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Toter Hund befördert Wolfsdebatte aufs Neue

Toter Hund befördert Wolfsdebatte aufs Neue

Der Wolf bleibt in der Oberlausitz ein Dauerthema. Foto: Archiv

Der Oberlausitzer FDP-Abgeordnete Thorsten Herbst hat die Haltung seiner Bundestagskollegen von Grünen, CDU, Linken und SPD kritisiert, den Wolf nicht ins Bundesjagdgesetz aufnehmen zu wollen.

Region. „Die ablehnende Haltung von Linken, Grünen, CDU und SPD zum FDP-Antrag zur Aufnahme des Wolfes ins Bundesjagdgesetz ist eine bedenkliche Form der Realitätsverweigerung. Ohne Frage ist die Wiederansiedlung des Wolfs ein großer Erfolg für den Natur- und Artenschutz in Deutschland. Klar ist aber auch, dass eine sich rasch vermehrende Raubtierart ohne natürliche Feinde zukünftig eine Regulierung über das Jagdrecht braucht. Bereits heute zählt die Wolfsdichte in Teilen Sachsens und Brandenburgs zu den höchsten in ganz Europa“, so Herbst, der als Direktkandidat im Wahlkreis Bautzen kandidierte.

Für die Grünen betont der Abgeordnete Stephan Kühn, es sei Aufgabe der Politik einen stabilen Wolfsbestand und eine sichere Weidehaltung miteinander in Einklang zu bringen. Die Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht sei jedoch der falsche Weg. „Mir ist bewusst, dass die Übergriffe von Wölfen auf Schafs- und Ziegenherden besonders in der Oberlausitz eine große Herausforderung darstellen. Gerade weil die extensive Weidetierhaltung so unersetzlich ist, muss die Agrarpolitik sie ausreichend honorieren und nicht durch Wolfsrisse zusätzlich gefährden. Deshalb müssen Kosten für Herdenschutz sowie wirtschaftliche Schäden durch Wolfsübergriffe ausreichend ausgeglichen werden. Die gesellschaftliche Akzeptanz für den Wolf hängt davon ab, dass Artenschutz und Herdenschutz in der Praxis nicht als Widerspruch erlebt werden“, so Kühn.

Thorsten Herbst, mahnt hingegen: „Die massiv zunehmenden Schäden bei Weidetieren wie Schafen und Ziegen erfordern ein Handeln. Die Aufnahme des Wolfs in das Bundesjagdgesetz wäre ein erster Schritt, um Artenschutz und Tierschutz in Balance zu bringen.“ Landwirtschafts- und Umweltministerien der beiden Unionsparteien CDU uns CSU hatten sich im Februar bei einem Treffen in Dresden und Königsbrück auf ein gemeinsames Thesenpapier zum künftigen Umgang mit dem Wolf verständigt. Zu dem zweitägigen Treffen hatte der Sächsische Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft, Thomas Schmidt, die Kollegen eingeladen.

„Die Probleme der Tierhalter und die Ängste der Menschen müssen ernst genommen werden. Nur so ist möglich, auch Akzeptanz und Begeisterung für den Naturschutz zu erreichen, was für uns ein hohes Gut ist“, so Staatsminister Schmidt.

Einig waren sich die Minister, dass die Haltung von Weidetieren auch unter den Bedingungen des europäischen Artenschutzes flächendeckend und dauerhaft erhalten bleiben muss. „Die Haltung, insbesondere von Schafen, ist für Naturschutz und Landschaftspflege auch künftig unverzichtbar“, so der Landwirtschaftsminister von Baden-Württemberg, Peter Hauk. „Daher müssen wir sowohl den Schutz von Weidetieren als auch die staatliche Unterstützung der Tierhalter zwingend weiterentwickeln. Das gilt gleichermaßen für Investitionen wie für laufende Kosten, die den Nutztierhaltern entstehen, und ebenfalls für einen gegebenenfalls erforderlichen Schadensausgleich. Dies ist nicht nur Sache der Länder. Auch der Bund sollte sich daran beteiligen“.
Bei dem Treffen sprachen sich die Minister auch für den sächsischen Vorschlag aus, zur Unterstützung der Vollzugsbehörden der Länder eine zentrale Einheit zu schaffen, die bei der Vergrämung und Entnahme von verhaltensauffälligen Wölfen zum Einsatz kommen kann.

Einig waren sich die Minister auch darüber, dass bundesweite Standards die Entnahme von Wölfen im Grundsatz einheitlich regeln sollen. „Eine Verordnung des Bundes, die die geltenden Voraussetzungen einheitlich regelt, ist besser als ein Flickenteppich aus unterschiedlichen Regelungen, die jeweils nur in einem Bundesland gelten“, so Minister Schmidt.

Die Bundestagsdebatte zum Wolf im Februar stand auch unter dem Eindruck, dass am 30. Januar ein Jagdhund auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz tot aufgefunden wurde. Dieser wurde von einem Wolf getötet, teilt das Kontaktbüro „Wölfe in Sachsen“ nun mit. Die genetische Untersuchung des am toten Hund genommenen Probenmaterials konnte einen aufgrund der Auffindesituation vermuteten Wolfsübergriff auf den Hund bestätigen. Der Hund wurde vom Rüden des Daubitzer Rudels getötet. Ein Zusammenhang zwischen diesem Vorfall und den in der Region zuvor aufgetretenen Übergriffen auf Hunde, Katzen und Kaninchen durch den am 2. Februar legal geschossenen Wolfsrüden GW701m, der nicht zum Daubitzer Rudel gehörte, besteht somit nachweislich nicht. Der nicht angeleinte Jagdhund hatte sich bei einem Waldaufenthalt von seinem Hundeführer entfernt, Wild verfolgt und war nicht mehr zurückgekehrt. Aufgrund eines am Halsband befestigten GPS-Senders konnte der Hund aufgefunden werden, der zu diesem Zeitpunkt bereits tot war.

