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Schiebock packt an – Bautzen zögert

Schiebock packt an – Bautzen zögert

Wann wird die Krone wieder zum Leben erweckt? Verschiedene Akteure in der Stadt und im Umland arbeiten derzeit daran, dass das traditionsreiche Veranstaltungshaus spätestens im kommenden Jahr wieder für Besucher öffnen kann. Foto: Archiv

Bischofswerda/Bautzen. Die Diskussion um die Stadthallen und Kulturhäuser in der Region geht trotz der Urlaubs- und Ferienzeit unvermindert weiter. Anders als in Bautzen wird derzeit im nur 20 Kilometer entfernten Schiebock versucht, Nägel mit Köpfen zu machen. Die rund 11.000 Einwohner zählende Kleinstadt verfügt über eine Kulturstätte, die mit der Bautzener Stadthalle Krone ein Schicksal teilt. Beide sind seit längerem geschlossen. Inzwischen weist die Immobilie in Bischofswerda aber einen weitaus höheren Sanierungsbedarf auf. Samt dem geplanten Hotelanbau sollen einmal bis zu 19 Millionen Euro in die Wiederbelebung des Traditionshauses fließen. Geplant sind neben diversen Veranstaltungen auch Tagungen. Zudem soll das Gebäude offen sein für interessierte Mieter.

Einem Grundsatzbeschluss, der kürzlich im Stadtrat auf breite Zustimmung traf, ist zu entnehmen, wie die Schiebocker ihr mit Abstand größtes Investitionsvorhaben der jüngeren Stadtgeschichte angehen wollen. „Zur Realisierung benötigt die Stadt Bischofswerda für den gesamten Kostenaufwand der Sanierung eine Mindestbezuschussung von 80 Prozent, da durch die eingegangenen Verpflichtungsermächtigungen für künftige Investitionen bis 2023 keine freien Finanzierungsmittel zur Verfügung stehen“, heißt es in dem Papier, das dem Oberlausitzer Kurier vorliegt. „Eine Klärung der benötigten beziehungsweise möglichen Finanzbausteine soll bis Oktober 2019, die Gesamtfinanzierung – vorbehaltlich späterer Bescheidung – bis Jahresende 2019 erfolgen.“ Und weiter: „Bei einer höchstmöglichen Förderung muss die Umsetzung über ein Öffentlich-Privates-Partnerschaftsmodell mit Einbeziehung privater Dritter erfolgen, ohne dass dafür dauerhaft städtische Zuschüsse notwendig sind und werden.“

Die Schiebocker Stadtspitze zeigte sich indes zuversichtlich, dass die Verhandlungen mit der Staatsregierung am Ende erfolgreich verlaufen. Auch wenn schon jetzt unverbindliche Interessensbekundungen zur möglichen Betreibung des Hauses vorliegen, plant die Kommune diese bundesweit auszuschreiben. „Auch werden wir die Bürger in dem Punkt mit in die Pflicht nehmen“, betonte Rathaussprecher Sascha Hache. Bis zum Jahresende soll sich ein Arbeits- und Unterstützerkreis bilden, der sich schwerpunktmäßig mit Konzepten zum Betrieb des Großen Saales beschäftigen wird. In dem Zusammenhang lässt sich folgendes dem Beschlusspapier entnehmen: „Eine spätere Überführung dieses Gremiums in eine feste Organisationsform zum Betrieb des Großen Saales ist dabei von vornherein ausdrücklich vorzusehen.“

Ein Modell für die Krone in Bautzen? Bis zuletzt gaben sowohl Oberbürgermeister Alexander Ahrens als auch sein Finanzbürgermeister Robert Böhmer zu erkennen, dass sie eine Wiederbelebung nicht gestatten werden, sollten dafür kommunale Mittel aufgewendet werden müssen. Und das, obwohl sich die Finanzsituation in der Spreestadt weitaus günstiger darstellt als in Bischofswerda, das erst vor wenigen Jahren aus der Haushaltskonsolidierung entlassen wurde. Dort herrschen jedoch in den Reihen der Stadträte, der Verwaltung und der Bürgerschaft offenbar Mut und Zuversicht. Und es gibt es ein gemeinsames Ziel: Die Kleinstadt im äußersten Speckgürtel von Dresden soll wieder lebendiger werden. Menschen sollen in der Kommune, in der es laut Sascha Hache nur noch rund 90 Arbeitslose bei über 100 offenen Stellen gibt, bleiben und ihr nicht länger den Rücken kehren. Dafür müsse aber auch auf dem Gebiet der Kultur nachjustiert werden. Denn beispiels-weise ein größeres Kino wie in Bautzen existiert in Schiebock nicht mehr. „Der Doppelhaushalt 2019/2020 hat eine Dimension von jeweils 20 Millionen Euro“, erklärt der Stadtsprecher in dem Zusammenhang. „Davon werden wir in den zwei Etatjahren rund 19,7 Millionen Euro für Investitionen bereitstellen. Den größten Anteil bilden dabei die von der Verwaltung akquirierten Fördergelder. In Summe handelt es sich um fast 13 Millionen Euro.“ Fast vier Millionen Euro Eigenmittel werden für das Kulturhaus benötigt, vorausgesetzt Sachsens Freistaat als Co-Finanzier spielt mit. Mittlerweile gab es unseren Informationen zufolge erste Gespräche mit Ministerpräsident Michael Kretschmer.

