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Rothenburg macht für die Zukunft mobil

Rothenburg macht  für die Zukunft mobil

Zwar ist das Platzangebot im Elektro-Zweisitzer nicht gerade riesig, doch für Rothenburgs Bürgermeisterin Heike Böhm ist Carsharing – vorzugsweise mit Elektromobilen – eine Fortbewegungsvariante der Zukunft. Foto: fum

Eine Vision wird Wirklichkeit. Zumindest zaghaft. Aber Rothenburg könnte einer der Vorreiter sein. Carsharing nämlich soll ein bedeutender Teil des Verkehrs der Zukunft werden. Und die Einwohner der Neißestadt haben die Chance, sich zu beteiligen.

Rothenburg. Heike Böhm ist eine Frau mit Visionen, Tobias Schlüter hat beruflich damit zu tun. Während die Rothenburger Bürgermeisterin über Mobilitätsdienstleistungen fabuliert, die immer individueller nutz- und schnell buchbar sind, außerdem aber weniger Parkraum beanspruchen, ist der Forscher vom Zentrum für Wissens- und Technologietransfer der Hochschule Zittau/Görlitz schon in der Zukunft angekommen. Ein bisschen zumindest, denn mit einer aus einem Forschungsprojekt hervorgegangenen Genossenschaft versucht er das Carsharing in der Region zum Laufen zu bringen. Als Teil eines Verkehrskonzeptes, das für den Einzelnen viele Vorteile bringen soll und Ostsachsen zu einer Modellregion machen könnte – wenn ein Rädchen ins andere greift, Kommunen und Privatpersonen mitmachen und auch die regionale Wirtschaft sich beteiligt. „Selbst fahrende Kleinwaggons gibt es bereits. Und ein Unternehmen, das sich mit dem Schienenfahrzeugbau beschäftigt, haben wir auch. Forschungskapazitäten sind im IT-Standort Zittau/Görlitz ebenfalls vorhanden. Man müsste jetzt in die Zukunft investieren, neue regionale Wertschöpfungsketten schaffen, ein Kompetenz-Cluster ‚Mobilität‘.“ Die Ideen des Zentrums für Wissens- und Technologietransfer lägen bei der Wirtschaftsförderung des Freistaates vor und seien auch dem Betriebsrat von Bombardier bekannt. Der Verkehr der Zukunft müsse mit seinen verschiedenen Arten noch viel besser ineinander greifen, werde individueller nutzbar sein.

Als einen Puzzlestein sieht Schlüter das Carsharing an, das er seit 2015 mit seiner Genossenschaft n-mobil Neiße-Nysa-Nisa eG anbietet. „Ich habe mich von 2008 bis 2014 intensiv damit beschäftigt, wie die Mobilität im ländlichen Raum künftig besser organisiert werden kann. Ich habe europaweit Vergleiche angestellt und herausgefunden, dass Carsharing ein wesentlicher Punkt sein kann.“ Seit 2015 gibt es die Genossenschaft mit inzwischen 15 Mitgliedern, die aus allen Teilen der Oberlausitz kommen. n-mobil hat Standorte am Jobcenter und am Parkhaus Bahnhof in Görlitz, seit kurzem auch am Krankenhaus Niesky.

Nun soll auch Rothenburg in dieses Netz integriert werden – möglichst mit einem Elektrofahrzeug. Die erst jüngst eröffnete Stromtankstelle am Rathaus ist die beste Voraussetzung dafür. In der Mai-Ausgabe des örtlichen Stadtanzeigers wird die Bevölkerung dazu befragt. „Es müssen sich 25 Personen finden, die ein Carsharing-Fahrzeug nutzen wollen. Finden wir die, wird es diese Mobilitätsvariante bald auch in Rothenburg geben“, erläutert der Verkehrsexperte, der neben seiner Forschungstätigkeit an der Hochschule Zittau/Görlitz als (bisher) ehrenamtlicher Vorstand der Genossenschaft fungiert. Nutzer könnten das Auto online oder telefonisch reservieren. Zu zahlen sei eine monatliche Grundgebühr, ein Versicherungsanteil und der Stunden- bzw. Tagespreis sowie der Satz für die gefahrenen Kilometer. „Interessant könnte das für Leute mit einem Zweitwagen sein, der nur sporadisch genutzt wird und eigentlich nur Kosten verursacht. Oder für junge Familien, die nicht regelmäßig unterwegs sein müssen bzw. für Senioren, die nur für den wöchentlichen Großeinkauf ein Fahrzeug brauchen.“ Für Privatleute, die im Jahr unter 10.000 Kilometer fahren, sei Carsharing günstiger als ein eigenes Auto zu unterhalten. Richtig funktionieren könne das Carsharig-Modell mit allen möglichen Einspareffekten nur als Ergänzung zu einem breit aufgestellten ÖPNV (Öffentlicher Personennahverkehr) und zu den großen, überregional wirkenden Autovermietern.  

Die Chancen zur Verwirklichung eines zukunftsweisenden Verkehrs sieht Tobias Schlüter in der Euroregion Neiße jedenfalls als sehr günstig an. „Wir haben hier rund eine Million Menschen im Alter zwischen 18 und 60 Jahren. Mit Partnern in Tschechien und Polen kooperieren wir schon.“ Wobei die Zusammenarbeit mit den Tschechen weiter gediehen sei, bei den Polen gebe es noch sprachliche und rechtliche Barrieren.

Die Stadt Rothenburg könnte sich perspektivisch vorstellen mitzuziehen. Heike Böhm: „Wenn der bestehende Leasing-Vertrag ausgelaufen ist, werden wir das Carsharing-Projekt intensiv prüfen.“ Tobias Schlüter hofft auf „Nachahmungstäter“: „Nur wenn sich genügend Kommunen, Institutionen, aber auch Privatpersonen beteiligen, wird dieses Modell zu einer Selbstverständlichkeit im Rahmen der verfügbaren Mobilitätsmöglichkeiten.“

Frank-Uwe Michel / 01.05.2016

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