Unter besonderen Umständen können Angriffe von Wölfen auf Hunde vorkommen. Insbesondere während der Paarungszeit der Wölfe von Januar bis März kann es sein, dass diese in Hunden unerwünschte Konkurrenten sehen. Besondere Vorsicht ist auch in der Nähe von Rendezvous-Plätzen oder an Rissen geboten, die Wölfe gegen vermeintliche Konkurrenten verteidigen können. Generell sollten Hunde im Wolfsgebiet angeleint bzw. nahe bei ihrem Besitzer geführt werden. Es kann vorkommen, dass Wölfe sich für diese Artgenossen interessieren, die aus Wolfssicht „dreist“ in ihrem Territorium markieren.

Die Nähe seines Besitzers ist der beste Schutz für den Hund. Kommt es zu einem Zusammentreffen von Wolf und Hund, sollte man seinen Hund zu sich rufen, anleinen und sich ruhig zurückziehen. Falls der Wolf weiter Interesse an dem Hund zeigt, sollte man sich durch Rufen deutlich bemerkbar machen und den Wolf gegebenenfalls durch das Werfen von Gegenständen vertreiben. Eine Gefahr für den Hundeführer selbst besteht in diesen Situationen nicht. Die Wölfe interessieren sich für ihre domestizierten Verwandten, nicht für die Menschen.
Auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz leben bereits seit 1998 Wölfe. Das Daubitzer Territorium existiert seit dem Monitoringjahr 2005/2006. Im letzten Monitoringjahr 2016/ 2017 wurden auf dem Gebiet des Freistaates Sachsen insgesamt 19 Territorien von Wolfsrudeln oder Wolfspaaren nachgewiesen.

Jeder sollte das Monitoring unterstützen und jegliche Wolfshinweise wie Spuren, Losungen (Kot), Risse und Sichtungen an das Landratsamt Görlitz, Tel.: 03588/22333401, E-Mail: forstamt@kreis-gr.de melden. Eine Meldung kann ebenfalls erfolgen beim Lupus-Institut für Wolfsmonitoring und -forschung in Deutschland, Tel.: 035727/ 57762, E-Mail: kontakt@lupus-institut.de; beim Kontaktbüro „Wölfe in Sachsen“, Tel.: 035772/ 46762, E-Mail: kontaktbuero@wolf-sachsen.de oder an Wochenenden in dringenden Fällen über die Leitstelle unter der bekannten Notrufnummer 112.

tsk / 03.03.2018

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Kommentare zum Artikel "Toter Hund befördert Wolfsdebatte aufs Neue"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Annegret Sproesser schrieb am

    Es ist löblich, dass der gesunde Menschenberstand so langsam auch die Poitiker erreicht. Der Wolf muss bejagt werden. Nur so erwirbt er seine Scheu vor Menschen und deren Einrichtungen.

    Davon, dass Politiker die Stirn in Falten ziehen, ein besorgtes Gesicht machen und den Weidetierhaltern erkären sie ernstzunehmen, stirbt kein Schaf weniger Das Eine tun, das Andere nicht lassen. Wobei die Betonung auf tun und nicht auf lassen liegt. Herdenschutz fördern und den Wolf bejagen ist meiner Meinung nach der Königsweg.

    Zum Thema freilaufender Hund ist zu sagen, dass der vom Wolf gerissene Hund nicht etwa ein freilaufender Spaziergänger war, sondern ein Jagdhund bei der Arbeit, die er angeleint nicht leisten kann. Schwarzwildjagd ist ohne freilaufende Hunde zwar möglich, aber nicht erfolgversprechend. Gerade in Zeiten der drohenden ASP, wo es darauf ankommt, den Wildschweinbestand so gut wie möglich zu reduzieren sind freilaufende Meuten unverzichtbar. Auch in dieser Situation muss der Wolf lernen, dass er dem Jagdgeschehen besser aus dem Weg geht.

    Laut Boitani ist eine Population stabil sobald sie 250 Exemplare zählt die im Austausch mit anderen Metapopulationen stehen. Dies ist in Deutschland seit Langem erreicht. Das Ziel des Artenschutzes ist die erhaltung der Art, nicht der Versuch so viele Tiere einer Art wie möglich, auf Kosten anderer Naturschutzziele in ein Land zu pressen.

    Der Schutz meines Eigentums obliegt laut GG Art. 14 dem Staat. Dafür behält sich der Staat das Gewaltmonopol vor. Schützt der Staat mein Eigentum nicht...

    Die Pflicht der Weidetierhalter bezieht sich darauf meine Tiere so einzuzäunen, dass sie nicht entweichen können.(Wer Vieh hält, muss Vieh hüten) Eine Pflicht zur Verwandlung der freien Landschaft in einen Hochsicherheitstrakt gehört nicht zu den Pflichten der Weidetierhalter.

  2. Annegret Sproesser schrieb am

    Ich werde auch weiterhin Spaziergänge mit meinen Hunden unternehmen und mich nicht vom Wolf auf irgendwelche Hundewiesen in erbärmlichem hygienischem Zustand beschränken lassen.

    Ich werde sicher nicht tatenlos zusehen, wie ein Wolf meinen Hund verspeist.

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