Alternativer Text Infobild

Auch in Bischofswerda ist die Wiedereröffnung des dort ansässigen Kulturhauses Gesprächsthema. Im Gegensatz zu Bautzen bemüht sich die Schiebocker Stadtverwaltung jedoch darum, Förder- und Eigenmittel für eine notwendige Sanierung zu akquirieren. Foto: Archiv

Auf solch eine Entwicklung bezogen auf die Stadthalle Krone warten die Bautzener nach wie vor vergebens. An der Spree fühlen sich Akteure vielmehr ausgebremst, wie sich jüngst im Fall des Sorbischen Nationalensembles zeigte. Dieses sucht aufgrund der anstehenden Umbaumaßnahmen in den eigenen Gebäuden nach einer brauchbaren Interimsstätte. Auch die Krone war zunächst im Gespräch, wie der Oberlausitzer Kurier zeitnah erfuhr. Daraus wird laut SNE-Sprecher Stefan Zuschke nun nichts: „Die Stadt hat nach unserem Wissen nicht vor, in die Krone zu investieren. Bei einer entsprechenden Nutzung müssten wir selbst die Krone als Probe- und Spielstätte herrichten. In Absprache mit der Stiftung für das sorbische Volk ist das jedoch keine Option. Es werden demnach auch keine Veranstaltungen des SNE in der Krone stattfinden.“ Auf Anfrage wollten sich sowohl die Stiftung selbst als auch der Dachverband der Sorben – die Domowina – nicht dazu äußern. Ein Grund dafür wurde nicht genannt. Noch im Januar 2018, also kurz vor der Schließung des Stadthallensaales an der Bautzener Töpferstraße, ließ die Sprecherin der Sorbenstiftung, Maria Schiemann, wissen: „Die Krone war für uns bislang der ideale Ort für unsere Festveranstaltungen, für uns mitten im Zentrum der, wie viele sagen, ‚Hauptstadt der Sorben’. Gut zu erreichen und mit Festcharakter. Diesem Anspruch wollen wir uns auch in Zukunft stellen. Da kann keine Turnhalle mithalten. Die Atmosphäre war demnach auch immer festlich, die Kleidung elegant, das Programm anspruchsvoll, kleinere Kabarett-Filetstücke oder Jazzmusikeinlagen auch oben in der Bar oder einem der Nebenräume möglich, früher sogar im Keller. Das Foyer zeigte sich bestens geeignet für den Verkauf unserer Produkte wie Bücher oder CDs. Die Flure oder Treppenaufgänge waren verziert mit Fotos aus dem sorbischen Leben oder der bildenden Kunst. Kurzum: Die Krone hatte etwas, sie bot immer genügend Auslauf und eine unverwechselbare Atmosphäre.“

So könnte es auch wieder werden. Eine Voraussetzung dafür ist jedoch, dass das Rathaus endlich mit den in den Startlöchern stehenden Akteuren an einem Strang zieht und zumindest seine ablehnende Haltung aufgibt. Das erhoffen sich inzwischen viele Bautzener, deren Herz nach wie vor an dem Veranstaltungshaus hängt. Und das sind wahrlich nicht wenige. Die Bürgerinitiative zur Rettung der Krone spricht inzwischen von mehreren tausend Befürwortern auch über die Stadtgrenzen hinaus. Sie will demnächst einen Förderverein gründen. Wer für dessen Belange spenden möchte, kann das ab da an tun, meint Utta Winzer. Sie und ihre Helfer engagieren sich seit Monaten für eine Wiederbelebung des Stadthallensaales. Und sie schauen mit großer Bewunderung auf das kleinere Bischofswerda, wie dieses mit den Herausforderungen der Zeit umgeht. Dort weist eine zuvor in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie bereits eine Lösung für den zu erwartenden Fall einer defizitären Kulturnutzung auf. „Zur Kostendeckung muss der künftige Betreiber den angedachten Tagungsbereich und den Hotelanbau nutzen“, meint Sascha Hache.

Übrigens: Anders als die Rathausmannschaft in Bautzen sieht die Verwaltung in Schiebock keinen Konflikt zwischen dem Veranstaltungshaus auf der einen und einem Herbergsbetrieb in unmittelbarer Nachbarschaft auf der anderen Seite. Wie an der Spree mit einer ähnlichen Konstellation in Zukunft verfahren wird, bleibt indes weiter abzuwarten.

Roland Kaiser / 16.07.2019

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