ihrer Tiere, zu dem sie ohnehin verpflichtet sind? Eine Entnahme (warum spricht man nicht vom Töten, wenn man es doch vorhat!!) ist für mich kein Mittel der Wahl. Wir sollten nicht den Fehler wiederholen wie unsere Vorfahren und immer den Wolf für viele Missstände verantwortlich machen. Ich hoffe, dass es noch lange dauert, bis man sich einigt, was ein Problemwolf ist und dass es noch länger dauert, so einen Problemwolf tatsächlich auszumachen.

  13. Verwirrter Wolfskuschler schrieb am

    Leider ist in genau dieser Gegend das Problem nicht der Wolf. Die Schutzmaßnahmen der Weidetierhalter sind eher dürftig und eine Einsicht nicht zu verzeichnen. Hier werden die Wölfe quasi eingeladen, sich an einem Buffet der Bequemlichkeit satt zu fressen. Herdenschutzmaßnahmen sind ja unnötig und ein paar tote Schafe machen sich immer gut auf der Titelseite der Presse. Die Angst ist das Thema. Geschichten, die das Rotkäppchen einst vom bösen Wolf prägte, greift immer noch ganz gut. Rissgutachten beweisen, dass kein ausreichender Schutz gegeben war. Nehmt bitte diese Weidetierhalter dringend in die Pflicht.

  14. Thoddy schrieb am

    Komisch. Kaum haben sich die Umweltminister getroffen und waren sich einig darüber, dass der Schutzstatus des Wolfes in Deutschland aufrechterhalten bleibt, meldet sich Landrat Harig wieder mit neuen Fakten. Zunächst gilt die Wolfspopulation in Deutschland noch nicht als stabil. Es mag sein, dass es in manchen Regionen mehr Wölfe gibt, als in anderen, ändert aber nichts an der Gesamteinschätzung, denn auch die Lausitz gehört ja nun zu Deutschland.
    Mir wäre wohler, würde sich der Landrat Harig dafür einsetzen, dass in seinem Wirkungsgebiet Nutztierhalter geeignete Schutzzäune errichten können und somit etwaige Übergriffe durch Wölfe und übrigens auch freilaufende Hunde einschränken hilft. Schließlich stehen für solche Maßnahmen Gelder zur Verfügung. Wenn das Rudel entnommen wird, wird ein neues kommen. Solange von Seiten der Viehhalter keine ausreichenden Schutzmaßnahmen ergriffen werden, wird sich das traurige Schauspiel immer wiederholen. Wölfe jagen keine Schafe, weil sie auffällig sind, sondern weil wir es ihnen so leicht machen, an diese vierbeinigen Wollknäuel zu kommen. Also, machen wir es ihnen endlich schwerer.

  15. Thoddy schrieb am

    Komisch. Da haben sich doch die Umweltminister gerade getroffen und waren sich einig, dass der Schutzstatus des Wolfes in Deutschland aufrecht gehalten bleibt, meldet sich Landrat Harig wieder mit neuen Fakten. Zunächst gilt die Wolfspopulation in Deutschland noch nicht als stabil. Es mag sein, dass es in manchen Regionen mehr Wölfe gibt, als in anderen, ändert aber nichts an der Gesamteinschätzung, denn auch die Lausitz gehört ja nun zu Deutschland.
    mir wäre wohler, würde sich der Landrat Harig dafür einsetzen, dass in seinem Wirkungsgebiet Nutztierhalter geeignete Schutzzäune errichten können und somit etwaige Übergriffe durch Wölfe und übrigens auch freilaufende Hunde einschränken hilft. Schließlich stehen für solche Maßnahmen Gelder zur Verfügung. Wenn das Rudel entnommen wird, wird ei neues kommen. Solange von Seiten der Viehhalter keine ausreichenden Schutzmaßnahmen ergriffen werden, wird sich das traurige Schauspiel immer wiederholen. Wölfe jagen keine Schafe, weil sie auffällig sind, sondern weil wir es ihnen so leicht machen, an diese vierbeinigen Wollknäuel zu kommen. Also, machen wir es ihnen endlich schwerer.

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